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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Viren, die niemand bemerkt.«
    »Wofür sind Viren gut, die niemand bemerkt?«
    »Damit niemand den Schaden bemerkt, den sie anrichten. Vinton Gray Cerf, einer der Väter des Internet, hielt im Jahr 2006 beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos eine höchst interessante Rede, die von der Weltöffentlichkeit geflissentlich ignoriert wurde. Cerf versicherte, dass mindestens 25 Prozent aller Rechner dieser Welt verseucht seien. Wohlgemerkt: im Jahr 2006. Inzwischen dürften es mehr als 40 Prozent sein, schätzen Experten. Pro Tag entstehen weltweit zirka 2000 neue Viren. Die Mehrzahl der Viren wird heute zielgerichtet eingesetzt, um Computer zu manipulieren, ohne dass die Eigentümer dies jemals bemerken.«
    »Von wem eingesetzt?«
    »Das weltweite Milliardengeschäft mit Computer-Kriminalität dominieren derzeit die Russen: Kinderpornografie, Kontaktbörsen für Pädophile, Kreditkartenbetrug, DVD-Raubkopien, Phishing, Spam-Mails, virtuelle Geldwäsche. Alles, was schnell und risikolos viel Geld bringt und bei geringen Kosten hohe Renditen verspricht. Die Russen haben ihre Lektion in Kapitalismus erstaunlich schnell gelernt.«
    »Und wie funktioniert das System?«
    »Haben Sie schon mal was von Fast-Flux-Botnets gehört? Das sind unsichtbare Netzwerke, die inzwischen den Globus umspannen. So ein Botnet bedient sich gleich mehrerer hunderttausend heimlich vernetzter Rechner. Die Besitzer der einzelnen Computer ahnen gar nichts von dem Missbrauch. Da sitzt beispielsweise ein Doktorand der landwirtschaftlichen Fakultät der Universität Bonn vor seinem Bildschirm, schreibt an seiner Dissertation und hat keine Ahnung, dass sein Rechner gerade parallel dazu beiträgt, massenhaft Spam-Mails in alle Welt zu versenden. Oder die neueste Hollywood-Produktion noch vor dem Kinostart illegal zu vervielfältigen. Oder per Phishing das Girokonto eines belgischen Fliesenlegers abzuräumen. Der Bonner Uni-Computer ist dann ein winziges Zahnrad im Getriebe dieses Botnets, so wie vielleicht auch der Computer eines irischen Grafikers in Dublin oder der Rechner einer spanischen Zahnarztpraxis in Ávila. Die kriminellen Betreiber bezeichnen diese ahnungslosen Eigentümer als ihre Zombies. Hunderttausende virtuell verknüpfte private Computer … das ist eine gigantische Rechnerkapazität, wie Sie sich denken können. Außerdem verwischen diese Botnets natürlich die IP-Adressen der wahren Täter. Wenn das BKA also nach langwierigen Ermittlungen einen illegalen Viagra-Händler im Internet ausfindig machen kann, finden die Beamten lediglich einen völlig ahnungslosen Doktoranden der Bonner Uni vor.«
    »Und wer steckt dahinter?«
    »Zum Beispiel Russian Data Network. RDN ist momentan der größte Dienstleister auf diesem Sektor. Schöner Name, schickes Büro mitten in Sankt Petersburg. RDN schützt mit seinen gigantischen Botnets die zahlungskräftigen Kunden weltweit vor dem Zugriff nationalstaatlicher Justizbehörden. RDN besitzt inzwischen eine Reihe von Tochterfirmen rund um den Globus … in China, auf den Seychellen, in Panama, in der Türkei …«
    »Und für RDN wäscht Milos Kecman die Gewinne?«
    »So ist es. Beziehungsweise: Da gibt es eigentlich nicht mehr viel zu waschen. Denn die RDN-Milliarden verschwinden zunächst via Western Union unauffindbar bei webmoney.ru, einer virtuellen Bank mit russischer Domain-Adresse. Kecmans Aufgabe ist vielmehr die Investition der Milliardengewinne in solide, lukrative europäische Unternehmen mittels geeigneter Strohmänner …
    »… wie Heinz Waldorf …«
    »… ja, so wie der gute, tote Heinz Waldorf. Und viele andere deutsche Ehrenmänner. Sie würden sich wundern.«
    Blieb nur noch eine einzige Frage.
    »Aber weshalb ist Ihre Truppe hinter Zoran Jerkov her? Was hat Zoran mit RDN zu tun?«
    »Eigentlich gar nichts.« Mehr sagte Uwe Kern nicht. Mehr musste er auch nicht sagen. In diesem Augenblick wurde David klar, was lief. Das ganze, miese, verlogene Spiel.
    Sie war müde. Viel zu müde für den Umweg zum Supermarkt, aber das war sie schon seit einer Woche, hundemüde nach der Arbeit. Außerdem hatte sie Hunger, und sie dachte mit Grauen an den traurigen Inhalt ihres Kühlschranks. Eine halbe Scheibe Brot und eine fast leere Packung H-Milch. Also doch noch Supermarkt, bevor sie die Beine hochlegen konnte. Zum Glück hatte der Rewe im Belgischen Viertel bis Mitternacht geöffnet.
    Also noch genau 27 Minuten.
    Sie fand tatsächlich einen Parkplatz in der Lütticher Straße, keine 50 Meter von

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