Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
den verhassten Dryaden.
»Ich habe eine Botschaft für Lady Isabella«, erklärte ich gelassen. Ich war zwar nicht gerade gut auf Lady Isabella zu sprechen, aber sie war das Oberhaupt der Dryaden und obendrein Stirnbands Okulationsmutter. Ich wusste also, dass er mich ernst nehmen würde.
Er trat näher und stellte sich breitbeinig vor mir auf. »Was hast du mir zu sagen, Sidhe?« Wieder dieses lüsterne Grinsen.
»Richte deiner Königin aus, ich wünsche nicht, dass du oder irgendjemand aus deiner fiesen kleinen Bande mir weiterhin nachspioniert.«
Er stieß ein knackendes Geräusch aus, wie Zweige, die sich im Wind biegen: seine Art zu lachen. »Du vergisst wohl, dass ich dir gerade das Leben gerettet habe, Sidhe?«
Aufgeblasener Angeber! Er hatte nichts dergleichen getan, aber das durfte ich ihm nicht verraten. Was wirklich geschehen war, war mein Geheimnis. Ich konzentrierte mich auf die Polizisten, die ein wenig weiter weg auf der Uferbefestigung standen, und rief den Schockzauber aus Constable Martins Schlagstock zu mir. Sie merkte nichts, als er wie ein grünes Glühwürmchen auf mich zuschoss. Diesmal konnte ich ihn glücklicherweise leicht fangen. Ich hielt ihn zwischen uns hoch. »Also, ich möchte, dass du Lady Isabella davon überzeugst, dass es mir ernst ist – oder du kriegst das hier zu schmecken.« Mein Blick war mörderisch. »Es ist deine Entscheidung.«
Stirnband war das freche Grinsen vergangen. »Es würde Lady Isabella gar nicht gefallen, wenn du mir was antust«, höhnte er, nicht sehr überzeugend. Die Spitzen seiner peitschenartigen Weidenzweige zuckten nervös.
Ich warf den Schockzauber auf meiner Handfläche auf und ab. »Das nehme ich gerne in Kauf.«
»Und dir würde es noch weniger gefallen, wenn dir etwas zustieße«, sagte er, den Schockzauber wachsam im Auge behaltend und sich fragend, ob er ihm aus dieser Nähe überhaupt ausweichen könnte.
»Da muss ich dir ausnahmsweise zustimmen«, sagte ich sachlich, »und deshalb habe ich noch eine zweite, viel interessantere Botschaft an deine Herrin.«
Er löste den Blick von dem Zauber und schaute mich stirnrunzelnd an.
»Folgendes: Ich bin bereit, mir von den Dryaden den Hof machen zu lassen« – seine gelblichen Augen wurden ganz groß, und ich hörte Finn hinter mir stöhnen – »vorausgesetzt, du und all die anderen aus deiner Bande, die versucht haben, mich zu vergewaltigen, halten sich fern von mir. Euch will ich nie wieder sehen, kapiert?«
Stirnband musterte mich mürrisch, doch dann nickte er. »Kapiert.« Er schaute über meine Schulter hinweg zu Finn. »He, Satyr, scheint, als würdest du nicht genug Saft in deinem Bleistift haben! Aber keine Sorge, die Sidhe kriegt jetzt echtes Holz ins Bett.« Er lachte, und das höhnische, knarrende Geräusch wurde von den umstehenden Bäumen aufgenommen. »Aber nichts für ungut, kannst ja gelegentlich mal bei mir vorbeikommen, dann gebe ich dir ein paar Tipps, wie man ihn hochkriegt.«
Ich kochte vor Zorn. Dieser langen Latte würde ich den Übermut schon austreiben.
»Versuch, ihn mal so hochzukriegen«, murmelte ich. Und dann klatschte ich ihm, ehe er etwas dagegen unternehmen konnte, den Schockzauber auf die Brust. Ein grüner Blitz zuckte auf, Stirnband wurde gegen das Geländer geschleudert, und ein durchdringender Minzegeruch breitete sich aus. Rauch stieg von seiner Brust auf. Ich duckte mich spontan, packte ihn bei den Fußgelenken und kippte ihn kurzerhand übers Geländer in die Themse, wo er bewusstlos davontrieb. Es rauschte laut in meinen Ohren, und ich fiel keuchend auf die Knie – das war zu viel gewesen, ich war noch nicht wieder auf dem Posten. Schwindlig, aber höchst zufrieden, schaute ich der davontreibenden Gestalt nach. Lady Isabella würde ihre Nachricht schon kriegen, nur eben nicht ganz so schnell.
Kurz darauf bemerkte ich, dass Finn mir wieder seine Hand bot. Ich schaute zu ihm auf.
»Lady Isabella ist nicht die Einzige, der das nicht gefällt«, sagte er leise, und seine Augen blitzten zornig.
Das glaubte ich gern. Ich nahm seine Hand und ließ mich von ihm hochziehen. »Er ist eine Weide, eine kleine Flussfahrt wird ihn schon nicht umbringen. Leider.«
»Das hab ich nicht gemeint, Gen.«
»Ich weiß.« Widerwillig ließ ich seine Hand los und trat einen Schritt zurück.
»Warum, Gen?« In seiner Wange zuckte ein Muskel. Er war nicht nur zornig: Ich hatte ihn enttäuscht, verletzt. Schuldbewusst senkte ich den Blick.
»Warum hast du das
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