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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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der selbst größten Wert auf die Wahrung seiner Anonymität legte und außerdem erstaunlich wenig von Computern und moderner Sicherheitstechnik verstand, beschäftigte auf Honorarbasis eine Kompanie der besten Hacker und Lockpicker Europas.
    »Er ist mein Freund, Ingvar.«
    »Dein Freund, ja. Dein Freund. Jerkov hat nicht mehr viele Freunde, heißt es. Schon lange nicht mehr, sagt man. Aber was die Leute so reden, wenn der Tag lang ist. Und du? Was glaubst du? Hat er tatsächlich den Waldorf abgemurkst?«
    »Ich weiß es nicht, Ingvar.«
    »Aber du würdest es gerne wissen.«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.« David zog Willi Heusers Zettel aus der Hosentasche und entfaltete ihn. »Mich interessiert etwas anderes. Ich würde gerne alles über folgende drei Personen wissen …«
    »Stopp, Manthey! Nur bei der guten Fee hat man drei Wünsche frei. Aber ich bin nun mal keine gute Fee. Du hast mir aus der Klemme geholfen. Wie lange ist das her? Vier Jahre! Meine Güte, wie die Zeit vergeht. Fast verjährt. Aber ich sagte dir damals, dass du was gut hast bei mir. Und ich stehe zu meinem Wort. Aber es gibt für diesen Schuldschein nur eine einzige Information. Sonst verdirbst du noch die Preise, wenn sich herumspricht, dass ich neuerdings den barmherzigen Samariter gebe.«
    »Einverstanden, Ingvar.«
    »Natürlich bist du einverstanden. Was bleibt dir anderes übrig. Also? Raus mit der Sprache.«
    »Uwe Kern.«
    »Was? Das ist alles? Ein Name? Mehr hast du nicht?«
    »Sonst müsste ich ja wohl nicht ausgerechnet zu dir kommen, Ingvar. Man sagt, du bist immer noch der Beste.«
    »Ist der Name echt?«
    »Keine Ahnung, Ingvar.«
    »Du bist verrückt, Manthey. Du hast echt nicht mehr alle Tassen im Schrank. Komm, gib mir etwas Futter!«
    »Mitte sechzig, sportlich, schlank, graue Haare, militärischer Kurzhaarschnitt. Uwe Kern besitzt auf diesen Namen einen unbeschränkten Besucherausweis des Polizeipräsidiums, er ist in der Lage, den Präsidenten herumzukommandieren und ohne gesetzliche Grundlage dessen MEK in Marsch zu setzen, um Zoran bei seiner Haftentlassung zu observieren, obwohl der bis dahin noch gar nichts verbrochen haben konnte. Falls dir das bei der Recherche weiterhilft: Uwe Kern steht in engem Kontakt zu einem Dr. Karl-Günther Beauvais, Ministerialdirigent im Bundesinnenministerium, ferner zu einem gewissen Lars Deckert, Kriminalhauptkommissar des Bundeskriminalamts in Wiesbaden. Reicht das, Ingvar?«
    »Du bist wohl nicht ganz dicht. Glaubst du, ich bin lebensmüde? Ein Profi mit dem kompletten Staatsapparat im Rücken. Dann hat der mich doch schneller, als ich ihn habe.«
    »Dann lassen wir es doch, Ingvar. So kann man sich irren. Bis eben dachte ich tatsächlich, du bist der Beste …«
    Die Hand packte ins Nackenfell und schüttelte den Kopf der Dogge. Das Tier jaulte erschrocken auf.
    »Manthey, stünde ich nicht in deiner Schuld, wäre dies jetzt der letzte freche Satz deines Lebens gewesen.«
    David Manthey lächelte und sagte nichts. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals, und er hoffte inständig, dass Ingvar es nicht sehen und der Hund es nicht riechen konnte. Dies war ein gefährliches Spiel. Und er spielte volles Risiko.
    »Manthey, ich hoffe nur für dich, dass Jerkov dein Engagement wert ist. Okay: Ich werde sehen, was sich machen lässt. Komm nicht auf die Idee, mit uns Kontakt aufzunehmen. Wir melden uns bei dir, wenn wir soweit sind. Und jetzt verschwinde.«
    Die Meute hatte also Witterung aufgenommen. Kristina Gleisberg beugte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und das Kinn auf die Handflächen, starrte in den Fernseher und betrachtete dieses entwürdigende Schauspiel, dessen ewig gleiche Dramaturgie sie doch so gut kannte, das ihr aber nun, aus der Distanz des Beobachters, mit einem Mal so fremd und seelenlos erschien. Sie kannte die junge Frau nicht, die Branko Jerkov das Mikrofon ins Gesicht streckte, als wollte sie ihn damit füttern. Sie war noch jung. Sehr jung. Und sie stellte unglaublich dämliche Fragen. Mit einer Stimme, die so schrill und nervtötend klang wie eine Kreissäge. Aber das spielte alles keine Rolle. Denn sie sah sexy aus in ihrem wippenden Röckchen und der bis zum Solarplexus geöffneten Bluse. Ein Altmännertraum. Nur das spielte eine Rolle. Das und ihre Skrupellosigkeit.
    Dummerweise vergaß sie, das Mikro ordentlich in die Kamera zu drehen, so dass der Aufdruck »InfoEvent« auf dem Schaumgummi für die Zuschauer die meiste Zeit unvollständig zu lesen war.

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