Bitterer Nachgeschmack - Anthologie
der ersten Begegnung fürchten. Als ich erwacht bin, habe ich das auch. Da stand so ein Gerät mit einem Wagen hinten dran, das blitzte und blinkte. Da bin ich schnell in die Höhle gegangen. Als ich hier hereinkam, habe ich gesehen, wie du mit dem Stein auf den anderen eingeschlagen hast, der aussieht wie du.« Sie machte eine Pause, brachte sogar ein kleines Lächeln zustande. »Es ist komisch, ich fürchte mich trotzdem nicht vor dir, nicht sehr jedenfalls. Obwohl du so riesig bist. Es liegt etwas in deinen Augen, das mich berührt, etwas Bekanntes. Ich weiß einfach, du bist einer von den guten Elfen. Ach, ich bin vielleicht dumm. Aber ich werde darüber nachdenken, wenn ich wieder bei meinem Volk bin. Hilfst du mir jetzt so wie meinem Großvater? Bin ich jetzt eine Frau?«
»Ja, du bist eine Frau. Und ich helfe dir.« Peters überlegte fieberhaft. Hatte er Schlafdrogen in den Transportroboter eingepackt? Nein, nein, nein. Rianna. Nun konnte er ihr noch nicht einmal das Leid ersparen. »Aber wieso schläfst du nicht? Normalerweise schlafen die Mädchen viel länger.«
Sie lächelte unter Tränen. »Ich bin froh, dass ich früher erwacht bin. Wenn du so willst, Herr, war es das letzte Geschenk meines Großvaters. Kurz bevor er ging, gab er mir ein Fläschchen mit Weißdornsaft und sagte: Schütte etwas davon in das Wasser, das du mitnimmst, wenn du zu den Linien gehst. Nicht viel, nur einige Tropfen. Das wird dich stärken. Und vielleicht erlebst du Dinge, die noch niemand vor dir erlebt hat. Ich glaube, du wirst Elfen sehen. Nicht nur einen Druiden wie mich. Sondern viele Elfen. Du wirst sehen, wie sie kommen. Und erleben, was mit den Mädchen geschieht.‹ Was ist mit mir geschehen? Habt ihr uns gesegnet? Damit wir gesunde, starke Kinder bekommen? Bin ich jetzt auch gesegnet?«
Also hatte der Weißdornsaft die Schlafdroge neutralisiert. Und der Alte hatte das geahnt, er musste schon eine ganze Weile mit dem Saft experimentiert haben. ›Gesegnet‹ hatte sie gesagt. Hieß es nicht, eine Frau war gesegneten Leibes, wenn sie ein Kind trug? Es war erstaunlich, wie nahe sie mit ihrem Gespür der Wahrheit kam. Ja, sie war gesegneten Leibes. Das hoffte er zumindest. Manchmal starben die Embryos auch. Doch an diese Möglichkeit wollte er noch nicht einmal denken. »Ja, du bist gesegnet. Du bleibst erst einmal hier, hier bei mir«, befahl er. »Du bist bestimmt müde.«
Sie nickte und sank mit einem erleichterten Lächeln auf den Boden. »Mein Leib ist so schwer«, murmelte sie. »Und was tust du jetzt, Herr? Wirst du mir nun alles beibringen, was ich als Druidin noch wissen muss?«
»Schlaf erst einmal, Rianna. Ich wache über dich. Und ich werde den begraben, der deinen Großvater getötet hat.«
IV
Es war spät geworden. Peters war erschöpft von der ungewohnten Arbeit. Seine Muskeln schrien vor Schmerzen. Er sah zu dem Mädchen. Sie war wieder wach, saß da und wartete auf ihn. In ihrem Blick lag Trauer. »Während du grubst, habe ich dir ein Lager bereitet, Herr. Dort hinten.«
Peters nickte ihr dankbar zu. Er war so unendlich müde. Er war gerade dabei, ins Unbewusste zu versinken, als er eine Bewegung spürte. Ein warmer Körper schob sich neben seinen. Er roch den Wind, grüne Felder, Rosen, die auf Beeten blühten. All diese Düfte strömten aus ihrem Haar, ihrer Haut und hüllten ihn ein. Sie duftete wunderbar und viel stärker als die Pflanzen, die sie in ihren Gewächshäusern zogen.
Unwillkürlich öffnete er die Arme. Sie schlüpfte hinein. Eine weiche, tröstliche Gegenwart. Ihre Hände begannen ihn zu streicheln. »Wie zart deine Haut ist, Herr«, flüsterte sie. »Und so wunderbar weiß, nicht so derb und braun wie meine. Sie leuchtet richtig in der Dunkelheit. Und dann das Kobaltblau deiner Augen. Du bist wunderschön. Du bist so anders als alle Männer, die ich kenne.« Plötzlich kicherte sie leise. »Aber du bist ganz unzweifelhaft ein Mann.«
Er wusste, er durfte das nicht tun, es war verboten, sich mit Stammesfrauen zu paaren. Doch er war so einsam, so verwirrt, noch immer so erschrocken über das, was er getan hatte. Sie war der einzige Halt. Und so schloss er seine Arme fester um sie. »Nenn mich nicht Herr«, flüsterte er in ihr Haar.
Als er am nächsten Morgen erwachte, mit einem Gefühl, das er nicht kannte, war die Stelle neben ihm leer. Er benötigte einige Sekunden, um zu realisieren, was zwischen ihnen geschehen war. Peters wartete auf das schlechte Gewissen. Doch es kam
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