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Bitter Süsse Tode

Titel: Bitter Süsse Tode Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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eigentliche Ritual für die Totenerweckung ist kurz, wie Rituale meistens sind. Die Macht floss in die Nacht hinaus und in das Grab. Sie baute ein langsames, stetiges Aufsteigen, einen warmen »Zauber« auf. Er zog an meinem Magen und brachte mich zu der Hecke. Sie ragte schwarz im Mondlicht auf, hoffnungslos zugewachsen. Da gab es keine Möglichkeit, sich durchzuquetschen.
    Ein Mann schrie auf. Dann eine Frau: »Wo ist er? Wo ist der Zombie, den du uns versprochen hast?«
    »Er ist zu alt!« Die Stimme des Mannes war dünn vor Angst.
    »Du hast gesagt, Hühner sind nicht genug, also brachten wir dir eine Ziege zum Töten. Aber kein Zombie. Ich dachte, du bist gut darin.«
    Ich fand ein Tor in der Hecke auf der gegenüberliegenden Seite. Das Metall war rostig und in seinem Rahmen verzogen. Es ächzte, als ich es aufdrückte, ein metallischer Schrei. Mehr als ein Dutzend Augenpaare richteten sich auf mich. Bleiche Gesichter, die schreckliche Stille der Untoten. Vampire. Sie standen zwischen den alten Grabsteinen des kleinen Familienfriedhofs und warteten. Niemand wartet so geduldig wie die Toten.
    Mir am nächsten stand der schwarze Vampir aus Nikolaos' Höhle. Mein Puls beschleunigte sich, und ich suchte hastig die Gruppe ab. Sie war nicht da. Gott, ich danke dir.
    Der Vampir lächelte und sagte: »Bist du gekommen, um zuzusehen... Animator?« Hätte er etwa fast »Scharfrichter« gesagt? War es ein Geheimnis?
    Wie auch immer, er winkte die anderen zur Seite und ließ mich die Vorstellung ansehen. Zachary lag auf dem Boden. Sein Hemd war nass von Blut. Man kann keine Kehle aufschlitzen, ohne sich ein bisschen schmutzig zu machen. Theresa stand über ihm, die Hände in die Hüften gestemmt. Sie war schwarz gekleidet. Die einzige Haut, die man sah, war ein Streifen am Bauch, der beinahe leuchtete. Theresa, Herrin der Finsternis.
    Ihr Blick schnellte zu mir herüber, dann richtete sie ihn wieder auf den Mann. »Nun, Zachary, wo ist unser Zombie?«
    Er schluckte hörbar. »Er ist zu alt. Es ist nicht genug von ihm übrig.«
    »Nur hundert Jahre alt, Animator. Bist du so schwach?«
    Er schaute zu Boden. Seine Finger gruben sich in die weiche Erde. Er schoss mir einen Blick zu. Ich wusste nicht, was er mir mit diesem Blick mitteilen wollte. Dass er Angst hatte? Dass ich rennen sollte? Ihm helfen sollte? Was?
    »Was nützt ein Animator, der keine Toten wecken kann?«, fragte Theresa. Sie ließ sich plötzlich neben ihm auf die Knie fallen und fasste ihn bei den Schultern. Zachary zuckte zusammen, versuchte aber nicht, ihr auszuweichen.
    Die Welle einer angedeuteten Bewegung lief durch die übrigen Vampire. Ich konnte fühlen, wie sich der ganze Kreis hinter mir anspannte. Gleich würden sie ihn töten. Die Tatsache, dass er den Zombie nicht erwecken konnte, war nur ein Vorwand, gehörte zum Spiel.
    Theresa riss ihm das Hemd vom Rücken. Es flatterte um seine Unterarme, steckte noch in der Taille. Ein kollektiver Seufzer ging durch die Gruppe.
    Um seinen rechten Oberarm trug er ein gewebtes Band mit eingearbeiteten Perlen. Es war ein Gris-Gris, ein Voodoo-Talisman, aber er würde ihm jetzt nichts nützen. Egal was das Ding bewirken sollte, es würde nicht reichen.
    »Vielleicht taugst du als Frischfleisch?«, flüsterte Theresa in ihr Publikum. Die Vampire begannen sich zu nähern, leise wie der Wind im Gras.
    Ich konnte nicht einfach zusehen. Er war ein Kollege und ein menschliches Wesen. Ich konnte ihn nicht einfach umkommen lassen, nicht so, nicht vor meinen Augen.
    »Wartet«, sagte ich.
    Niemand schien mich zu hören. Die Vampire rückten näher und versperrten mir die Sicht auf Zachary. Wenn ihn einer biss, würde die Raserei losgehen. Ich hatte das schon einmal erlebt. Ich würde die Albträume nie mehr loswerden, wenn ich es nochmal mit ansehen müsste.
    Ich erhob die Stimme und hoffte, dass sie zuhörten. »Wartet! Gehört er nicht zu Nikolaos? Nennt er sie nicht seinen Meister?«
    Sie zögerten, dann teilten sie sich vor Theresa, die mit großen Schritten zwischen ihnen hindurchkam, bis sie vor mir stand. »Das ist nicht Ihre Sache.« Sie starrte mich an, und ich hielt ihrem Blick stand. Eine Sorge weniger.
    »Ich mache es zu meiner Sache«, erwiderte ich.
    »Wollen Sie ihm in den Tod folgen?«
    Die Vampire erweiterten ihren Kreis, um mich mit einzuschließen. Ich ließ sie. Es gab sowieso nicht viel, das ich dagegen tun könnte. Entweder holte ich uns beide lebend da raus oder ich würde ebenfalls sterben,

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