Bissige Spiele (German Edition)
können, ich wäre wirklich noch zwanzig und ungezähmt. Die Jahrhunderte hatten mir noch keine Flügel gestutzt! Und Hugh war es so leid. Er war derjenige, der am wenigsten unter dem Vampirdasein litt. Er liebte alle Vampireigenschaften, und wenn einer von uns diese mit Füßen trat oder in bestimmten Situationen missachtete, war ihm das zuwider.
„Was hätte ich denn machen sollen, das Mädchen an die Themse ziehen, um ihr Blut zu trinken? Wenn ihr Blut aus ihrem Körper gequollen wäre, hätte sich mindestens einer von uns sicher auch nicht mehr beherrschen können. Und es war Tag! Sollte ich Sara töten, nur weil sie nicht riecht?“
Ich dachte an Robert unseren jüngsten Mädchenbluttrinker. Ihm fiel es noch sichtlich schwer, tagsüber enthaltsam von Menschenblut zu leben und sich mit Konserven zufrieden zu geben.
„Sara?!“
Maureen und Hugh schauten mich entgeistert an.
„Du gibst dem Geschöpf einen Namen? Hast du den Verstand verloren?“, fauchte Hugh.
Maureen sagte dazu gar nichts, aber in ihrem Blick konnte ich erkennen, dass sie sich plötzlich darüber bewusst wurde, dass das Problem das ich hatte, nun uns alle betraf, und dass es sich nicht so einfach beseitigen ließ.
Jasminduft!?
Ein Schwall verdammt unwiderstehlichen Blutdufts schwappte vom Waldrand zu uns herüber. Sonst war ich immer der letzte, der es bemerkte, wenn sich in einsameren Gegenden ein Mensch näherte, aber heute war ich der erste. Noch etwas angesäuert von dem Gespräch mit Maureen und Hugh wankte ich in ihre Richtung, angelockt von ihrer Duftwolke, die selbst in einem Wald, in dem alles nach Blut roch, unbeeinträchtigt klar zu erkennen war. Ich war vor allem verärgert über mich selbst, über Hugh, der wie immer Recht gehabt hatte, und ich wusste nicht, wie ich mich in diesem Augenblick unter den Augen von Maureen beherrschen konnte. Meine Selbstkontrolle war geradezu auf dem Tiefpunkt. Ich wünschte mir, ich wäre in London geblieben! Was faselte ich da?! War ich nicht extra hierher gefahren, um herauszufinden, was es mit meinen beginnenden Gefühlen und dem unwiderstehlichen Durst auf sich hatte?
Kaum drehte ich mich wieder zu den beiden um, kamen schon die nächsten Vorwürfe.
„Wie konntest du sie so schnell riechen, David?“
„Wie meinst du das Hugh, ich stand genau neben dir und du bist schließlich der bessere Blutsauger von uns beiden.“
Na das konnte heiter werden. In dem Moment wusste ich, dass er mir niemals trauen würde und meine Schritte in Zukunft ganz akribisch beobachten würde.
Meinen bisherigen Erklärungen würde er hierbei nicht mehr vertrauen.
Meine Leichtgläubigkeit, ich könnte ihn täuschen, erschien mir jetzt geradezu lachhaft. Bis auf wenige Ausnahmen waren die meisten Vampire doch durch fadenscheinige Erklärungen zu überzeugen, ohne weiter ihren Verstand zu gebrauchen. Aber hier hatte ich es mit allem anderen als mit einem Durchschnittsvampir zu tun. Hugh war das genaue Gegenteil von Durchschnitt. Es hätte mir doch klar sein müssen. Was war ich selbst nur für ein blauäugiger Vampir!
„Bin ich, deshalb wundere ich mich ja auch über deine schnelle Reaktion. Wenn du Auto fahren würdest, dann hätte ich nichts gesagt, aber hier geht es um etwas anderes. Ich glaube, du bist ein Problem, und ich habe keine Lust meinen Standort und derzeitiges Dasein zu ändern, weil du dir Gedanken um irgendein Mädchen und seinen nicht vorhandenen Geruch machst. Schnapp dir endlich eine. Am besten gleich die, von der du geredet hast, Lara, oder wie sie hieß. Dass du überhaupt nach ihrem Namen gefragt hast, fasse ich nicht! Wahrscheinlich willst du sie heute Abend zum Essen einladen und anschließend mit ihr Arm in Arm tanzen gehen?
David! Werd erwachsen! Wird langsam Zeit! Teilweise kommt es mir so vor, als müsste ich dir noch das Jagen beibringen und die Regeln dazu, du Babyvampir!“
Hugh hatte mich nachdrücklich auf mein ungewöhnliches Verhalten aufmerksam gemacht und ich überlegte, wie ich ernsthaft aus der Sache herauskam, ohne dass ich Sara aufgeben musste.
„Hugh, ist dir letzte Nacht was nicht bekommen, oder warum hetzt du rum. Du weißt nicht, was du redest. Ich bin schon ein wenig älter als du und ich glaube nicht, dass du mir Regeln beibringen musst. Jeder hat seinen eigenen Weg und kann selbst entscheiden, ob wir ihn weitergehen oder einen anderen wählen. Nur weil ich mir ein paar Gedanken nach einigen Jahrhunderten mache, sollte hier kein Vampirstreit entfachen,
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