Bisswunden
interessiere mich besonders für alles, was der Pathologe über Anns Fortpflanzungsorgane herausfinden kann. Narben, alte Operationen, was auch immer.«
»M-hm.« Sean klingt alles andere als fasziniert.
»Ich brauche das Ergebnis so schnell wie irgend möglich. Am liebsten gestern, Sean.«
»Ich kann dir nicht geben, was ich noch nicht habe.«
»Ich weiß. Ich wollte nur, dass du begreifst, wie …«
»Cat?«
»Was denn?«, fauche ich, als mir bewusst wird, dass ich jegliche persönliche Kommunikation zu vermeiden trachte.
»Wie geht es dir? Ich meine mit dem Baby und allem.«
Wut steigt aus einem Loch tief in mir hoch, dunkler und intensiver, als ich es mir je hätte vorstellen können. »Prima«, sage ich mit gepresster Stimme. »Mach dir um mich keine Gedanken, Sean. Um uns. Was auch immer. Ich bin nicht länger dein Problem.«
»Du warst nie ein Problem.«
Mach Schluss, befiehlt die Stimme in meinem Kopf. »Wir beide wissen, dass das eine Lüge ist, Sean. Hör mal … viel Glück dabei, dein Leben wieder zusammenzuflicken.«
»Ja. Hey, ich besorg dir diesen Bericht, okay?«
»Danke.«
»Ich vermisse dich, Cat.«
Nicht stark genug. »Beeil dich, Sean.«
Ich beende das Gespräch und tippe die Mobilrufnummer meiner Mutter ein. Während ich dem Läuten lausche, spüre ich, wie Sean mich am Arm berührt. Dann bemerke ich, dass es nicht Sean, sondern Michael ist, Michael Wells. Für einen Augenblick habe ich tatsächlich vergessen, dass ich neben ihm in seinem Flugzeug sitze.
»Du weinst«, sagt Michael. »Ist alles in Ordnung?«
»Ich glaube nicht, dass ich in einem Augenblick wie diesem nach ›in Ordnung‹ strebe. Ich setze einen Fuß vor den anderen und mache weiter. Ich darf nicht aufhören.«
Er zieht die Hand zurück und wendet sich wieder dem Fliegen zu.
Gerade als ich damit rechne, mit Mutters Mailbox verbunden zu werden, antwortet sie mit tiefer, schläfriger Stimme, die mich sofort Beruhigungsmittel denken lässt.
»Dr. Wells?«, fragt sie.
»Nein, ich bin es, Cat.«
»Cat?« Eine kurze Pause. »Ich verstehe nicht. Bist du bei Dr. Wells zu Hause?«
»Nein, Mom. Hör zu, ich weiß, was mit Ann passiert ist.«
»Ich dachte mir, dass du es inzwischen erfahren haben müsstest.«
»Wie geht es dir?«
»Gut, denke ich. Angesichts der Umstände. Ich bin auf der Arbeit, und ich habe einen sehr geschäftigen Tag. Was gut ist, schätze ich.«
Auf der Arbeit? Sie klingt eher, als wäre sie soeben aus einer Vollnarkose erwacht.
»Ich wusste immer, dass man bei Ann mit so etwas rechnen muss«, sagt sie. »Einer ihrer Ärzte hat mich gewarnt, vorbereitet zu sein. Er sagte, ich solle mir schon vorher klar machen, dass ich nichts dagegen hätte unternehmen können, sollte es jemals so weit kommen.«
»Und?«, frage ich. »Ist es das, was du jetzt auch empfindest?«
Sie seufzt schwer, und im Hintergrund höre ich die Muzak, die sie für gewöhnlich in ihrem Laden laufen lässt. »Ich weiß es nicht. Hör mal, wie ich schon sagte, ich bin heute wirklich sehr beschäftigt. Ich muss nach Dunlieth, um dem Besitzer ein paar neue Vorhangstoffe zu präsentieren.«
»Mom, ich muss mit dir reden. Bist du heute Nachmittag zu Hause?«
»Das kommt darauf an, wie lange ich bei Dunlieth brauche, oder?«
»Bitte versuch zu Hause zu sein, ja? Heute ist kein Tag, an dem die Arbeit vorgehen sollte.«
»Das Leben geht aber weiter, Cat. Ich dachte eigentlich, du von allen Leuten solltest das wissen.«
»Was ist mit den Vorbereitungen für die Beerdigung?«
»Darum kümmert sich dein Großvater.«
Natürlich. Nur das Beste ist gut genug für eine meiner Töchter …
»Ich habe ja nichts dagegen, mit dir zu reden«, sagt Mutter, »doch ich will nicht, dass du anfängst, mir zu erzählen, wie es dir geht wegen dieser Sache. Ich habe meine eigenen Gefühle, und ich gehe auf meine Weise damit um. Das weißt du.«
»Du meinst, du verdrängst sie.«
Frostiges Schweigen. »Ich trage mein Herz vielleicht nicht auf der Zunge wie einige andere Leute, aber bis jetzt bin ich ganz gut damit gefahren.«
»Tatsächlich, Mom? War dein Leben all die Jahre tatsächlich ›ganz gut‹, wie du es nennst?«
»Ich denke, ich habe es ziemlich gut gemeistert, ja.Angesichts der Hindernisse, die das Leben mir in den Weg geworfen hat.«
Mein Gott … »Wie geht es Pearlie?«
»Ich weiß es nicht. Sie ist zur Insel gefahren. Sie hat mich kaum eines Wortes gewürdigt und ist gefahren.«
Das raubt mir die Fassung. »Auf
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