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Bittere Pille

Bittere Pille

Titel: Bittere Pille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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die in gebückter Haltung mit einem Trolley am
langen Arm nach Hause schlich. Zwei Jugendliche, die grölend
in Richtung Alter Markt marschierten, die ausgebeulten Jeans auf
Halbmast, die Baseballcaps schräg auf den Köpfen.
Ulbricht schnippte den Zigarettenstummel über die
Brüstung. Die Kippe glühte im Wind kurz auf wie ein
wütendes Glühwürmchen, bevor sie auf der
Straße landete und dort erlosch. Er wandte sich ab und begab
sich ins Wohnzimmer. Ulbricht ließ sich auf das Sofa sinken.
Fernbedienung, Dauerfeuer. Bei Jauch blieb er hängen und
überlegte sich, was er mit einer Million Euro anfangen
würde. Für einen kleinen Mann von der Kripo eine
schier unvorstellbare Menge Geld,
für einen Mann wie Brechtmann sicherlich ein ganz nettes
Zubrot. Er fragte sich, was Brechtmann in seiner Position als
Klinikleiter verdiente. Wenn man seine Zusatzverdienste vom
Pharmakonzern, mit dem er im Graubereich kooperierte,
hinzurechnete, kam bestimmt ein ansehnliches Sümmchen
zusammen, und das jeden Monat. Der musste sich bestimmt nicht zum
Jauch auf den Stuhl setzen.
    Ulbricht fragte sich,
ob Brechtmann auch in der Lage war, drei Morde zu begehen, um sich
diesen Verdienst auch künftig nicht entgehen zu lassen. In
Anbetracht seiner üppigen Einnahmen hatte er für die
Drecksarbeit sicherlich seine Leute. Nur wer kam für die
Aufgabe, zu morden, in Betracht? Klinikpersonal ganz sicher nicht.
Ein guter Freund? Nein, Freunde eines Mediziners stammten aus der
gleichen Gesellschaftsschicht, verdienten selber gut und waren an
Luxus gewöhnt. Niemand würde für ihn, nur zum
Gefallen, drei Morde begehen. Es musste jemanden geben, der auf das
Geld von Brechtmann angewiesen war. Was verdiente man wohl an einem
Auftragsmord? Zehntausend Euro? Hunderttausend? Ulbricht wusste es
nicht. Vielleicht gab es auch jemanden in Brechtmanns Umfeld, der
erpressbar war. Jemanden, der Dreck am Stecken hatte, wovon
Brechtmann wusste. Damit hatte er ihn in der Hand und konnte ihn
zwingen, zu morden, um ihm den Rücken freizuhalten.
    Jauchs Fragen prallten
an Norbert Ulbricht ab. Sein Denken galt schon wieder dem Fall. Im
Flur schlug erneut das verdammte Telefon an. Heute nicht mehr,
dachte er. Hatte er eigentlich niemals Feierabend? In der
Werbepause stand er auf, stapfte in die Küche und angelte sich
das zweite Bier aus dem Kühlschrank. Er verspürte Hunger
und fand ein Stück Fleischwurst und zwei trockene
Brötchen, die vom Vortag übrig geblieben waren. Zeit zum
Frühstücken hatte er ja nicht gefunden. Er nahm Wurst,
Brötchen und Bier und kehrte ins Wohnzimmer zurück.
Langsam ergriff die Müdigkeit von ihm Besitz. Er kehrte zur
Couch zurück und legte die Füße hoch. Nach dem zweiten Schluck von
seinem Bier war er eingeschlafen.

49
    Weinberg, 20:30
Uhr
    »Guck dich
bloß nicht um, hier wohnt ein Junggeselle«, warnte
Kalla sie, als er die Haustür des Altbaus aufschloss.
Fliesenboden im Flur, verbeulte Blechbriefkästen und
ausgetretene Holzstufen, die nach oben führten.
    »Nicht schlimm,
das bin ich von Stefan gewöhnt«, lächelte Heike und
folgte ihm.
    Die Tür zum
kleinen Hinterhof stand offen, ein Nachbar war damit
beschäftigt, die Platten zu fegen. Staub wirbelte in der
Abendsonne umher. Kalla bewohnte die Wohnung Parterre links. Er
schloss auf und führte Heike in das gut zehn Quadratmeter
große Wohnzimmer, das zur Straße hinaus lag. Auf dem
Sofa stand ein Korb mit ungebügelter Wäsche, das
dazugehörige Bügelbrett stand aufgeklappt vor dem
Wohnzimmertisch. Im Sessel lagen zig einzelne Socken herum.
»Ich hab eigentlich Waschtag heute«, entschuldigte sich
Kalla mit Blick auf die Wäsche. »Und das da«, er
deutete auf die frischen, aber einzelnen Socken, »das sollte
mein Sockenspiel werden. Aber normalerweise kaufe ich immer neue
Socken, wenn sich das Gegenstück nicht mehr auffinden
lässt. Ich brauche dringend eine neue Waschmaschine - die alte frisst
immer Socken, die mir dann fehlen.«
    »Das kenne
ich«, lächelte Heike. »In meiner Waschmaschine
wohnt auch ein Sockengeist.«
    Kalla zog ihr einen
Stuhl heran und bat sie, sich zu setzen. Heike ließ sich
nieder und blickte sich um. Auf einem Eckschreibtisch neben dem
Fenster befand sich der Computer. Der Tisch schien unter der Last
des riesigen Monitors zu ächzen. Kalla machte sich am Rechner
zu schaffen. »Was zu trinken?«
    »Hast du
Cola?«
    »Sogar
eisgekühlt. Nach dem langen Treck haben wir uns das verdient.«
Während das System bootete, verschwand er in der

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