Bismarck 03
Außerdem 42. D. die nach französischer Angabe Anfang November in Dixmuiden lag und erst dann zum Ypernkanal abrückte. Die Franzosen legen natürlich Gewicht darauf, daß Kleist und seine Verstärkungen dort zuletzt stillhalten mußten. Es wäre sicher besser gewesen, sich dort defensiv zu verhalten. Der geringe Verlust der bei Merkem zusammenschließenden Pommern und Brandenburger zeigt, wie leicht man die Kanalränder am Ostufer festhielt. Statt dessen schickte man immer mehr Truppen dort hin, um am Westufer durchzustoßen, was taktisch so wenig Sinn mehr hatte, da sich auf diesem Flügel jede Umfassung durch die Uberschwemmungswüste verbot. Gegen die französische Darstellung läßt sich hier nichts erinnern, nur daß die Nordecke für Kleist gesichert blieb und Merkem schwerlich ja auch nur vorübergehend in französische Hände fiel. Auch die sonstige Schilderung der Vorgänge macht den Eindruck der Richtigkeit.
Schon taktisch unentschiedene Schlachten galten einem so gewaltigen Gegner gegenüber als Siege, man quittiert dankend für dies Kompliment. Und doch wollen die Franzosen den englischen »Sieg« bei Talavera oder Albuera nicht gelten lassen, obschon sie dort keinen Zoll breit Boden gewannen und nach allen abgeschlagenen Angriffen den Rückzug antraten, was den Siegel aufs Ganze drückt. Die Deutschen aber dachten hier nicht nur nicht an Rückzug, sondern blieben in bedrohlicher Nähe dicht vor den feindlichen Stellungen, da sie sich als Sieger fühlten. Nun, ein Sieg in eigentlichem Sinne war es nicht, das schien blos so nach den amtlichen Meldungen, die Absicht vernichtender Einkreisung hatte sich nicht erfüllt, ein Teil der errungenen Vorteile ging wieder verloren. Aber umgekehrt fordert die läppische französisch-englische Prahlerei, die ein Triumpflied anstimmte, zur trockenen Abfertigung heraus, da selbstredend der Ausgang mehr einen deutschen als einen gegnerischen Erfolg bedeutete. Im gewöhnlichen Sinne hat man gesiegt, wenn man den Feind auch nur einen Teil seiner Stellung entreißt. Die Gegner leugnen garnicht, daß Dixmuiden, Merkem, Bixschoote, Broodseinde und zuletzt auch St. Eloi in sicherem deutschen Besitz blieben. »Mais ils ne depassèrent ces points.« Auch das ist zweideutiger Unsinn, denn »sie überschritten« Tage lang diese Punkte, sie kamen bis Steenstrate, sonst hätte man nicht zeitweilig bis Het Sas weichen müssen, sie kamen mal über Zonnebeke bis Hooge, sie hatten vielleicht auch mal teilweise Langemark und meist Paschendaele inne, und wenn sie von diesen Punkten wieder zurück mußten, so wußte jeder: sie kommen wieder! Solange Bixschoote zehn Kilometer südlich von Dixmuiden und Poel in deutschen Händen, war die Stellung Langemark gefährdet; solange Broodseinde, dann auch die Stellung Paschendaele–Becelaere; solange Eloi, Kl. Zillebeke, Zandvorde, dann auch die ganze Linie Dickebusch–Hooge, selbst wenn wir Hollebecke zeitweilig aufgeben mußten, was keineswegs feststeht. Dies war unstreitig ein »Sieg« im taktischen Sinne. Ferner pflegt man bei abgeschlagenen Angriffen natürlich ein Gewicht darauf zu legen, daß der Angreifer weit mehr durch Verluste geschwächt wurde als der Verteidiger. Das war einst so, wie die Briten behaupten, bei Talavera, Albuera, Busacco, Sauroren, Waterloo, obschon das alte Vorurteil, der Angreifer müsse immer mehr verlieren als der Verteidiger, sich selbst bei diesen gescheiterten und schlecht geleiteten Frontalangriffen nicht im vorausgesetzten Maße bewahrheitete. Bei den eigentümlichen Verhältnissen des heutigen Stellungskrieges bedingt aber jeder Rückzug aus verlorenen Stellungen erst recht große Verluste, da der eingeschossene Gegner systematisch das ganze rückwärtige Gelände bestreut, und jedes konzentrische Heranrücken führt eine vernichtende Kannonade herbei, wenigstens in verschärfter »moralischer« Nervenwirkung. Alle Phantasie über deutsche Verluste, wobei Ausnahmefälle bei einzelnen Regimentern ungeniert als Gesamtmaßstab genommen und z. B. »Vernichtung der preußischen Garde« glatt erfunden wurde, hielt die eigene Erkenntnis nicht auf. Ein Blick auf ihre schrecklich gelichteten Reihen belehrte die Verbündeten, wer den schwersten Schlag empfangen habe. Als die Wahrheit über die Verluste durchsickerte, befiel England ein lähmendes Entsetzen. Da machten die Franzosen reinen Tisch, sie gestanden anfangs überhaupt keinen großen Verlust zu, strichen übrigens in ihren Berichten nur sich selbst heraus
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