Biss der Wölfin: Roman
bekommen hätten, dann hätten wir uns noch wochenlang Schrotkörnchen aus dem Hintern picken dürfen.
Ich setzte mich in Bewegung, die Nase dicht über dem Boden, den ich absuchte wie mit einem Metalldetektor. Clay beobachtete mich einen Moment lang und machte dann das grollende Geräusch tief in der Brust, das mir mitteilte, er selbst hätte lieber einen möglichst großen Abstand zwischen uns und diese drei Menschen gelegt – aber ich hatte recht mit dem, was ich tat. Er senkte die Nase auf den Boden und begann, sich an der Suche zu beteiligen.
5 Auszeit
W ir fanden Spuren, etwa eine halbe Meile vom Fundort der Leiche entfernt. Es sah aus, als führten sie zu der Stelle hin, aber wir wagten nicht, ihnen weiter zu folgen – nicht bevor die drei Männer verschwunden waren. Ich ging davon aus, dass sie auf den Forensiker oder das Team von Kriminaltechnikern warteten. Aber wer auch immer gerade hierher unterwegs war, er ließ sich Zeit, und ich konnte die Männer immer noch reden hören.
Die Fährte stammte ganz entschieden von einem Hundewesen, genau wie der jüngere Polizeibeamte gesagt hatte. Die Spuren wirkten zu groß, um von einem Wolf zu stammen, aber ich möchte nicht sagen, dass sie definitiv zu groß waren – man hat festgestellt, dass Wölfe bis zu zweihundert Pfund wiegen können. Ihr Durchschnittsgewicht allerdings ist etwas mehr als halb so viel. Diese Spuren hatten die gleiche Größe wie Clays, aber der Geruch hatte uns bereits verraten, dass wir es mit einem Werwolf zu tun hatten.
Die Fährte war ein paar Tage alt; die Abdrücke waren nur deshalb noch zu sehen, weil die Baumkronen diesen Abschnitt vor dem frisch gefallenen Schnee geschützt hatten. Ich musste sie ein Stück weit abgehen, bevor mein Hirn die Witterung wirklich zur Kenntnis genommen hatte. Dann setzte ich mich auf mein Hinterteil und überlegte mir die Sache, etwa wie ein Weinkenner versucht, anhand eines Korkens den Jahrgang einzuordnen. Als keine Erinnerung ansprang, schnupperte ich noch einmal. Keine Übereinstimmung mit irgendetwas in meinem mentalen Aktenschrank.
Ich sah zu Clay hinüber, der an einem anderen Abschnitt der Fährte herumschnupperte. Er hob die Nase vom Boden und schüttelte den Kopf – auch er kannte den Betreffenden nicht. Meine Dossiers decken fünfundzwanzig Werwölfe ab, die zurzeit in den Vereinigten Staaten leben, aber wir waren nicht so verblendet, uns einzubilden, dass das bedeutete, es gäbe nur fünfundzwanzig davon.
Es kam ständig vor, dass Mutts ein- oder auswanderten, und dann gab es noch eine Handvoll, die einfach unterhalb unseres Radars blieben. Sie alle im Auge zu behalten wäre unmöglich gewesen. Systematisch beobachteten wir nur diejenigen, von denen wir wussten, dass sie Ärger machten, und die Angehörigen der ältesten Werwolffamilien wie der Santos’ oder der Cains.
Nichtsdestoweniger hätten wir vom größten Teil der Vereinigten Staaten mit einiger Sicherheit sagen können, dass wir über die meisten Werwölfe dort Bescheid wussten – entweder kannten wir ihren Geruch oder hatten zumindest von ihnen gehört. Hier oben in Alaska dagegen hätten wir auch im Ausland sein können. Die einzigen in Alaska ansässigen Werwölfe, die wir in unseren Dossiers hatten, waren die Stillwells, und wenn Clay diesen Geruch nicht erkannte, dann gehörte er nicht zu einem Stillwell.
Wir konnten die Fährte nicht zu der Leiche zurückverfolgen, aber wir konnten es in der entgegengesetzten Richtung versuchen. Wir folgten ihr fast eine Meile weit, bevor sie auf einer kleinen Lichtung endete. Dort fanden wir eine Sperrholzplatte und eine Holzkiste. Das Winterschließfach eines Werwolfs – einen Ort, an dem er sich auch bei Schnee und Matsch wandeln und seine Kleider deponieren konnte. Wir hatten in Stonehaven ähnliche Vorrichtungen, auch wenn unsere eleganter waren.
Die Lichtung war geradezu getränkt mit Schweiß- und Eigengeruch, was bedeutete, dass jemand sie regelmäßig aufsuchte. Und als ich weiterschnupperte, wurde mir klar, dass es mehr als ein Jemand war. Wir hatten es mit zwei unterschiedlichen Fährten und möglicherweise noch mit einer Dritten zu tun.
Scheiße.
Zwei oder mehr Werwölfe und keiner davon ein Stillwell. Und sobald sie auch nur einen Fuß auf diese Lichtung setzten, würden sie wissen, dass zwei auswärtige Werwölfe in der Gegend waren, einer davon weiblichen Geschlechts.
Und noch mal Scheiße.
Ich begann den Rückzug aus ihrem Umkleideraum anzutreten, aber
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