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Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Universität und nur selten die Schule besucht, aber zeit seines Lebens die Menschen studiert. Auf den nächtlichen Straßen Kölns und schließlich im Krieg hatte er in diesem Studienfach summa cum laude abgeschlossen. Niemand machte ihm da etwas vor. Und deshalb registrierte er binnen Sekunden: Das hier war keine gewöhnliche Swinger-Party. Das hier war auch keine gewöhnliche SM-Party, die erst allmählich auf Touren kam, der nur noch der biochemische Kick fehlte, den Zorans Kokain nun besorgen sollte. Damit die Peitschen und Reitgerten und Handschellen und Stricke, die rundherum an Haken aufgehängt waren, endlich zum Einsatz kommen konnten. Zoran Jerkov sah die sprachlosen Lippen und die angstvoll geweiteten Augen und zitternden Hände, die vergeblich Brüste und Scham zu bedecken suchten, und er wusste schlagartig: Keine einzige dieser Frauen war freiwillig hier, um sich im Laufe der Nacht erniedrigen, demütigen, quälen zu lassen.
    Der Raum stank vor Angst und Niedertracht.
    Zoran ließ den Blick durch den Raum schweifen. Die Männer starrten zunächst belustigt und ohne eine Spur von Verlegenheit zurück, ordneten Zoran schließlich dem Personal der Villa zu und beachteten ihn nicht weiter. Der Anblick des kleinen, stämmigen Mannes in dem schäbigen Mantel langweilte sie.
    »Carsten! Was denn nun? Worauf wartest du noch? Schau nur, die Kleine kann es kaum erwarten. Schau nur, wie sie zappelt. Auf jetzt, Carsten! Das wolltest du doch.«
    »Cornelsen! Wir wollen was zu sehen kriegen. Action.«
    »Cornelsen! Auf zur Ent-jung-fe-rung!«
    Schallendes Gelächter. »Ent-jung-fe-rung.« Sie klatschten im Takt. »Cars-ten-Cor-nel-sen«. Der Mann, den sie anfeuerten, war etwas jünger als alle anderen. Er hob beschwichtigend die Hände, eher gerührt als verlegen, erhob sich schwerfällig von der Couch und entledigte sich umständlich seiner Unterwäsche. Zu viel Alkohol. Der Mann namens Carsten Cornelsen schwankte zur gegenüberliegenden Kopfseite des Raumes.
    Erst jetzt bemerkte Zoran den Gynäkologen-Stuhl, den der Mann ansteuerte. Und das Zappeln. Auf dem Stuhl lag eine gefesselte und geknebelte Frau. Eine Frau? Zoran trat näher, zwei Schritte, drei Schritte. Eine Frau? Ein Kind! Zoran umkurvte das kreisrunde Bett. Das Mädchen riss verzweifelt, mit aller Kraft, aber vergebens an den Ledermanschetten, die ihre Handgelenke und Fußknöchel fixierten. Mit gespreizten Beinen lag sie da, hilflos ausgeliefert. Die Männer johlten und schlugen sich auf die Schenkel. Zoran stolperte über ausgestreckte Beine, rappelte sich wieder auf und stolperte weiter. Cornelsen beugte sich über das Mädchen, das am ganzen Körper zitterte. Zoran packte ihn an den Haaren, zerrte ihn zurück. Cornelsen drehte sich um, Erstaunen und Wut im Gesicht. Zoran rammte seine Stirn gegen Cornelsens Nase und sein Knie zwischen Cornelsens Beine, der Mann sackte zusammen, und als er am Boden lag, trat ihm Zoran mit aller Kraft in die Nieren. Dann band er das Mädchen los, löste den Knebel, sie spuckte und rang nach Luft, er half ihr aus dem Stuhl, sie schwankte, er hielt sie fest, lehnte sie gegen seine Brust, zog seinen Mantel aus und legte ihn ihr um die Schultern. Er führte sie aus dem Raum, vorsichtig, Schritt für Schritt. Niemand wagte es, ihn aufzuhalten. Niemand wagte es, sich auch nur zu rühren.
    Mitten in der Empfangshalle stand der Riese. Breitbeinig. Bereit zum Angriff. Mit bloßen Händen. Die genügten. Eliska stürzte aus der Küche. Entsetzen und Wut im Blick.
    »Zoran! Was ist in dich gefahren? Bist du verrückt?«
    Ja, Zoran war verrückt. Vollkommen verrückt. Zoran griff in die linke Außentasche des Mantels, den jetzt das Mädchen trug, und zog den Revolver heraus. Der kurze Lauf war nichts für große Entfernungen. Aber der Riese stand keine drei Meter entfernt. Sechs Patronen in der Trommel. Eine würde reichen. Da tauchte in der Tür zur Küche ein weiterer Mann auf. Perfekt sitzender Anzug. Teure Krawatte, teure Schuhe, teurer Friseur. Der Gastgeber. Schmale Lippen. Kalte Augen. Eiskalt. Zoran kannte diese Augen. Auch ohne die Uniform des Majors der serbischen Armee erkannte Zoran Jerkov den Mann in der Küchentür auf der Stelle wieder. Kein Zweifel: der Schlächter von Vukovar. Der Mann, der mit einem breiten Grinsen die Pistole aus dem Halfter gezogen hatte, dem kroatischen Mädchen an den Kopf gedrückt hatte, Lüsternheit im Blick, als er den Zeigefinger krümmte …
    Zoran hob den Revolver und atmete aus. Seine

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