Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitterer Chianti

Bitterer Chianti

Titel: Bitterer Chianti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Grote
Vom Netzwerk:
«nur» 25 Euro. Es gab auch eine Abteilung Maremma, die Region lag an der Küste. Colli Senesi, die Hügel von Siena, Colli Fiorentini, die Weinberge um Florenz, Colli Pisane, die Lagen von Pisa. Ein wahres Paradies für Weinliebhaber, und ganz rechts im Schaufenster ein Weißwein aus San Gimignano, ein Vernacchia aus der Stadt mit den rechteckigen Türmen. Dorthin würde er mit Christine fahren ...

3
    Dienstag, 28. September
    Nichts! Frank wühlte zwischen vertrockneten Grasbüscheln und drehte jeden Stein um – hier hatten sie ihn niedergeschlagen, nur hier konnte ihm das Handy aus der Tasche gefallen sein, aber keine Spur von dem Ding. Er brauchte nicht weiterzusuchen, lediglich das Gras war niedergedrückt, es gab – Fußabdrücke ...?
    Er richtete sich auf und blickte nach unten, wo er den Reifen gewechselt hatte. Lag es da irgendwo? War ihm der Apparat beim Bücken aus der Brusttasche gerutscht? Weit konnte ein Handy nicht kullern, so flach, wie die Dinger waren. Er suchte an der Stelle, wo er den Wagen aufgebockt hatte, aber auch da fand er nichts.
    Einer der Prediger wird es eingesteckt haben, dachte er, doch wenn sie ein Handy klauten, wieso dann nicht die Kamera? Aber für so dumm, es zu benutzen, hielt er die beiden nicht. Handys ließen sich orten, sobald man sie einschaltete. Sollte er den Carabiniere, der gestern das Protokoll aufgenommen hatte, darum bitten? Er wird es nicht kapieren, dachte Frank, oder eher: es nicht wollen.
    Der Ärger war sofort vergessen, als Frank nach der F3 griff. Wenn er eine Kamera zur Hand nahm, trat alles andere für ihn in den Hintergrund. Wie gut, dass die Objektive auf seine diversen Kameras passten. Zusätzlich nahm er die alte Polaroid und ging den Weg zurück. Mit ihr machte er zuerst kniend eine Aufnahme von dem, was er für Fußabdrücke hielt, nur leider war der Boden zu trocken, als dass Schuhsohlen deutliche Spuren hätten hinterlassen können. Es waren jedenfalls nicht seine eigenen, die hätte er am Profil erkannt; im Gelände trug er stets halbhohe Schnürstiefel mit geriffelter Sohle. Diese Abdrücke, oder was er dafür hielt, stammten von Straßenschuhen mit glatten Sohlen, lediglich an der Hacke war ein Emblem sichtbar, ein kaum sichtbarer Kreis mit einem Querbalken: Mit solchen Schuhen liefen Winzer wohl kaum durch die Gegend. Er wedelte das Polaroid in der Luft trocken und betrachtete es lange. Der Abdruck ließ sich einigermaßen gut erkennen. Sicherheitshalber machte er mit der anderen Kamera weitere Aufnahmen, obwohl er sich lächerlich dabei vorkam, denn es erinnerte ihn an die Spurensicherung der Polizei bei Kapitalverbrechen. Und er hatte wirklich noch Wichtigeres zu erledigen. Heute musste er die Totale von Palermos Weingut aufnehmen. Der Stand der Sonne, sie war inzwischen über den Kamm des Berges hinter ihm gestiegen, war wie geschaffen dafür.
    Es gab einen wunderbaren Bildaufbau. Alle wichtigen Linien führten zur Azienda: zum einen die Rebzeilen, sie liefen von hier aus wie geharkt an den Hängen herab, links schlängelte sich zwischen zwei Hügeln idyllisch ein Bach auf das Haus zu und floss weiter ins Tal, den Weg rechts flankierte eine Reihe Zypressen. Damit hatte er einen Vordergrund und Tiefe, dazu Linien, die dem Bild Halt gaben, und im weichen Morgenlicht leuchteten die Mauern der Azienda in schönstem Ocker.
    Er machte mehrere Aufnahmen, spielte mit Blende und Schärfe und gewöhnte sich rasch wieder an die alte Kamera. Mit dem Ergebnis zufrieden, machte er sich auf den Rückweg. Inmitten dieser Umgebung schienen ihm die Ereignisse von gestern so unwirklich, bis ihn das Gebell eines Hundes aus den Gedanken riss; es kam von der Azienda.
    Wieso regte sich dort noch immer keiner? Auf den anderen Weingütern waren morgens alle auf den Beinen gewesen, doch unten bei Palermo herrschte Stille, dabei gab es so kurz vor der Weinlese sicher alle Hände voll zu tun.
    Nachdem die Kameras im Fotokoffer verstaut waren, musterte Frank die Umgebung. Er war allein, allerdings hatte er gestern erlebt, wie sehr man sich täuschen konnte. Seitdem fühlte er sich beobachtet, er wusste nicht, von wem, geschweige denn, von wo aus, und erst recht nicht, weshalb – ein unbekanntes Gefühl, denn normalerweise lag er auf der Lauer und drückte auf den Auslöser, wenn sein Objekt sich unbeobachtet fühlte.
    Die Stille ließ sich mit den Händen greifen. Frank horchte in den Morgen ... nichts. Vögel, Grillen, die Kondensstreifen eines Flugzeugs am Himmel,

Weitere Kostenlose Bücher