Bisswunden

hellhäutigen, auf billige Weise attraktiven Vegas-Punk mit seinen Schlangenlederstiefeln und einem Juraabschluss von der Abenduniversität. Was hat er in meinem Leben zu suchen? Als hätte er die Frage gehört, antwortet er ungebeten.
    »Du weißt immer noch nicht, wer ich bin, oder?«
    Ich packe das Lenkrad fester und halte den Blick auf die Straße gerichtet.
    » Mann, ich warte schon verdammt lange auf diese Gelegenheit!«, sagt er und lässt den Blick über meinen Körper gleiten wie eine nasse Zunge. »Du hast das förmlich herausgefordert, genau wie das Niggerweib.«
    Wäre Pearlie nicht im Kofferraum, würde ich alles auf eine Karte setzen und den Cadillac gegen einen Baum rammen, nur um diesen Bastard zu erledigen. Das ist wahrscheinlich der Grund, warum er Pearlie in den Kofferraum verfrachtet hat.
    »Du weißt überhaupt nichts, he?«, fragt er.
    »Ich glaube nicht, nein.«
    »Sieh mich an.«
    »Ich muss fahren.«
    Er greift mit der Pistole herüber und dreht meinen Kopf zusich. Er sieht genauso wütend wie triumphierend aus. Warum?, frage ich mich, während mein Blick auf seiner Pistole ruht. Es ist eine Automatik, hässlich und sauber wie ein frisches Skalpell. Sie wird funktionieren, keine Frage.
    »Hat mein Großvater dich damit beauftragt?«
    Billy grinst. »Ein kluger Offizier gibt keine solchen Befehle. Doch ein guter Soldat weiß trotzdem, was er zu tun hat, wenn sich Schwierigkeiten in den Weg stellen. Ein guter Soldat braucht keinen Befehl.«
    »Soldat? Ich weiß, was für eine Art Soldat du bist. Die Sorte, mit der sie meinen Vater in Kambodscha zusammengesteckt haben.«
    Seine Augen werden schmal. »Was?«
    »Nichts. Du würdest es sowieso nicht verstehen.«
    Billy legt einen seiner Schlangenleder-Cowboystiefel auf das Armaturenbrett des Cadillac. »Du hältst dich wohl für ziemlich schlau, wie?«
    Ich antworte nicht.
    »Bist du schlau genug, um dir zu denken, was jetzt mit euch passiert?«
    »Du wirst uns beide umbringen.«
    Er lacht. »Du hast es kapiert, Süße. Aber das war der einfache Teil. Die Frage lautet: Warum? «
    Ich hüte mich, diesen Köder zu schlucken. Je mehr Interesse ich zeige, desto weniger wird er mir erzählen. Das ist seine Natur. Er hatte nie viel Macht im Leben, also kostet er sie aus, wann immer er eine Gelegenheit dazu bekommt.
    »Nun?«, drängt er. »Weißt du es?«
    Pearlie hämmert zweimal von hinten gegen den Kofferraumdeckel. Es tut mir in der Seele weh, doch wenigstens lebt sie noch.
    »Weil du mir im Weg bist«, sagt Billy sinnierend. »Das ist der Grund.«
    »Wie meinst du das?«
    »Wenn du am Leben bleibst, erbst du mein Geld.«
    Das ist nicht die Antwort, die ich erwartet hätte. »Dein Geld? Was redest du da?«
    Er lacht erneut, diesmal beinahe gackernd. »Kirkland ist mein Vater, du dämliche Fotze. Das hättest du wohl nicht gedacht, eh?«
    Nach allem, was ich heute erfahren habe, kann diese Enthüllung mich nicht sonderlich beeindrucken.
    »Meine Mutter hat für eine von euren DeSalle-Firmen gearbeitet. Sie war Buchhalterin. Sie hat viel zu Hause gearbeitet, und Dr. Kirkland kam regelmäßig vorbei, um die Bücher zu überprüfen. Ich schätze, er war weniger an den Zahlen als an ihr interessiert. Wie dem auch sei, er hat sie genagelt. Und ich bin das Ergebnis.«
    »Du scheinst stolz darauf zu sein.«
    Billy zuckt die Schultern. »Nichts, weswegen ich mich schämen müsste. Er hat ihr regelmäßig eine hübsche Summe Schweigegeld gezahlt. Hat mich zur Schule geschickt und mir ein paar Mal aus Schwierigkeiten geholfen. Und so bin ich in der Army gelandet.«
    »Army oder Gefängnis, wie?«
    »So in der Art, Süße. Er hat auch die Abenduniversität bezahlt, als ich wieder rauskam. Wie dem auch sei, damit bin ich dein Onkel – zumindest dachte ich das bis heute. Nachdem ich gehört hab, was er dir im Büro erzählt hat, klingt es, als wäre ich vielleicht auch dein Halbbruder.« Billy lacht erneut.
    »Das ist Schwachsinn.«
    »Das hättest du wohl gerne, Süße.« Er überprüft den Sicherungshebel seiner Pistole, dann legt er ihn probehalber ein paar Mal um. »Die Sache ist die, ich habe bereits einen hübschen Anteil an diesem indianischen Casino. Ich hab eine Menge Arbeit investiert, um diesen Deal für den Alten vorzubereiten. Drecksarbeit, wenn du verstehst, was ich meine. Die Sache ist nur die … es ist noch mehr Geld drin. Viel mehr. Meine Mutter hat Aufzeichnungen. Es gibt Geld, von dem du wahrscheinlich nicht mal eine Ahnung hast. Auf den