Bitterer Jasmin
Theater, dann passiert Ihnen nichts.«
»Warten Sie noch«, flehte Eileen ihn an. »Bitte, warten Sie! Was haben Sie vor – warum haben Sie mich entführt?«
Peters schloß die Tür. Er suchte in seinen Taschen nach Zigaretten, holte ein Päckchen heraus und zündete sich eine an.
»Sie sind ja vollkommen fertig«, sagte er. »Setzen Sie sich doch.«
Ohne den Blick von ihm zu wenden, setzte sie sich.
»Was versprechen Sie sich eigentlich davon?« fragte sie. »Ich verstehe das Ganze nicht. Ich bin doch nie in Palästina gewesen.«
»Wir haben nichts gegen Sie«, sagte Peters. »Wir wollten Ihr Kind entführen. Es wäre ihm nichts passiert, wir sind ja vernünftige Leute.« Er zog an seiner Zigarette; ihr bot er keine an.
»Vernünftig? Ein kleines Kind entführen nennen Sie vernünftig? Und mich hätten Sie erschossen, wenn ich mich im Auto gerührt hätte?«
»Ja«, antwortete er. »Wir haben eine Aufgabe zu erfüllen; da darf nichts in die Quere kommen. Und was Sie betrifft, war es Ihr Pech, daß Sie gerade da waren und statt des Kindes mitgenommen wurden. An Ihnen sind wir nicht interessiert, aber wir können Sie auch verwenden. Ob lebendig oder tot, ist ziemlich egal. Lassen Sie sich also nichts einfallen. Ich bringe Ihnen jetzt etwas zu essen.«
Er ging hinaus, sie hörte, wie er den Schlüssel umdrehte. Eileen stand auf und sah sich um; als erstes lief sie zum Fenster und machte es auf. Es öffnete sich nach innen; das Drahtnetz draußen war steif und gut befestigt. Man sah auf eine Meeresbucht. Nach unten zu schauen war unmöglich. Sie inspizierte das Badezimmer; dort war das Fenster ebenfalls vergittert, der Blick ging auf die gleiche Küstenlinie hinaus. Auch das Badezimmer war nur sehr einfach eingerichtet: offenbar hatte man sie in ein Mädchenzimmer einquartiert: Als Eileen sich im Vorübergehen im Spiegel erblickte, erschrak sie. Ganz verhärmt und unordentlich sah sie aus. Sie wusch sich das tränenverschmierte Gesicht mit kaltem Wasser. Seife und Handtuch waren nicht vorhanden, sie mußte sich an der Bettdecke abtrocknen. Das Zimmer war sehr heiß und stickig. Erschöpft legte sie sich aufs Bett. Als sie fast am Einschlafen war, öffnete sich die Tür, der Amerikaner kam mit einem Tablett herein, das er neben dem Bett abstellte. »Sie bekommen drei Mahlzeiten pro Tag«, sagte er. »Und wenn Sie was brauchen, können Sie Madeleine darum bitten. Sie wird nachher das Geschirr wegräumen.«
»Wenn das die Frau ist, die mein Kind ermorden wollte, dann schicken Sie sie ja nicht herauf. Die bitte ich bestimmt um nichts.«
Er zuckte mit den Achseln. »Wie Sie wollen. Dann kommt eben Renais herauf.«
Wieder erschrak sie; sie wußte selbst nicht, warum. Aber mit dem Franzosen wollte sie nicht allein im Zimmer sein. »Nein! Den auch nicht. Ich lasse nur Sie rein. Sie sind hier verantwortlich.«
Peters hatte nicht die Absicht, viel Zeit mit ihr zu verschwenden. Für ihn war sie nicht so sehr Mensch, eher ein Objekt. Er wollte das Tablett schon abstellen und wieder hinausgehen. Bei dem Wort ›verantwortlich‹ stockte er und sah sie an.
»Ich bin für gar nichts verantwortlich, Mrs. Field, außer dafür, daß Sie nicht entfliehen. Und Sie können mir doch nicht hier diktieren, wer heraufkommt und wer nicht.«
Eileen erhob sich und baute sich vor ihm auf.
»Sie haben mich entführt«, funkelte sie ihn an. »Sie haben mich mit Gewalt hierher geschleppt und halten mich aus einem Grund fest, von dem ich überhaupt nichts weiß. Zum Glück habt ihr nicht mein kleines Mädchen hier eingesperrt. Wie hättet ihr denn die behandelt?«
»Genauso gut wie Sie«, sagte Peters, »solange Sie sich benehmen.«
Sie wandte sich von ihm ab. Er hatte eiskalte Augen. Einen Augenblick war sie so zornig gewesen, daß sie ihn aus der Reserve locken wollte. Er reagierte aber nicht, und ihr war, als stünde sie einer Maschine gegenüber. Sie begann zu weinen.
»Es ist keine Seife da und keine Handtücher. Ich habe mich an der Bettdecke abtrocknen müssen. Ich habe keine Kleider da, nicht einmal einen Kamm. Und Ihr Essen will ich nicht – ich werde nichts essen!«
»Wie Sie wollen«, sagte er wieder, ging hinaus und versperrte die Tür.
Eileen weinte weiter, bis sie keine Kräfte mehr hatte. Auf einem Tablett stand auch eine Wasserkaraffe. Sie war sehr durstig und trank fast alles aus. Das Essen ließ sie unberührt. Der Ausbruch hatte sie etwas erleichtert. Sie fühlte sich klarer im Kopf, und ihre eigene Angst
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