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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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sich wünschen würde. Aber für einen Experten in Sachen Flora und Fauna, der in seinem Laboratorium mit Heilmitteln und Giften experimentierte, bestimmt ein Augenschmaus. Der gute Gianni traf allerdings nur auf Eva, die in Abwesenheit ihrer Herrschaft hier die Zügel in der Hand hielt.« Gersdorf machte einen Schritt auf die Magd zu, die ihn hasserfüllt anfunkelte. »Wie hast du es fertiggebracht, ihm sein Geheimnis zu entlocken? Hast du ihn in dein Bett eingeladen? Vermutlich bekam er eine Liebesnacht, brachte dir bei, was er wusste, und wurde dafür rasch aus dem Weg geräumt. Das, was er dem Apotheker zur Begutachtung mitgebracht hatte, kam dir für deine Pläne wie gerufen.«
    »Aber was wollte er meinem Onkel überbringen?«, fragte Maria aufgeregt. »Gift?«
    »Gift? Jawohl, das könnte man wohl sagen. Schleichendes Gift.« Gersdorf gab Emil an der Tür ein Zeichen, worauf der junge Mann in die Halle verschwand, kurz darauf aber mit einem Holzkasten zurückkehrte. Der Kasten war rechteckig und besaß eine Öffnung im Deckel, die mit einem kleinen Schiebegitter und einem Riegel versehen war. Gersdorf nahm den Kasten, öffnete die Lade und forderte die zur Salzsäule erstarrte Magd auf, ihre Hand durch die Öffnung des Kastens zu stecken. Eva sprang fluchend zurück, wurde aber von Pfarrer Posener aufgehalten, der ihren Arm packte und sie zu dem Kasten zerrte.
    »Nein!«, kreischte Eva entsetzt. »Benedictus, steh nicht herum und glotze! Hilf mir!«
    »Warum soll der Physikus dir helfen? Kann es sein, dass er genau weiß, wie tödlich das Gift ist, das sich in dem schmucken Kasten befindet? Weil er es für dich in Verwahrung genommen hat, nachdem du es dem unglücklichen Mailänder gestohlen hattest?«
    Der Stadtarzt brach schluchzend am Tisch zusammen, wobei er sein Glas umstieß; wie Blut ergoss sich der Rotwein über das weiße Tafeltuch. »Es war nicht meine Idee, sie hat mich überredet. Hat mir viel Geld vom Erbe versprochen. Damit hätte ich meine Schulden bezahlen können. Ich habe das Vieh nur zurück in den Kasten gelockt, mit Mäusen und anderem Getier.«
    »In dem Kasten ist eine giftige Schlange, nicht wahr?« Maria schlug die Hand vor den Mund. Sie begriff erst in diesem Moment, in welcher Gefahr auch sie und der kleine Valentin geschwebt hatten.
    Gersdorf schüttelte den Kopf. »Nicht in diesem Kasten, meine Liebe. Der enthält nur ein paar alte Knochen. Aber Evas und Poseners Entsetzen sollte uns Beweis genug sein, dass sie von der Schlange wussten. Sooft Eva sie benötigte, ging sie ins Haus des Physikus, um den Kasten zu holen und ihn in die Schlafkammern ihrer Opfer zu stellen. Dann musste sie nur noch die Klappe öffnen und das Unheil nahm seinen Lauf. Wer wäre nicht so neugierig, einmal hineinzugreifen?«
    Eva wurde kreidebleich. Einen Moment blieb sie einfach stehen, als beträfe sie die ganze Sache nicht. Dann stürzte sie zum Fenster, wo sie behände auf das Gesims sprang und den rechten Flügel aufstieß. Die kalte Nachtluft drang ins Speisezimmer; sie ließ die Anwesenden frösteln und brachte die Kerzenflammen zum Flackern.
    »Bleibt, wo ihr seid!«, schrie die Magd hysterisch. »Keinen Schritt weiter!« Sie fasste Maria scharf ins Auge. »Mein Plan wäre geglückt, wenn du nicht deinen Galan ins Haus gebracht hättest, Cousine!« Sie lachte schrill. »Das war ein Fehler. Ich hätte dir nachdrücklicher zureden sollen, ihn zu verlassen. Vielleicht wäre er dann gar nicht nach Krumau gekommen.«
    Also daher wehte der Wind. Nun begriff Gersdorf, warum Maria sich so merkwürdig distanziert gegeben hatte. Eva musste versucht haben, sie zu beeinflussen. Vermutlich hatte sie ihr eingeredet, mit ihrer Ankunft sei tatsächlich ein Fluch oder ein böser Geist ins Haus gezogen. Wie einsam und hilflos musste sich Maria gefühlt haben.
    Noch bevor Gersdorf oder einer der anderen Männer das Fenster erreichten, sprang Eva mit einem wilden Schrei in die Dunkelheit hinaus. Maria schlug die Hand vor den Mund, um ein Schluchzen zu unterdrücken. Gersdorf nahm ihre Hand. Auch ohne aus dem Fenster zu sehen, wusste er, dass dort unten nichts mehr zu machen war. Es war vorbei. So bald würde im Haus Taborius niemand mehr sterben, vorausgesetzt, der alte Apotheker kam wieder auf die Beine. Er war schwach, aber zum Glück hatte ihn die Schlange nicht gebissen. Ihm den Kasten ins Zimmer zu schmuggeln, hatte Eva offensichtlich nicht gewagt. Es war ja ständig jemand bei ihm gewesen.
    In diesem Moment

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