Bittere Sünde (German Edition)
gespannt, ob es E-Mails oder Suchanfragen gibt, die Pedro mit den Mordopfern in Verbindung bringen.«
Roger nickte und wandte sich dann wieder seinem Bildschirm zu. Magnus fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, als er sich an seinen Schreibtisch setzte. Er hoffte, dass Jonas nur so lange fort war, weil er gründlich seinem Job nachging, aber irgendetwas sagte ihm, dass das nicht der Fall war.
Er schnappte sich den Telefonhörer und wählte zum wiederholten Male Jonas’ Handynummer. Diesmal gab es keinen Freiton, was bedeutete, dass er sich nun nicht einmal mehr orten ließ.
112
Sie suchten überall. Die Helikopter schwirrten wie aufgescheuchte Fliegen über die Wälder Brottbys. Polizisten klopften an die Türen von einsamen Hütten, standen vor dem örtlichen Supermarkt, stellten Fragen und liefen mit Taschenlampen durch den Nadelwald, doch niemand hatte Jonas Orling gesehen.
Später am Nachmittag gaben Arne und Magnus eine Pressekonferenz, und einmal mehr richteten sich die Scheinwerfer auf ihren aufreibenden Fall. Die Aufmerksamkeit war ihnen alles andere als recht und belastete sie.
»Wie kann es denn sein, dass der Polizei innerhalb so kurzer Zeit zwei Menschen entwischen, einer davon sogar selbst Polizist?« Die Redakteurin einer Abendzeitung stand auf.
»Sie sprechen von Gunvor Berggren und Jonas Orling?«, fragte Arne langsam, während er sich eine Antwort zurechtlegte.
»Von wem soll ich sonst sprechen?«
»Jonas Orling hat uns eine Nachricht hinterlassen, dass er in Brottby einem Hinweis nachgeht, einem Hinweis der unsere Ermittlungen voranbringen wird.«
»Von wem stammt dieser Hinweis?«
»Wir prüfen ihn noch, aber Sie dürfen die Zeugin gerne dazu auffordern, sich noch einmal mit uns in Verbindung zu setzen.«
»Was wollte Jonas Orling denn in Brottby?«
»Wie bereits angedeutet, ist Jonas Orling mit der Sammlung und Auswertung von Hinweisen betraut worden, die im Zuge des letzten Aufrufs an die Öffentlichkeit eingingen. Er hatte keinen tieferen Einblick in die Ermittlungsarbeit.«
»Werden Polizeianwärter nicht üblicherweise begleitet?«
Arne zögerte kurz und sagte dann trocken: »Ja, also … Da es sich um eine laufende Ermittlung handelt, darf ich Ihnen keine weiteren Details geben. Wir haben jedenfalls alle Einheiten mobilisiert, und deshalb bin ich ganz davon überzeugt, dass wir sowohl Gunvor Berggren als auch Jonas Orling bald finden werden.«
Die blonde Frau schnaufte: »Lebend?«
»Sie von der Presse wissen genauso gut wie ich, dass ich in dem Punkt keine Garantien geben kann.«
Eine andere Stimme wurde laut: »Wird
Missing People
sich auch an der Suche beteiligen?«
»Das müssen Sie dort erfragen, wir arbeiten unabhängig voneinander, also kann ich Ihnen das nicht beantworten.«
Die blonde Journalistin stand noch einmal auf. »Bei der letzten Pressekonferenz baten Sie darum, Bilder eines Zeugen namens Pedro Estrabou und das Phantombild eines Mordopfers zu veröffentlichen. Wie ist da der Stand der Dinge? Weshalb suchen Sie Estrabou? Und konnten Sie bereits klären, um wen es sich bei dem Mordopfer handelt?«
Arne hob abwehrend die Hand. »Nun aber mal langsam, eine Frage nach der anderen. Zu dem Mann konnten wir bisher keinen Kontakt aufnehmen, nein.«
»Was erhoffen Sie sich von ihm? Wird er verdächtigt?«
Arne hielt kurz inne und sagte dann: »Nein, er wird nicht verdächtigt. Aber mehr kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht sagen.«
»Was ist mit dem Opfer?«
»Wir hoffen, sie in naher Zukunft zu identifizieren.«
»Mithilfe der Medien?«, fragte die Frau.
»Nein, mithilfe der Rechtsmedizin. Wenn Sie keine weiteren Fragen mehr bezüglich Jonas Orling haben, erkläre ich diese Konferenz hiermit für beendet.«
Ein leises Murmeln setzte ein, und die blonde Journalistin setzte sich unzufrieden auf ihren Stuhl. Gerade, als Arne sich zum Gehen wandte, rief sie laut über das Stimmengewirr: »Und was ist, wenn er tot ist? Was passiert dann? Übernehmen Sie dafür die volle Verantwortung?«
Arne sah aus, als wäre ihm schlecht. Seine Antwort ging im allgemeinen Stühlerücken und Gemurmel der Journalisten fast unter. »Ja, dafür muss ich dann den Kopf hinhalten.«
113
Linn kauerte auf dem Sofa und schaute die Nachrichten im Fernsehen. Tränen brannten ihr in den Augen. Sie fühlte sich wie betäubt. Jonas hatte sie mit seiner Ruhe und seiner Freundlichkeit berührt. Wie viele Menschen seines Alters verhielten sich so rücksichtvoll und aufmerksam gegenüber
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