Bisswunden
auf diese Weise die Widerhaken aus meinem Fleisch bekommen.
Ich atme tief durch, rolle mich in eine Fötushaltung und strecke mich ruckartig, wobei ich den rechten Arm nach oben reiße und das rechte Bein nach unten drücke. Das Fleisch an meinem Oberschenkel hebt sich wie ein kleines Schutzzelt, und ein Schrei dringt über meine Lippen. Für einen Moment droht mein Bewusstsein zu schwinden, und mein Magen stülpt sich um. Mein Gehirn schreit, dass ich aufhören soll, doch in diesem Augenblick ziehe ich noch fester, und etwas reißt los.
Ich fürchte, dass es nur mein Armband gewesen sein könnte, und richte mich im Wasser aus, um meinen Oberschenkel anzusehen. Dort, wo die Haken in meinem Fleisch gesteckt haben, ist nur noch ein ausgefranstes, heftig blutendes Loch. Es sieht aus, als hätte ein kleines bösartiges Tier ein Stück aus mir herausgebissen. Nachdem ich mich im Wasser übergeben habe, steige ich vorsichtig auch aus dem rechten Bein meiner Jeans. Ich bin versucht, die Jeans einfach im Wasser versinken zu lassen, doch das wäre dumm. Dieses Paar Banana Republics wird mich retten.
Ich trete mit den Füßen Wasser, während ich beide Beine der Jeans verknote. Dann lege ich sie hinter meinen Kopf, packe die beiden Seiten des Hosenbundes und schleudere sie in weitem Bogen über meinen Kopf, was genügend Luft in meiner improvisierten Schwimmweste einfängt, um mich zehn Minuten über Wasser zu halten. Dann lege ich das Kinn auf den umgedrehten Schritt, und die verknoteten Hosenbeine ragen rechts und links in die Höhe wie bei den Aufblaspuppen, dieman bei Autohändlern manchmal sehen kann. Ich habe diesen Trick im Schwimmteam gelernt, und er funktioniert erstaunlich gut. Jetzt endlich kann ich einen Teil meiner Energie auf die Beantwortung der Frage verwenden, wo zur Hölle ich mich in Relation zu dem Mann befinde, der mich zu töten versucht.
Ich bin inzwischen fünfzig Meter vom Ufer der Insel entfernt. Ich sehe nur einen schmalen Streifen Sand, doch dann verschwindet auch der. Fünfzig Meter. Nur noch fünfzehnhundert weitere zu schwimmen – vielleicht auch siebzehnhundert …
Das Sicherste wäre wahrscheinlich, sich einfach eine Meile am Ufer entlangtreiben zu lassen und dann an Land zu klettern. Das Problem dabei ist, dass ich dann an einer Stelle namens Iowa Point aus dem Wasser steigen würde. Das ist kein Dorf, nicht einmal eine Straßenkreuzung, sondern weiter nichts als ein Punkt auf der Landkarte. Das nächste Telefon liegt mehr als fünf Meilen durch unbewohnte Sümpfe. Unbewohnt, was Menschen angeht. Es gibt reichlich Alligatoren und Schlangen, die einem Gesellschaft leisten. Ganz bestimmt jedenfalls gibt es keine Mobilfunkstation in der Nähe.
Wenn ich allerdings den Fluss durchschwimme, dann komme ich weniger als eine Meile vom Louisiana Highway an Land, nicht weit vom Morganza Spillway. Ich kann einen Wagen anhalten – was in Unterwäsche nicht weiter schwierig sein dürfte – oder leicht bis zu einer Stelle weiterlaufen, wo es wieder ein Mobilfunknetz gibt.
Bin ich verrückt, dass ich es versuchen will? Die meisten Menschen würden sagen Ja. Aber ich bin vor fünfzehn Jahren durch diesen Fluss geschwommen, und wenn ich es damals geschafft habe, dann schaffe ich es auch heute. Darüber, dass es mich damals fast umgebracht hätte – unter idealen Bedingungen –, denke ich lieber nicht nach. Der Trick besteht darin, wie ich mehreren Leuten erzählt habe, nicht gegen die Strömung zu kämpfen oder auch nur zu versuchen, den Fluss zu durchqueren. Der Trick besteht darin, sich mit der Strömung treibenzu lassen und sich nach und nach zum tiefsten Punkt des Flussbetts vorzuarbeiten. Sobald man den erreicht hat, tut der Fluss selbst ein Übriges, einen in der nächsten Biegung am gegenüberliegenden Ufer abzusetzen.
Unter optimalen Bedingungen wäre das in etwa einer halben Stunde von jetzt an. Doch heute Nacht herrschen keine optimalen Bedingungen. Heute Nacht herrscht Dunkelheit. Es regnet. Wellen schlagen auf mich ein. Ein Verband aus Schubleichtern, den ich nicht sehe, könnte mich überlaufen wie ein Sattelschlepper, der einen Moskito zerquetscht. Jeder normale Mensch in meiner Situation würde innerhalb zehn Minuten ertrinken. Doch ich bin nicht normal. Und zumindest habe ich auf diese Weise den Irren mit dem Gewehr aus meiner Gleichung gestrichen.
Meine improvisierte Schwimmweste verliert stetig Luft. Nicht mehr lange, und ich muss die Jeans erneut füllen. Wegen der hämmernden
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