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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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Wagen gehören könnte. Was aber nichts
heißt. Sag mal, hast du eine Ahnung, was Brechtmann privat
treibt?«
    »Nicht wirklich.
Er gehört einem Club an, der sich angeblich sozial
schwächeren Schichten annimmt. Aber das passt nun wirklich
nicht zu Brechtmann. Eine Maskerade, um den wohlwollenden Medizinmann
raushängen zu lassen, mehr ist das nicht.« Sie leerte
ihren Latte, wischte sich den Schaum über dem Mund mit dem
Handrücken ab und bestellte bei der Bedienung Nachschub.
»Du hast heute Mittag erzählt, dass es einen Toten
gegeben hat. Einen Patienten, der Brechtmann quasi unter dem Messer
gestorben ist. Man hat ihn schnell verschwinden lassen und
argumentiert, dass er sich im Falle eines Todes die Verbrennung
gewünscht hatte…«  
    »Deshalb hatte
ich dich angerufen. Und das ist vermutlich auch der Grund, weshalb
ich verfolgt werde.« Ein ängstlicher Blick durch die
Glasfront nach draußen. Passanten schlenderten vorüber.
Niemand schien sich für Danni zu interessieren. »Ich
hatte keine Möglichkeit, dir das in der Klinik zu
erzählen.« Danni zog ihre Handtasche hervor und
wühlte darin herum. Dann zog sie einen zusammengerollten
Schnellhefter hervor. »Die Akte des Patienten. Die
inoffizielle Krankenakte, wenn du so willst. Dürfte dich als
Reporter interessieren, Stefan.« Ein Augenzwinkern.
»Aber bitte halt mich da
raus.«       
    »Versprochen.« Stefan
nahm den Schnellhefter an sich und blätterte darin herum, doch
Danni packte ihn am Handgelenk. »Nicht hier«,
stieß sie hervor. »Ich werde verfolgt, hörst du
mir nicht zu?« Sie blickte durch die große Glasfront
des Cafés nach draußen. »Wir sitzen hier fast
auf dem Präsentierteller. Pack das Ding weg und lies es dir zu
Hause durch, aber nicht hier. Ich hänge an meinem Leben, und
irgendetwas sagt mir, dass ich da eine heiße Geschichte
aufgetan habe.«
    »Erzähl
mir, was drinsteht.« Er legte den Hefter auf den Schoß
und beide Hände flach auf den Pappdeckel.
    »Das ist die
Krankenakte von Franz Dahlhaus. Dem Patienten, der Brechtmann unter
dem Skalpell gestorben ist. Wie ich heraus gefunden habe, gibt es
zwei Krankenakten, eine offizielle… und diese hier. Ich kann
mit einem der Assistenzärzte ganz gut, und deshalb hatte ich
Zugriff auf die Akte. Er weiß es nicht. Aber zurück
zu Dahlhaus. Es
war keine Operation im eigentlichen Sinne - es war eine recht
einfache Behandlung. Sagt dir der Name BPSD
etwas?«
    »Nein, klär
mich auf. Ist das eine Krankheit?«
    »Ja - Demenz
oder Alzheimer. Es gibt verschiedene Mittel, um den Verfall zu
behandeln. Man erhöht den Acetylcholinspiegel im Gehirn,
wodurch die Signalweiterleitung der Neuronen verbessert wird. Nicht
ganz ungefährlich, aber diese Mittel mindern die
Aktivität von Acetylcholinesterase. Das ist das wichtigste
Enzym beim Abbau von Acetylcholin im synaptischen Spalt. So kann
man Wahnvorstellungen mindern.«
    »Verschon mich
mit Fachchinesisch!« Stefan hob abwehrend beide Hände.
»Erklär es mir so, dass es ein einfacher Radioreporter
auch versteht!«
    Danni lachte
amüsiert, dann fuhr sie fort. »Der Patient leidet unter
Störungen im Gehirn. Depressionen, Schlafstörungen und
Wahnvorstellungen gehören zum Krankheitsbild. Dahlhaus war
Ende fünfzig und litt schwer an Demenz. Bei ihm waren es die
Wahnvorstellungen, die sein Leben zu einem einzigen, wahren
Albtraum machten. Kein Medikament konnte ihm helfen. Allerdings
versprach Brechtmann ihm ein Mittel, das Abhilfe schaffen
würde. Nicht in Form einer Tablette, nicht als Spritze. Es
gibt ein neumodisches Gerät, das dem Patienten eingepflanzt
wird und das kontinuierlich den Wirkstoff
abgibt.« 
    »Das kenne ich
als Verhütungsmittel«, grinste Stefan. »Und ich
kenne es als Behandlungsmethode bei Diabetes. Dieses Gerät
schüttet das Insulin gleichmäßig
aus.«
    »Richtig, das
ist vergleichbar.« Danni nickte. Der zweite Latte kam an den
Tisch. Sie tunkte das Plätzchen in die Sahne und knabberte
daran. »Nur mit dem Unterschied, dass diese
Behandlungsmethode noch nicht freigegeben wurde.«
    »Brechtmann
macht Experimente.« Stefans Augen wurden groß.
»Und du hast es schriftlich.« Danni deutete auf den
Schnellhefter unter dem Tisch. »Sein Patient, Dahlhaus, war
Versuchskaninchen, ohne es zu wissen. Demenz zu
behandeln ist eine Wissenschaft für sich. Es gibt
unzählige Studien mit den unterschiedlichsten Ergebnissen.
Alle Studien kommen jedoch immer zum gleichen Schluss: Die Einnahme
von Psychopharmaka sollte

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