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Bitteres Rot

Bitteres Rot

Titel: Bitteres Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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starb, hatte der deutsche Offizier eine Affäre mit einer Partisanin. Sie wurde schwanger. Nach der Geburt wurde das Kind von der Schwester seines Vaters nach Deutschland gebracht. Von seiner Mutter hat mein Auftraggeber nie wieder etwas gehört. Erst kürzlich hat er erfahren, dass sie nach dem Krieg noch einen zweiten Sohn bekommen hat, von einem Italiener. Leider ist sie bereits vor vielen Jahren gestorben.«
    »Eine Partisanin namens Nicla?« Er zog die Augenbrauen hoch. Nach kurzem Nachdenken fügte er hinzu: »Mein Gedächtnis ist nicht mehr das beste, besonders was Namen angeht. Viele habe ich einfach vergessen. Aber die Ereignisse der damaligen Zeit haben sich mir ins Gedächtnis gebrannt, daran würde ich mich bestimmt erinnern.«
    »Das glaube ich Ihnen.«
    »Das heißt, Sie arbeiten für einen deutschen Anwalt?«, fragte er plötzlich.
    »Mehr oder weniger.«
    »Mehr oder weniger?«
    Das Misstrauen war zurückgekehrt. Wer konnte es ihm verdenken, ich hatte mich noch nicht mal vorgestellt.
    »Mein Klient heißt Hessen. Er lebt in Köln und sein Vater war Hauptmann der Wehrmacht.«
    »Hessen? Der Name sagt mir nichts. Aber Sie haben mir nicht geantwortet.«
    »Ich habe Ihnen doch erklärt, dass mein Auftrag darin besteht, einen Unbekannten zu einem reichen Mann zu machen.«
    »Dafür werden Sie bezahlt?«
    »Ja, genau dafür.«
    Die Spannung war jetzt mit den Händen zu greifen. War ich zu weit gegangen? Würde er mich vor die Tür setzen? Aber ich hatte noch ein Ass im Ärmel: meinen Vater. Sein Name war Legende, er musste ihn kennen. |76| Aber zu meiner Überraschung musterte er mich von oben bis unten und sagte: »Wissen Sie, warum ich Sie das frage?«
    »Sie wollten wissen, womit ich mein Geld verdiene.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, hier ist etwas faul. Wann hat Ihr Auftraggeber von der Existenz seines Bruders erfahren?«
    »Vor einigen Wochen.«
    »Unsinn.«
    »Wieso?«
    »Er müsste es seit über zwanzig Jahren wissen.«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Ich bin mir ganz sicher«, sagte er aufgeregt, »damals hat ein Deutscher hier herumgeschnüffelt, so um die vierzig, blond, blaue Augen. Er sprach perfekt Italienisch und fragte mich nach einer Frau, genau wie Sie heute.«
    »Erinnern Sie sich an den Namen der Frau?«
    »Nein, Namen vergesse ich leicht, aber seine Geschichte war haargenau die gleiche wie Ihre.«
    »Die Namen Nicla und Hessen sagen Ihnen nichts?«
    »Überhaupt nichts. Vielleicht ist das aber gar nicht so wichtig. Ich weiß, dass er auch andere Kameraden aus dem Widerstand befragt hat, leider sind viele von ihnen inzwischen tot.« Er hielt kurz inne, um dann fortzufahren: »Übrigens, wie heißen Sie eigentlich?«
    »Bacci Pagano.«
    Plötzlich war er wie verwandelt, seine Miene hellte sich auf.
    »Pagano, der Detektiv?«
    »Höchstpersönlich.«
    »Das ist ja ein Ding, der Sohn von Guido und Anna!« Er lachte und ließ die Faust krachend auf den Schreibtisch donnern. »Dein Vater und mein Bruder waren Kollegen bei Fossati, bevor er zu Meccanico nach Sampierdarena |77| gegangen ist. Deine Mutter hat in der Tabakfabrik gearbeitet. Wir waren gut befreundet.«
    »Wann war das?«
    »Nach dem Krieg, als wir uns vom Hungern ablenken mussten. Wir haben uns in der Vacca Morta in Borzoli getroffen und sind regelmäßig versackt. Ich erinnere mich noch an den weißen Coronata, den sie dort ausgeschenkt haben! Was für ein Fusel! Heute würde man ihn wahrscheinlich in den Ausguss schütten, aber damals kam er uns vor wie Champagner. Wir wollten die schrecklichen Jahre einfach vergessen.«
    »Haben Sie auch gekämpft?«
    »Selbstverständlich!« Man merkte, wie stolz er darauf war. »Zuerst hier in der Stadt, sofort nach dem Waffenstillstand mit den Alliierten am 8.   September. Nachdem mich die Deutschen aufgespürt hatten, bin ich Ende ‘43 in die Berge geflohen. Dort habe ich mich der Gruppe von Miro im Val Borbera angeschlossen. Sechste Kampfzone. Am 24.   April war ich beim Aufstand in Genua dabei. Eine schlimme Zeit, ich habe lange nur von Kastanien gelebt. Dein Vater war in Urbe, bei der Divisione Mingo, wenn ich mich nicht irre.«
    »Sie irren sich nicht, das war 1944.«
    »Ich habe auch den Vater deiner Mutter gekannt. Er arbeitete während des Krieges bei Ceramica Vaccari.«
    »Ja, mein Großvater Baciccia   …«
    »Ein großartiger Mann, ein Patriot, ein Widerstandskämpfer der ersten Stunde.«
    »Was Sie alles wissen! Wie heißen Sie eigentlich?«
    »Luigi Bavastro, aber alle

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