Bitterer Chianti
einig.»
«Niemals. So ein Unfug, völlig absurd. Das hätten wir gemerkt – und dein Kellermeister erst recht.»
«Ich bin mir sicher, dass die Proben in Ordnung waren.»
« Ecco , eine Flasche kann schlecht sein, Kork, aber beide?»
«Unwahrscheinlich. Hast du sie aus verschiedenen Abfüllungen genommen?», fragte ein Dritter, und Frank drehte sich um. Er kannte die Männer nicht, von denen der älteste mit verkniffenem Ausdruck auf den Knöcheln kaute.
«Wir fahren nach Hause. Wir müssen die abgefüllten Flaschen prüfen, wir müssen wissen, was los ist. Wenn das publik wird, wenn noch mehr schlecht ist, bin ich ruiniert...»
«Dann komm!», drängte der andere. «Aber du wirst kaum verhindern, dass es morgen in den Zeitungen steht. Die Journalisten haben die Ergebnisliste auch. Und sie brauchen einen zum Kreuzigen ...»
«Ave Maria», seufzte der Ältere, «vielleicht lässt sich noch irgendetwas retten ...»
War einer von ihnen der Winzer, dessen Probe manipuliert worden war? Soll ich ihm einen Tipp geben oder besser Scudiere, der kennt den Mann sicherlich?, dachte Frank.
Aber in dem Durcheinander war der Consultore nicht zu finden, außerdem zerrte Strozzi wieder an Frank herum. Anfangs hatte er es noch als witzig empfunden, mit der Zeit wurde der Mann jedoch lästig.
Renato Benevole rettete ihn: «Was soll er?», fragte Franks Gastgeber erstaunt den Anwalt, «er soll Sie fotografieren?» Es war offensichtlich, dass die beiden Männer sich nicht besonders mochten.
«Dafür bezahlen wir ihn schließlich.»
Renato Benevole schüttelte den Kopf. «Das ist Signor Gatow, mein Gast, unser Gast, ein deutscher Fotograf, er arbeitet für einen deutschen Verlag. Er macht einen Weinführer.»
Mit verblüffender Selbstverständlichkeit wechselte Avvocato Strozzi den Ton: «Wunderbar, herzlich willkommen im Chianti! Da habe ich mich leider vertan. Aber Sie waren der Einzige, der gearbeitet hat, typisch für die Deutschen. Sie verzeihen es einem Unwissenden? Man hat mich nicht informiert. Mein Name ist Strozzi, ich bin Rechtsanwalt in Florenz. Molto piacere , sehr angenehm. Wirtschaftsfragen, Investitionen, Strukturförderung ...», er schüttelte Franks Hand.
«... außerdem Abgeordneter, Ehrenvorsitzender des Sportbundes, Vizepräsident des Tourismusverbandes, im Rat der nationalen Wirtschaft, der beste Abzocker von EU-Millionen zur Strukturförderung und mit besten Beziehungen – auf allen Ebenen ein Politiker, angetreten, um unsere Nation zu retten», setzte Renato Benevole sarkastisch hinzu.
«Neidisch, Signor Benevole? Das hier ist wohl kaum der richtige Ort für politisches Gezänk», fuhr ihn Strozzi an, und Benevole wandte sich mit einer eindeutigen Handbewegung verächtlich ab.
«Keine politische Kultur», fuhr Avvocato Strozzi fort und zog Frank am Arm weiter. «Sie müssen das entschuldigen. Die Menschen sind erregt, mein lieber Signor Gatow, womöglich ist sein Wein», er machte eine Kopfbewegung in Richtung Benevole, «nicht so gewürdigt worden wie gewünscht. Meiner hingegen hat wie immer die Jury überzeugt.» Der Anwalt lachte und zeigte die strahlend weißen Zähne. «Ich bin an den Fotos sehr interessiert. Ich bezahle sie selbstredend, daran soll’s nicht liegen, wenn Sie den Film entwickeln und mir zukommen lassen ... Halt!» Vertraulich senkte er die Stimme. «Wie wäre es denn, wenn Sie mich auf Castello d’Aquila besuchen kämen?»
«Ein Besuch bei Ihnen steht sowieso auf meinem Arbeitsprogramm, Signor Deputato. Es ist mir eine Ehre.» Mit Floskeln kannte Frank sich aus, und er schilderte dem Avvocato seine Aufgabe. Dabei suchte er zwischendurch nach der Unbekannten, die ihn so sehr in ihren Bann gezogen hatte. Er fand sie angeregt plaudernd inmitten einer Gruppe von Männern. Sie sieht nicht aus wie eine, die sich duckt, dachte Frank. Frauen, die dem Mann nach dem Munde redeten und ihm die Initiative überließen, konnte er nicht ausstehen, solche Frauen wurden rasch langweilig.
Aber einstweilen musste er sich um den Anwalt kümmern. War Strozzi tatsächlich eine wichtige Nummer im Consorzio, oder tat er nur so? Um die Konversation nicht einschlafen zu lassen, könnte er ihn eigentlich fragen, ob er von jenen Strozzi abstamme, die im Florenz des 15. Jahrhunderts eine wichtige Rolle gespielt hatten. Oder sollte er ihn ganz direkt fragen, weshalb er Proben manipulieren ließ?
«Meine Karte», sagte Strozzi und machte tatsächlich eine leichte Verbeugung. «Wo sind Sie zu
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