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Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Bitterer Nachgeschmack - Anthologie

Titel: Bitterer Nachgeschmack - Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Senghaas , Iny Lorentz
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beschloss Gersdorf, Maria nicht nach Wien zu bringen. Noch nicht jedenfalls. Er würde eine Weile in Krumau bleiben, bis Taborius sich erholt hatte. Rigorosum hin oder her. Der alte Mann würde sie brauchen, sobald er wieder wach war und über die näheren Umstände der Todesfälle in Krumau informiert wurde. Gewiss war das auch in Marias Sinn.
    »Eine Viper«, berichtete Gersdorf, als er am nächsten Tag mit Maria im Salon saß. »Vermutlich aus Indien. Ihr Gift lähmt den Körper und führt schnell zum Tode. Aber natürlich hat Stadtphysikus Posener in seinem lächerlichen Versuch, die Morde einem Wiedergänger in die Schuhe zu schieben, maßlos übertrieben. Weißt du, die Zähne einer Viper stehen viel zu eng beieinander, um an einen menschlichen Zahnabdruck zu erinnern. Schade, dass die Schlange getötet wurde. Hätte ich sie mal sehen können ...«
    »Ich will von diesem scheußlichen Ding nichts mehr hören«, unterbrach ihn Maria. »Dieser Italiener hätte ein so gefährliches Reptil niemals nach Böhmen bringen dürfen. Aber er hat teuer dafür bezahlt, der Ärmste. Und über Tote soll man ja auch nicht schlecht reden.«
    Gemeinsam starrten sie ins Kaminfeuer. Gersdorf fragte sich, ob der alte Taborius nicht zumindest einen Verdacht gehabt haben musste, schließlich war auch er einmal Naturforscher gewesen. Hatte er seinen Verdacht niedergerungen, weil auch er sich schuldig gefühlt hatte? Vielleicht war ihm sein Fieber gelegen gekommen. Es hatte ihn in tiefe Träume entführt und davor bewahrt, beim Grübeln langsam, aber sicher den Verstand zu verlieren. Gersdorf spürte, wie die Wärme, die von Marias Körper ausging, ihn einhüllte wie eine weiche Decke. Als sie ihren Kopf an seine Brust lehnte, fiel ihm wieder ein, warum er sich in sie verliebt hatte, und er freute sich darauf, sein Leben mit ihr zu verbringen.
    Sie hat schon recht, dachte er, während er zärtlich ihren Nacken liebkoste. Lassen wir die Toten von Krumau in Frieden ruhen.

Petra Gabriel
Das Gift der Feen
    I
    Colonel Michael Peters von den Worldwatchers starrte irritiert auf die Zahlenkolonnen, die über das Display des Körperscanners flimmerten. Es war dunkel in der Erdhöhle. Deshalb hatte er zunächst gedacht, er habe sich bei den Werten für Zellstrukturen, Blut, Knochendichte und Organfunktionen verlesen. Peters ging mit dem Display ein wenig näher an den Höhlenausgang, gerade so nah, dass ihn das Sonnenlicht nicht erreichte. Hier konnte er zwar besser sehen, doch so oft er die Zahlen auch studierte, das Ergebnis blieb dasselbe. Der verkrümmte Leichnam und der verzerrte Gesichtsausdruck des Mannes bewiesen überdeutlich, dass hier etwas geschehen war, das den Werten nach absolut nicht sein konnte: Der Druide der Hegau-Nazcas hatte sich totgelacht. Dabei hätte er leben müssen. Aber er war eindeutig tot und sein Ende qualvoll gewesen. Manchmal wandten sie diese Todesstrafe bei besonders widerspenstigen Druiden an, um ein Exempel zu statuieren. Doch gegen diesen war kein solches Urteil ergangen, das hätte in dessen Datei vermerkt sein müssen. Vor allem: Er hätte es gewusst. Er kannte ihn schon lange, er war für ihn zuständig.
    Erneut durchforstete Peters die Zahlenkolonnen, in der Hoffnung, eine Unstimmigkeit zu entdecken, eine Unregelmäßigkeit, ein Versagen des Implantates. Irgendetwas, das eine plausible Erklärung liefern konnte, weshalb der Augenschein und die Ergebnisse des Scans in so krassem Widerspruch zueinander standen.
    Es blieb dabei. Hier war etwas geschehen, das eigentlich nicht sein konnte. Wie alle Druiden der Stämme hatte auch dieser ein Implantat, eine kleine Kapsel und einen Chip, der das System des Mannes via Fernsteuerung mit Drogen versorgte. Drogen, die Angst auslösten, Eifer, Zufriedenheit, Neugier oder Vergessen. Je nachdem, welche emotionale Verfassung sie bei ihm benötigten. Sie hatten das Verfahren und die Drogen in den letzten Jahrzehnten immer weiter perfektioniert. Es waren nur winzige Dosen nötig. Die Chips galten als absolut sicher. Er hatte noch niemals davon gehört, dass die Steuerung versagt hatte. Das ließ nur einen Schluss zu: Jemand hatte das Implantat des Druiden manipuliert, sein System mit einer so hohen Dosis der Lachdroge überflutet, dass er am Lachen gestorben war. Und das, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Aber wie? Was war da geschehen? Wer hatte das getan? Und vor allem: Warum?
    Michael Peters war aufs Höchste alarmiert. Über die Druiden, hoch angesehen bei

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