Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
Blusen über voluminösen, spitzkegeligen Brüsten, Gesundheitsschuhe mit Klettverschlüssen. Sie stellten ihr Leiden hemmungslos zur Schau. Selbstgefällig, unerbittlich, gnadenlos. Das Leid war ihre Lust und ihre Waffe.
    Carsten Cornelsen leerte das Glas in einem Zug, erhob sich aus dem Sessel, griff nach dem gerahmten Schwarz-Weiß-Foto auf dem Schreibtisch und betrachtete es im schwachen Schein des Mondes. Das Foto zeigte eine dreijährige Prinzessin. Die stolzen Eltern hielten sich dezent im Hintergrund. Der Bauch der Mutter war aufgebläht wie ein Wasserball. Freya grinste dreist in die Kamera. Weißes Kleidchen, weiße Söckchen, weiße Schühchen, weiße Schleifchen im Haar. Wie niedlich.
    Mit aller Kraft schleuderte Cornelsen das Foto gegen die Wand. Der Rahmen zerbrach, das Glas zerschellte.
    »Zu dämlich zum Schaukeln.«
    In diesem Augenblick, knapp sieben Kilometer nördlich der Marienburger Villa, schrak Uwe Kern in seiner Suite im neunten Stock des Savoy-Hotels aus einem grauenhaften Albtraum. Sein Körper war schweißgebadet, seine Hände zitterten. Kern sprang aus dem Bett, stellte sich unter die Dusche, verharrte eine Viertelstunde völlig bewegungslos unter dem warmen Wasserstrahl. Anschließend trocknete er sich ab, betrachtete und betastete seinen geröteten Hals im Spiegel und beruhigte seine Seele mit einigen Tai-Chi-Übungen.
    Nur wenig später, die Sonne war noch nicht aufgegangen, verließ Artur still und leise den Schrottplatz, um Tomislav Bralic am Eigelsteintor abzuholen und zum Flughafen zu fahren. Auf der Severinsbrücke griff Artur nach dem auf dem Rücksitz des Wagens deponierten Umschlag und händigte ihn Bralic aus. Der Pfarrer nickte und steckte ihn wortlos in die Innentasche seiner schwarzen Anzugjacke. Der Umschlag enthielt ein Ticket nach Bukarest, zwei Rückflugtickets, genügend Bargeld. Auf einer der Kölner Flughafentoiletten würde Bralic einen Großteil der Euro-Scheine in einem Geldgürtel verschwinden lassen, den er um den Bauch unter dem schwarzen, knopflosen Hemd mit dem Kollarkragen trug. Die Priesterkleidung würde die Mission erheblich vereinfachen, so hoffte er.
    Während der knapp zwanzigminütigen Fahrt sprachen sie kaum ein Wort. Artur sprach nie viel, außer wenn es etwas Wichtiges zu sagen gab, und der Pfarrer war in Gedanken versunken. Erst als der Wagen vor dem Terminal 2 hielt, sagte Artur:
    »Du weißt, wo Zoran sich versteckt.«
    Der Pfarrer nickte und stieg aus.
    Artur verließ ebenfalls den Wagen und hievte den winzigen Trolley aus dem Kofferraum.
    »Artur, ich darf es dir nicht sagen. Ich darf es auch David nicht sagen. Er hat mir das Versprechen abgenommen.«
    »Die lassen Zoran in eine Falle laufen.«
    »Das weiß er. Zoran weiß ganz genau, dass sie ihm eine Falle stellen wollen. Aber er hält sich für schlauer als die anderen.«
    »Aber er kennt die Falle doch nicht.«
    »Kennst du sie denn?«
    Artur schwieg.
    »Ich mache mir genau so viel Sorgen um ihn wie du, Artur. Aber Zoran Ratschläge erteilen zu wollen, ist in etwa so aussichtsreich wie der Versuch, eine Katze zu dressieren. Bis bald.«
    Kristina saß in der Küche, nippte an ihrem Kaffeebecher, starrte über das aufgeklappte Notebook hinweg durch das geöffnete Fenster und beobachtete David und Maja, die durch den Garten schlenderten. Wie Adam und Eva im Paradies. Aber Kristina eignete sich nicht als Schlange. Das Notebook langweilte sich und schaltete auf Standby-Modus. Sie redeten da draußen ohne Unterlass miteinander. Sie lachten viel. David deutete nach oben, zu dem Papageienpärchen im Baum. Maja hakte sich bei ihm unter, und das versetzte Kristina einen Stich. Nicht den ersten für heute. Den ersten Stich hatte sie schon beim Frühstück verspürt. Da fragte Maja, ob sie vielleicht ein Glas Bitter Lemon haben könnte. David war gleich losgesprintet und hatte vier Flaschen im nächsten Supermarkt besorgt. Sie tranken und schauten sich dabei tief in die Augen, als wohnte der synthetischen Brühe ein geheimer Zauber bei.
    Maja schien es schon wieder besser zu gehen. Sie hatte tief und fest geschlafen. Auf Davids Matratze. David hatte die Nacht in der Werkstatt verbracht. Kristina wäre es vergangene Nacht lieber gewesen, Davids statt Majas Atemzügen zu lauschen.
    Reiß dich gefälligst zusammen!
    Hätte ihr Vater jetzt gesagt.
    Meine Meinung: Man kann Kindern gar nicht früh genug beibringen, Verzicht zu üben.
    Hatte Kristinas Mutter, die Gattin des sauerländischen

Weitere Kostenlose Bücher