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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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dann? Sofort ins Gefängnis?«
    »Nein. Zuerst gibt es eine Anhörung. Aber er kommt ins Gefängnis, ja.«
    »Gibt es in derartigen Fällen Verurteilungen?«
    »Nein. Wenn jemand in Beugehaft genommen wird, kann er jederzeit aus dem Gefängnis freikommen. Er muss sich lediglich dem Gerichtsbeschluss fügen.«
    »Meinst du, Malik würde ins Gefängnis gehen, um die Namen seiner Patienten zu schützen?«
    Sean lächelt wissend. »Ich nehme an, wir haben die Namen spätestens heute Abend.«
    »Gut. Hey, habt ihr auch Maliks Praxis durchsucht? Nach Waffen, meine ich?«
    »Ja. Malik war bei der Durchsuchung zugegen, um sicher zu sein, dass niemand einen Blick in seine Unterlagen wirft. Die Patientenakten waren in unserem Durchsuchungsbefehl ausdrücklich ausgenommen. Wir wollten keine Zeit verschwenden, indem wir mit dem Richter darüber streiten.«
    »Aber es gab Aufzeichnungen? Habt ihr Akten in den Schränken gesehen?«
    »Ich war nicht dabei. Ich werde es nachprüfen, aber ich bin sicher, irgendjemand hätte etwas gesagt, wenn keine da gewesen wären.«
    »Das ist nur eine Vermutung, Sean. Ich gehe jede Wette ein, dass Malik die fraglichen Unterlagen bereits beiseite geschafft hat. Steht seine Praxis unter Überwachung, um Patienten zu finden, die bei ihm zu Sitzungen auftauchen?«
    »Verdammt, ja. Aber bisher ist niemand erschienen. Wir stehen vor einem Rätsel. Woher wissen seine Patienten, dass sie nicht kommen dürfen? Wir haben Maliks Telefone angezapft, seit wir ihn in Verdacht haben, und er hat niemanden angerufen und den Termin abgesagt. Er hat nicht einmal eine Sprechstundenhilfe!«
    »Ihr wart natürlich bei den Familien der Opfer und habt geradeheraus gefragt, ob jemand bei Malik in Behandlung ist?«
    »Sicher. Aber wir sind vorsichtig, was das betrifft. Für den Fall, dass Malik Recht hat mit seiner Annahme, seine Patienten wären gefährdet. Es würde nicht gut aussehen, wenn Malik uns warnt, und einer von ihnen würde bei einem häuslichen Streit getötet.«
    »Vorsichtig inwiefern? Versucht ihr, die weiblichen Angehörigen allein zu sprechen?«
    »Genau. Aber es ist schwer zu sagen, wer mit wem in welcher Verbindung steht wegen Scheidungen und neuen Eheschließungen und allem.«
    Meine Gedanken schweifen ein paar Wochen zurück in die Zeit, nachdem das zweite Opfer getötet worden ist. Andrus Riviere, der Apotheker im Ruhestand. Ich war mit Sean bei derFamilie, und dort bot sich mir ein seltsamer Anblick. Eine Enkeltochter von Riviere rannte fröhlich durch das Haus, als bereitete sie sich auf eine Geburtstagsparty vor, und nicht, als wäre ihr Großvater gestorben. Und es war kein momentaner Energieschub – sie verhielt sich während unseres gesamten Besuchs so merkwürdig. Sie war vielleicht sieben Jahre alt, und sie ist mir im Gedächtnis geblieben, weil sie mir nicht als unsensibles Kind erschien. Tatsächlich sprach ich mit ihr und gewann eher den gegenteiligen Eindruck. Die ruhige Bedachtsamkeit in ihren Blicken erweckte in mir das eigenartige Gefühl, als redete ich mit einer Erwachsenen.
    »Was hältst du von der Möglichkeit, dass eine Frau diese Verbrechen begangen hat?«, frage ich Sean.
    Er erhebt sich und geht zum Kühlschrank, doch anstatt ihn zu öffnen, dreht er sich zu mir um. »Mir gefällt die Idee von Rachemorden, doch ich kann mir nur schwer eine Frau als Täterin vorstellen. Nicht angesichts dieser Taten. Es gibt in der Literatur kaum ein Beispiel für etwas so Abscheuliches. Weibliche Serienmörder? Aileen Wuornos war so ziemlich die Einzige.«
    »Das stimmt nicht ganz. Ungefähr fünf Prozent aller Serienmörder sind weiblich.«
    Sean blickt mich erwartungsvoll an. Er ist ein instinktiver Ermittler, und er ist sehr tüchtig, doch der größte Teil seines Wissens basiert auf seinen eigenen Erfahrungen oder der anderer Ermittler im Land – üblicherweise Männern, zu denen er eine persönliche Beziehung hat. Ich hingegen habe es mir zur Aufgabe gemacht, mich in die Literatur über Serienmörder einzulesen, und mein Wissen ist viel breiter, häufig zu Seans Ärger. Doch er ist pragmatisch genug, um zu nutzen, was ich weiß.
    »Weibliche Serienmörder operieren im Schnitt acht Jahre lang, bevor sie gefasst werden«, kläre ich ihn auf. »Also doppelt so lang wie männliche Täter. Eines ihrer Markenzeichen ist ein nahezu spurenfreier Tatort.«
    »Okay«, räumt er ein. »Aber haben nicht die meisten weiblichen Täter einen männlichen Komplizen?«
    »Sechsundachtzig Prozent haben

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