Bitterfotze
Sie helfen meistens, wenn der Alltag einem kleinlich vorkommt und man ein bisschen Distanz zu seinem Leben braucht. Der Subcomandante Marcos ist das Sprachrohr der Zapatistenguerilla in Chiapas, Mexiko. Bei den Zapatisten kämpfen die Frauen gleichberechtigt an der Seite der Männer für Frieden, Demokratie und Gerechtigkeit für die unglaublich armen Indianer, und Marcos schreibt in sowohl poetischen als auch politischen Texten über diesen Kampf.
Am 8. März 1996 schreibt Marcos: »Der Kampf um Würde ist nämlich ansteckend, und am häufigsten erkranken Frauen an dieser unbequemen Krankheit. Dieser 8. März gibt mir die Gelegenheit, an die weiblichen Zapatisten zu erinnern, bewaffnete wie unbewaffnete. Dieser Text ist den aufrührerischen und unbequemen mexikanischen Frauen gewidmet, die durch ihre Befreiung bewiesen haben, dass die Geschichte falsch läuft, wenn die Frauen kein Teil von ihr sind.
Die Zukunft. Wenn sie kommt, gehört sie den Frauen und ist vor allem von ihnen geschaffen.«
Man kann die Zapatisten leicht romantisieren, wenn sie einen Subcomandante haben, der so schön schreibt. Und ich kann mir vorstellen, dass man in der feministischen Praxis von Marcos und anderen Zapatisten so manches Defizit finden würde, wenn man ein paar Wochen mit ihnen zusammen wäre, aber trotzdem, man ist doch schon dankbar, dass sie zumindest eine Möglichkeit aufzeigen, wie Männer und Frauen zusammen gegen Ungerechtigkeiten kämpfen können.
Es ist einerseits typisch und andererseits schrecklich provozierend, dass die Männer im reichen Schweden durch Abwesenheit und Schweigen glänzen, wenn es um den Kampf gegen die Ungerechtigkeit zwischen den Geschlechtern geht. Es ist sehr bequem, sich hinter dem Mythos eines gleichberechtigten Schweden zu verstecken. Man muss, wie gesagt, einfach nur behaupten, dass es keine Ungerechtigkeit gibt – gerne mithilfe von eigenen privaten Beispielen, einer Verdrehung des Slogans der Frauenbewegung »Das Private ist politisch«. Dann kann man zum Beispiel behaupten, dass die Statistik über die Anzahl misshandelter Frauen übertrieben ist, wie einer der bekanntesten schwedischen Journalisten in einem Interview sagte, weil er persönlich nur einen einzigen Fall von Gewalt gegen Frauen in seinem privaten Umfeld kennt.
Vor ein paar Jahren wurde ich für ein neues Programm engagiert, für das jüngere Publikum zwischen 20 und 35, das vom Schwedischen Rundfunk produziert werden sollte. Erwartungsvoll fuhr ich in ein Hotel in den Schären, wo die Redaktion sich auf einer zweitägigen Tagung kennenlernen sollte. Wir wollten uns auch Gedanken über die Themen des Programms machen.
Wenn sich eine Gruppe von Männern und Frauen, die sich nicht kennt, zusammenfindet, dann sind die Frauen in der Regel still, und die Männer reden ungehemmt. So war das auch im filmwissenschaftlichen Kurs an der Uni, die Vorlesung fand in einem großen Saal mit 120 Menschen statt. Die meisten Frauen schwiegen, machten sich Notizen und stellen höchstens mal eine Frage. Eine ganze Reihe von Männern jedoch fing auffällig oft einen Pseudodialog mit dem Vortragenden an. Sie stellten selten Fragen, sie stellten vielmehr Behauptungen auf. Oft wiederholten sie das, was der Vortragende gerade gesagt hatte, mit anderen Worten und taten so, als sei es ein eigener Gedanke oder eine eigene Beobachtung. Und merkwürdigerweise bekamen sie oft Bestätigung, vor allem wenn der Vortragende eine Frau war.
Im Konferenzraum des Hotels in den Schären entstand eine ähnliche Situation. Die Frauen schwiegen, obwohl einige sehr erfolgreiche Frauen mit langjähriger journalistischer Erfahrung dabei waren, während die Männer ihre Meinungen absonderten. Sie machten Scherze und wir lachten höflich und aufmunternd.
Schließlich war mir zum Kotzen zumute, vor allem meinetwegen, aber dafür bin ich zu wohlerzogen, immerhin schäumte ich innerlich vor Wut. Ich beobachtete, wie sie sich aufbliesen. Meine Augen wurden schmal, und ich wünschte mir, dass auch ich mich trauen würde, meine ungaren Ideen ungeniert und laut vor allen auszubreiten. Am Schluss konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich ließ es überkochen. Ich hatte eine ganze Menge Ideen zu Reportagen, die ich gerne testen wollte, aber in der Situation, die nun entstand, musste ich die feministischste nehmen.
»Ich habe eine Idee zu einer Reportage, die ich gerne machen würde …«, unterbrach ich einen männlichen Kollegen, der sich gerade darüber ausließ, wie wichtig
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