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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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schnippte mit dem Finger. Ria sagte: »Wenn ihr mich fragt ...«
    »Sie hat ein Alibi«, unterbrach Ben. »Sie sagt, sie war in der fraglichen Zeit bei einem Kollegen namens Traube, und der bestätigt es in allen Details.«
    »Weitere Zeugen?«, fragte Brauning.
    »Nein. Als ich Traube darauf ansprach, führte er sich auf wie Rumpelstilzchen.«
    Ria schüttelte ihre Locken. »Ein windiges Alibi«, insistierte sie.
    »Was würdest du tun?«, fragte Ben.
    »Vielleicht war sie wirklich bei Traube, hat aber den Mord zuvor in Auftrag gegeben. Vielleicht ist der Grauhaarige, den der Junge im Treppenhaus gesehen hat, ein Auftragskiller gewesen.«
    »Vielleicht, vielleicht.«
    »Eine Festnahme gibt es nicht ohne Beweise. Finger weg!« Rottweilerbellen. »Für die Statistik des Staatsanwalts zählt nur die Quote der Verurteilungen. Wenn der die Möglichkeit sieht, dass ein Anwalt den Angeklagten rauspaukt, dann erhebt er erst gar nicht Anklage. Und eine wie die Fabian kann sich verdammt gute Anwälte leisten. Leute, ihr kennt das doch: Ein Festgenommener, den wir wieder laufen lassen müssen, weil der Staatsanwalt ihn nicht will, der ist nicht gut für unsere Statistik. Also, solange wir das Alibi der Fabian-Tochter nicht widerlegen können oder sonst wie Beweise haben, gibt es keine Festnahme, verstanden?«
    Ben beschwichtigte: »Ist doch klar, Chef. Ich nehme die Frau unter die Lupe.« Er spürte den Seitenblick von Ria und fuhr fort: »Ich fasse zusammen: Wir haben eine Stieftochter, die mit Fabian gestritten, aber ein Alibi hat. Und wir haben die Beschreibung des Grauhaarigen. Phantombild?«
    Brauning nickte. »Ja. Sobald wie möglich an alle Dienststellen, aber noch nicht an die Medien.«
    »Organisierst du das, Ria?«, fragte Ben, während Brauning versuchte, den Polizeizeichner telefonisch zu erreichen.
    »Ja, mach ich.«
    »Und wenn du schon rausfährst, kannst du auch noch mal bei Schmitz klingeln. Der soll sehr neugierig sein. Vielleicht hat er etwas bemerkt.«
    Ria nickte.
    »Und außerdem ...«
    »Ich weiß. Außerdem die anderen Nachbarn, die wir am Vormittag nicht angetroffen haben. Na prima, das kann spät werden. Dann wünsch ich schönen Feierabend.«
    »Von wegen Feierabend«, sagte Ben. »Ich fahre noch einmal zur Stieftochter raus. Das kann auch spät werden.«
    Die Kollegen grinsten. Ria verdrehte die Augen.
     
     
    14.
     
    Scheißventilator. Das Ding war eine Enttäuschung.
    Tom putzte seine schweißverschmierte Brille und starrte das blöde, surrende Ding an. Gequirlte Heißluft. Gut zum Haaretrocknen, doch der Raum blieb so heiß wie eine Sauna in der Wüste, falls es so etwas gab. Nach einem kalten, verregneten Frühjahr nun das andere Extrem. Den ganzen Nachmittag hatte die Sonne in den Raum geknallt. Es war das mieseste Büro der gesamten Festung, mutmaßte Tom. Wahrscheinlich hatte er es deswegen bekommen, als Neuling im zweiten Kommissariat – Sitte, Rauschgift, vermisste Personen. Ein Scheißkommissariat.
    Toms Schicht ging endlich zu Ende. Zwei Kollegen hatten die weitere Observierung Spaghetti-Enzos übernommen. Der junge Dealer war jetzt bei seiner Freundin. Wenn die beiden Kollegen Glück hatten, würde es für sie immerhin eine ruhige Nacht werden – bei angenehmeren Temperaturen.
    Siebzehn Uhr. Noch genug Zeit für den Supermarkt. Tom hatte versprochen, beim Grillabend der Eltern für das Essen zu sorgen.
    Seinen Bericht hatte er getippt: die Entdeckung des Depots, der Weiterverkauf an die Kleindealer. Ein guter Bericht. Tom war zufrieden. Wenn die Sonderkommission Koks die Hintermänner des Jungen schnappte, würde ein gehöriges Stück des Erfolges auf ihn abfallen. Und mit einer guten Beurteilung durch den dicken Fröhlich könnte er es ins K1 schaffen. Braunings Abteilung, das Sprungbrett. Tom verschloss seine P6 in der Schreibtischschublade.
    Er dachte an Nackensteaks und Bratwürste, als das Telefon klingelte.
    Es war Sinead O'Connor aus dem Bus. Eigentlich hatte Tom ihr seine Visitenkarte nur aus Prahlerei gegeben. Doch sein Adrenalinspiegel explodierte, und er verstand nur Watzmann. Die Maskenbildnerin musste alles zweimal sagen, bis er kapierte: Sie wollte mit ihm auf ein Sommerfest gehen, das ihr Arbeitgeber am Dienstagabend veranstaltete. Sie hatte zwei Karten, und Tom sollte sie morgen bei sich zu Hause abholen.
    Das Kribbeln in Toms Brust war wieder da. Er hörte ihr Lachen, und er sagte Ja. Sinead hieß Jeannette. Sie sprach von Stars, Musik und fun, und Tom dachte daran,

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