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Bittere Delikatessen

Bittere Delikatessen

Titel: Bittere Delikatessen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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Beerdigung gehen?«
    Ben hakte nach: »Sie müssen doch eine Erklärung für das Verhalten von Nora Fabian haben!«
    Leo Falk geriet in Rage: »Hysterie, Tablettensucht, Stress! Schock, geistige Verwirrung, was weiß ich? Eine völlig überdrehte Filmdiva! Fragen Sie doch die Fabian selbst!«
    »Leo, nicht so laut. Wir sind auf dem Friedhof.«
    »Jedenfalls habe ich keine weiteren Erklärungen abzugeben! Es war ihre Entgleisung, nicht meine!« Der Mann zog die kleine Frau zum Ausgang.
     
     
    35.
     
    Tom war zum ersten Mal in der Chefetage. Hier hatten sie sogar im Flur Teppichboden statt Linoleum. Er putzte den Schweiß von seiner Brille, bevor er das Vorzimmer betrat.
    »Der Kriminaloberrat spricht gerade«, beschied ihm die Sekretärin. Bereits sie strahlte auf ihn mehr Autorität aus als Fröhlich, sein Vorgesetzter im K2.
    Sie wies Tom einen Stuhl zu. Es gab sogar Zeitschriften, wie in einem Wartezimmer. Tom warf nur einen Blick darauf. Gewerkschaftsblätter. Er schickte der Sekretärin ein zaghaftes Lächeln, doch sie ignorierte ihn.
    Tom spürte eine Aura von Macht. Einer wie Sonntag war nicht nur Kripochef. So einer war auch Parteimitglied, Berater des Ministers, Funktionär in vielen Gremien. Das wusste er von seinem Vater.
    »Jetzt hat er aufgelegt. Sie können hineingehen, Herr Swoboda.«
    Clemens Sonntag war ein schmaler Mann. Ein grauer Seemannsbart zog sich als strenge, schmale Linie um sein Kinn. Trotz der Hitze trug er Anzug und Krawatte. Er begrüßte Tom freundlich. »Sie sehen Ihrem Bruder sehr ähnlich, wenn man sich mal die Brille wegdenkt. Michael Swoboda – er wäre jetzt bestimmt schon Hauptkommissar.«
    Tom quälte sich ein Lächeln ab. Ein Ventilator surrte. Das gleiche Gerät, das auch er in seinem Zimmer hatte. Nur schien es hier zu wirken.
    Small Talk. Clemens Sonntag und Alfred Swoboda waren gemeinsam Streife gefahren. Das musste in den Sechzigerjahren gewesen sein. Beide hatten als Partner Karriere gemacht, erst bei der Schutzpolizei, dann bei der Kripo. Sonntags Ton klang familiär, doch Tom fühlte sich auf dem Prüfstand.
    Er begann zu ahnen, was der Zweck des Gesprächs sein sollte. Schließlich platzte er heraus: »Hat mein Vater Sie gebeten, ein Auge auf mich zu werfen?«
    Der Kripoleiter lächelte. »So ähnlich hat er es ausgedrückt.«
    »Ich will keine Protektion, Herr Sonntag. Ich will behandelt werden wie jeder andere auch. Keine Vorteile, nur weil Sie und mein Vater befreundet sind.«
    »Das ist sehr ehrenhaft, Thomas, und Sie bekommen auch keine Protektion. Weder Vor- noch Nachteile. Solange ich die Kripo leite, gibt es keine Seilschaften, keine Kungeleien. Die Stadt hat das Recht auf eine saubere Polizeibehörde. Kein Schlendrian, keine Korruption, keine Entgleisungen. Dafür stehe ich. Die Zeiten von Bollmann sind ein für alle Mal vorbei. Das ist meine Botschaft, und ich kämpfe dafür, dass sie sich endlich auch in der öffentlichen Meinung durchsetzt. Aber jetzt zur Sache – Fröhlich gibt Sie frei für die Mordkommission Fabian?«
    »Ja, sie vermuten, dass der Fall etwas mit Rauschgift zu tun hat.«
    Seine anfängliche Begeisterung über die Aussicht, im K1 mitarbeiten zu können, hatte sich inzwischen gelegt. Seit Stunden grübelte Tom darüber nach, warum man ausgerechnet ihn schickte, obwohl er erst seit drei Wochen dabei war und noch nicht viel Ahnung hatte.
    Doch Sonntag schien solche Bedenken nicht zu haben. »Prima! Dort können Sie Ihren Spürsinn zeigen. Braunings Leute treten auf der Stelle. Sie kommen nicht weiter. Sie brauchen so was wie einen echten Swoboda.« Der hagere Mann machte den Eindruck, als meinte er das tatsächlich ernst. Tom schluckte.
    »Und ich habe zusätzlich einen Auftrag für Sie, Thomas. Einen Sonderauftrag. Es geht um Kriminaloberkommissar Engel, der die Kommission leitet. Kennen Sie die Abteilung Innere Dienste? «
    »Hat das etwas mit der Verwaltung zu tun?«
    Sonntag lächelte milde. »Nein. Ich will es so erklären: Ein Kripoleiter muss seinen Laden kennen. Deshalb braucht er Informationen, die über das hinausgehen, was Kommissariatschefs in ihre Beurteilungen schreiben. Unabhängige Informationen von Leuten, die mir direkt unterstehen und von denen keiner weiß, dass sie mir zuarbeiten. Zuverlässige Leute, die nicht darüber plaudern. Das ist das Prinzip der Abteilung Innere Dienste. «
    Tom nickte. Ein Geheimdienst. Die Russen hatten das früher Kaderkontrollkommission genannt. Stalin hatte mit solchen Instrumenten

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