Bismarck 01
jemand verloben ... das soll eine nette Trine sein, weiß besser in ihrem Ballbüchlein als in den Schubfächern ihrer Leibwäsche Bescheid ... und jemand, der näher wohnt, warf auch ihre Kappe nach dir aus.«
»Ich will dir was sagen. Mein Gärtner zieht Kamelien und brachte mir mal zwei, die eine schlank mit zierlicher Krone und zarter Blüte, sehr blaßrosa, wenig Laub, nur zwei Knospen – diese Donna hält sich steif und lispelt englisch.«
»Pfui, wie medisant!«
»Ich werde dir mein ironisch-satirisch-dämonisches Profil zeichnen. Die andere, minder zierlich, hat Knorren im Stamm, nicht so sorgfältig beschnitten, aus der Krone ragt ein abgestorbener Ast mit geschwächter Sehkraft.«
» Me voilà, poor me! Ist das Englisch und Französisch genug für dich?«
»Doch reich an Laub«, fuhr er unbeirrt fort, »viel grüner, hat acht Knospen, verspricht also wunderbare Blüte. Farbe tiefrot und weiß, bunt abwechselnd mit unregelmäßiger berückenden Laune. Das bist du. Doch der Vergleich hinkt, ich mag ja keine Kamelien, dich aber lieb ich, vom Duft deiner Seelenblüte verzaubert.« Hiernach gab es nun keine Worte mehr, sondern der schnurrende Hauskater, ein Verwandter des Hidigeigei, sann über verdächtige Töne nach, warum sich die Menschen küssen. Beißen tun sie sich offenbar nicht, denn sich dabei wohlbefinden wäre ein Sadismus, den ein ehrlicher Kater verabscheut. Wahrscheinlich lecken sie sich ab, um ihr Fell in Ordnung zu bringen.
»Denkst du noch an den Abend in Zimmerhausen?« erinnerte er. »Ich wundere mich über deinen Mut, daß du mich genommenhast, heitere Stirn, fröhliche Augen, so wirst du ewig vor mir stehen.«
»Aber du hast mal mit dem Zaunpfahl gewinkt, ich hätte ein eisiges Herz.«
» Nonsense! I most heartily believe that you do care for me. Ich falle und liege meiner schwarzhaarigen Maid zu Füßen und ergreife deine beiden Hände«, die Geste folgte den Worten, »und stammle: ›lo te voglio assai bene‹, ›I love you‹, ›Je t'adore‹ und so weiter in allen Sprachen.«
»Ehrliches Deutsch wäre wir lieber.«
»Das sollst du haben. Jeannett«, ik liebe dir!« –
Er schritt aus über die Felder elastischen Schrittes, die starken Glieder reckend, » These limbs were made ... not in England! « lachte er behaglich, das Shakespearische Zitat verdrehend. Und eine Stimme sprach unhörbar in Lüften vom alten Gott der Deutschen: Dieser Kerl wurde in Deutschland gemacht, ein Kerl, der sich gewaschen hat.
*
Tante Puttkamer auf Versin trug ihm Grüße auf und Wurstspende dazu für ihren Sohn, der im 2. Garderegiment diente. Das war für Berlin. Für Schönhausen aber gab ihm seine Nanne eine kleine grüne Spirituslampe mit, bei der er sein Teekochen besorgen solle. »Dich aber, geliebteste Geliebte, packe ich selbst mit ein in meinem Herzen, nicht als gelegentlich kochendes Spiritusflämmchen, sondern als wärmendes ewiges Feuer, wie eine ewige Lampe der Kirche.«
Wenn sie ihn so reden hörte wie den feurigsten Romeo des Theaters, entzückte dies zwar ihre bräutliche Weiblichkeit, doch empfand sie darin eine gewisse schwärmende Übertreibung, die sie etwas mißtrauisch machte. Obschon die Erbweisheit des Ewigweiblichen von ihrer mütterlichen Macht über den Mann tiefinnerst überzeugt, erstaunt die sanfte Bescheidenheit jeder echten Frau immer wieder über den Madonnenkultus, den der Mann mit ihr treibt und der ihr oft lästig und unbehaglich wird. Denn sie will gar nicht Madonna sein, sondern Weib. Daß dem Mann dies Anbeten der Gemütskräfte im Weibe ein unabweisliches Bedürfnis sei, je männlicher der Mann desto hingebender, daß vollends beim genialen Manne sich damit eine unbewußte Mystik verbindet, lernt ein erfahrenes Weib erst spät verstehen.
»Fahr wohl, mein Engel, mögen alle andern Engel dich behüten!«
Die mokante Marie Thadden, die jeden aufzog, hatte ihm ins Ohr gelispelt: »Leps und Charles, den Halb-Franzosen, haben Sie ausgestochen, Sie blonder Othello. ›Doch hüte dich vor Eifersucht!‹ sprach Jago. Regierung und Welschland sind besiegt, doch ›betet und wachet!‹ sagen die klugen Jungfrauen.«
Ach, die unfruchtbaren Äcker von Neu-Koglizow, kahl und öde wie das Leben! Ihr helles Kleid zwischen dunkeln Büschen,als sie ihm Abschied mit dem Taschentuch wehte, ein weißer Streifen, schimmerte und schwebte ihm vor. Und den Assessor Leps soll der Satan holen! Peter heißt er, der langweilige Peter mit seiner reizbaren Eitelkeit, die ruhelos
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