Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Bitter Lemon - Thriller

Titel: Bitter Lemon - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
Vom Netzwerk:
Zeitschriftenladen eine Karte der Insel im Maßstab 1:25 000 kauften.
    Die nächsten Stunden verbrachten sie damit, mit ihrem zitronengelben Seat Ibiza kreuz und quer über die Insel zu irren, auf den staubigen Pisten Schlaglöchern auszuweichen, die ihre Rundfahrt vorzeitig beendet hätten, mürrischen Ziegenhirten und wortkargen Fischern, die ihre Netze reparierten, das Foto aus David Mantheys Dienstausweis zu zeigen.
    »Formentera!«, riefen Graf Timascheff und
Kapitän Servadac fast gleichzeitig aus.
    Vor dem Leuchtturm am Rand der schwindelerregenden Klippe erinnerte das Zitat auf dem Denkmal mit der Büste aus Bronze an den Schriftsteller Jules Verne, der in seinem erstmals 1877 veröffentlichten Roman »Reise durch das Sonnensystem« die Insel zum Schauplatz einer galaktischen Katastrophe werden und die komplette Hochebene La Mola im Meer versinken ließ. Nur dieses eine Mal war die Insel Formentera zum Schauplatz der Weltliteratur avanciert – und gleich dem Untergang geweiht.
    In dem gläsernen Schaukasten neben dem Denkmal klebte ein handgeschriebener Zettel mit einem Text, der zweifellos nicht von Jules Verne stammte:
    Kehren Sie um, durchqueren Sie das Dorf El Pilar, folgen Sie den Serpentinen hinunter zum Meer, verlassen sie unmittelbar nach dem Kilometerstein 10 die asphaltierte Hauptstraße, indem sie nach links auf den unbefestigten Weg abbiegen. Nach 500 Metern biegen Sie nach rechts ab, bei der nächsten Möglichkeit nach links, dann immer geradeaus bis zur Bucht.
    David Manthey
    Sie brauchten knapp eine halbe Stunde. Die staubige Piste schlängelte sich zuletzt durch einen Pinienhain, der jedes Tageslicht schluckte. Der Fahrer schaltete die Scheinwerfer ein, der Beifahrer blickte sich nervös um. Der Wald machte schließlich den Dünen Platz, und eine Bucht breitete sich vor ihnen aus. Am Horizont versank die blutrote Sonne im Meer. Das atemberaubend schöne Schauspiel ließ die beiden Männer für einen Moment unachtsam werden. Außerdem überzog ein im Gegenlicht spiegelnder Schmierfilm aus angefeuchtetem und wieder eingetrocknetem Staub die Windschutzscheibe, von den abgenutzten Wischblättern sorgsam verteilt, seit die trübe Flüssigkeit der Scheibenwaschanlage aufgebraucht war.
    Unter günstigeren Umständen wäre ihnen wohl aufgefallen, wie ungewöhnlich eben und sauber und glatt die Buckelpiste an dieser Stelle des Weges war. Wie frisch gekehrt.
    Jetzt aber war es zu spät.
    Der Seat Ibiza machte einen Satz, die Vorderräder durchbrachen die mit einer feinen Sandschicht bedeckte Plane und rutschten in den frisch ausgehobenen Graben, das Bodenblech knirschte, die Räder der Hinterachse drehten sich eifrig in der Luft angesichts der unerwarteten Bewegungsfreiheit.
    Die beiden Männer kletterten aus dem Wagen.
    Am Ende des knapp 20 Meter breiten Strandes, unmittelbar an der Wasserlinie, stand ein Mann. Im Gegenlicht der untergehenden Sonne war er lediglich als schwarze Kontur erkennbar. Zumindest die Körpergröße passte. Die kannten sie aus der Akte. 1,93 Meter.
    »David Manthey?«
    »Ja, das bin ich. Und wer sind Sie?«
    »Wir bitten Sie, mit uns nach Deutschland zu kommen.« Die beiden Männer stapften durch den Sand auf ihr Ziel zu. Sie konnten das Gesicht immer noch nicht erkennen.
    »Bleiben Sie stehen! Wer sind Sie?«
    »Kommen Sie bitte mit. Dann geschieht Ihnen nichts. Machen Sie sich das Leben nicht unnötig schwer. Glauben Sie uns: Wir haben notfalls andere Mittel, Sie zu überzeugen.«
    »Das glaube ich gern. Wer sind Sie?«
    Die beiden Männer verzichteten auf eine Antwort und setzten sich stattdessen wieder in Bewegung, auf die Wasserlinie zu, um die Unterhaltung nicht brüllend fortsetzen zu müssen. Sie waren noch knapp zehn Meter von David Manthey entfernt, als ein Geräusch in ihrem Rücken, ein kräftiges, kehliges Husten, sie innehalten und umschauen ließ. Oben auf der Anhöhe, vor dem Mietwagen, hatten sich sechs, sieben, acht Männer versammelt. Sie trugen Mistgabeln und Knüppel. Sie schienen auf ein Zeichen zu warten. Von links und von rechts näherten sich über den Strand ebenfalls Männer. Ein Dutzend vielleicht. Schwer zu erkennen.
    »Was soll das, Herr Manthey?«
    »Haben Sie gewusst, dass diese Insel über die Jahrhunderte immer wieder von Piraten überfallen wurde? Nicht so wie die Piraten im Kino. Die echten Piraten haben hier eine breite Blutspur hinterlassen. Die haben die Ernte geraubt, die Frauen und Mädchen vergewaltigt, die Männer gefoltert und

Weitere Kostenlose Bücher