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Bitteres Rot

Bitteres Rot

Titel: Bitteres Rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruno Morchio
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Mission betraut. Sie sollte sich einem deutschen Wehrmachtsoffizier nähern, der sie sehr attraktiv fand. Die Frau war damals noch sehr jung, der Hauptmann |205| dagegen schon um die vierzig. Sexuelle Freiheit war zu dieser Zeit noch ein Fremdwort, außerdem war sie verlobt   …«
    »Mit einem Mann aus Olindos Gruppe, einem Stadtpartisanen namens Biscia.«
    Er stutzte, einen Augenblick lang schien er irritiert.
    »Wer hat dir von Biscia erzählt?«, fragte er nervös.
    »Wie Sie sehen, mache ich meine Arbeit, obwohl ihr mit allen Mitteln versucht, mich davon abzuhalten.«
    »Weißt du auch, wer Biscia war?«
    »Der Mann, der Iolanda exekutiert hat, die Verräterin aus der Tabakfabrik.«
    »Eine üble Geschichte«, sagte er und wandte den Blick ab. Meine Antwort schien ihn zu entmutigen. »Der Hauptmann hatte der jungen Frau den Namen genannt. Sie wollte ihm nicht glauben und hat alles getan, um Iolanda zu retten. Aber im Krieg muss man für Mitleid und Barmherzigkeit teuer bezahlen. Damals nutzten die Faschisten jede Gelegenheit, um mit brutaler Härte zurückzuschlagen. Sie haben drei Widerstandskämpferinnen festgenommen und gefoltert. Olindo und seine Leute waren sicher, dass es eine Frau war, die sie ans Messer geliefert hatte. Als der Deutsche Iolandas Namen preisgab, war die Exekution beschlossene Sache.«
    »Eine interessante Geschichte, aber ich will den Namen wissen.«
    »Welchen Namen?«
    »Biscias richtigen Namen.«
    »Biscia ist tot, er möge in Frieden ruhen.« Auf seinen Lippen lag ein unergründliches Lächeln.
    »Warum dann diese Geheimnistuerei? Ich will doch nur wissen, wie er heißt, damit ich seinen Sohn finden kann.«
    Bavastro griff nach der Mütze und setzte sie wieder auf den Kopf, akkurat wie eine Uniformmütze. Eine Uniform, |206| unter der man die dunklen Geheimnisse des Comandante verbergen konnte. »Gib endlich Ruhe, Bacci«, sagte er mit feierlicher Stimme, die in diesem Moment eher lächerlich wirkte, »von mir wirst du den Namen nie erfahren.«
    Es blieb mir nichts anderes übrig, als alles auf eine Karte zu setzen. »Ich habe allmählich den Verdacht, dass ihr mit diesen Ammenmärchen etwas vertuschen wollt, was euch Angst macht.«
    Er wurde feuerrot, presste die Lippen aufeinander und ballte die Fäuste. »Was willst du damit sagen, du verfluchter Kerl?«
    »Irgendeine Sauerei, die Olindo und Konsorten unter der Decke halten wollen.«
    Er zuckte mit den Schultern und fuchtelte mit den Armen in der Luft, um sie sogleich wieder auf den Schreibtisch zu legen. Dann schüttelte er den Kopf und sagte enttäuscht: »Was rege ich mich auf, manche Fragen verdienen einfach keine Antwort.«
    »Wissen Sie, warum ich diesen Auftrag überhaupt angenommen habe? Eine gute Freundin liegt im Krankenhaus in San Martino und kämpft mit dem Tod. Sie ist noch nicht einmal siebenundzwanzig Jahre alt. Acht Tage lang war sie in der Gewalt eines Sadisten, der Spaß daran hatte, sie zu schlagen, zu quälen und zu vergewaltigen. Sie heißt Jasmine Kilamba und stammt von der Elfenbeinküste.«
    »Oh, das tut mir leid.«
    »Ich habe den Auftrag aus zwei Gründen angenommen. Erstens wäre ich wahnsinnig geworden, wenn ich weiter auf dem Krankenhausflur gesessen und gewartet hätte. Aber es gibt noch einen zweiten Grund. Ein stinkreicher deutscher Professor möchte einem armen Landsmann von mir sein Vermögen hinterlassen. Dem Sohn zweier Patrioten, wahrscheinlich ein Arbeiterkind. Mit diesem Geld |207| könnte er sich ein schönes Leben machen. Nennen Sie mir doch einen guten Grund, der mich davon abhält?«
    Er wollte gerade antworten, aber jetzt war ich am Zug: »Olindos Versprechen etwa? Zugegeben, vielleicht würde es ihm nicht gefallen, wenn er erfährt, dass seine Mutter die Geliebte eines deutschen Wehrmachtsoffiziers war, mit dem sie noch dazu einen Sohn gezeugt hat, seinen Halbbruder. Aber der gesunde Menschenverstand wird schließlich die Oberhand behalten. Es war Krieg und sie hat es für das Vaterland getan. Außerdem sind seitdem mehr als sechzig Jahre vergangen! Warum sollte man deshalb auf ein großzügiges Erbe verzichten?«
    »Olindo hat es versprochen   …«
    »Und das ist genau der Punkt. Er hat es versprochen, aber Sie?«
    Erneut nahm er die Mütze ab und legte sie auf den Schreibtisch. Dann atmete er tief durch und richtete sich kerzengerade auf: »Du vergisst einen wesentlichen Punkt   …«
    »Und der wäre?«
    »Der Hauptmann starb bei einem Attentat der Stadtpartisanen.«
    Mir wurde

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