Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
sicher vorstellen, dass die Foundation von Helens kopfloser Rebellion nicht gerade angetan war.«
Ich begann allmählich eine, wenn auch widerwillige Bewunderung für die jugendliche Helen zu empfinden – natürlich nicht für den Drachen, der sie heute war. Dennoch fragte ich mich gleichzeitig, was Victoria Harriers wahre Agenda war.
»Ich hoffe, Sie damit überzeugt zu haben, dass ich wirklich nur Ihre besten Interessen im Sinn habe, was die Probleme betrifft, die auf Sie zukommen könnten. Speziell den Fruchtbarkeitsfluch betreffend. Ich muss schließlich an meine Enkelkinder denken.«
Nein, irgendwas stimmte da nicht, sie konnte sagen, was sie wollte. »Also«, kam sie forsch aufs eigentliche Thema zurück, »Sie glauben, dass der Tod von ›Jane Bird‹ mit dem Fluch in Verbindung steht, ja? Obwohl Sie uns keine näheren Gründe für Ihre Überzeugung nennen können?«
»Stimmt.« Dank des göttlichen Knebels.
»Ich kann verstehen, wie sehr es Ihnen widerstrebt, die Untersuchungen der Polizei zu überlassen, und ich werde alles tun, um Ihnen bei der Aufklärung dieses tragischen Falls zu helfen. Je schneller wir die Todesursache herausfinden, desto eher können Sie sich einer eindeutigeren Lösung des Fluchproblems zuwenden.«
Jetzt fiel bei mir der Groschen, und er fiel mit einem lauten Klingeln. Sie wollte nicht nur helfen – sie war ein Mitglied der »Schwängern-wir-die-Sidhe-Brigade«. Und angesichts der Tatsache, dass ihre Schwiegertochter eine halbe Wasserfee war …
»Lassen Sie mich raten: Lady Meriel gehört zu jenen Mitgliedern der magischen Gemeinschaft, zu denen Sie ausgezeichnete Verbindungen pflegen?«
Sie beugte sich vor und tätschelte mein Knie in einer, wie ich wohl glauben sollte, mütterlichen Art und Weise. »Lady Meriel versteht ja, dass Sie unter den gegebenen Umständen Bedenken haben, einem Kind das Leben zu schenken, und auch, dass Sie eine solche Entscheidung erst dann treffen können, wenn Sie alle anderen Möglichkeiten restlos ausgeschöpft haben. Und bei der Erforschung dieser Möglichkeiten kann ich Ihnen, glaube ich, behilflich sein. Umso leichter wird es dann für Sie werden, sich den, nun, anderen Optionen zuzuwenden.«
Die Limousine hielt an, und ich warf einen Blick aus dem Fenster. Schon wieder der Trafalgar Square. Der Chauffeur musste mindestens ein Dutzend Runden gedreht haben, um seiner Chefin Zeit zu geben, mich ausgiebig zu bearbeiten – auf Lady Meriels Geheiß, wie sich jetzt herausstellte. War ja wieder mal typisch. Finster beobachtete ich die Touristen, die sich um einen der riesigen Bronzelöwen scharten. Ein paar Pixies tanzten auf dem Löwen einen Ringelpietz, und die Touristen brüllten vor Lachen. Ich machte automatisch eine kleine Rechnung: Es waren etwa ein Dutzend dieser kleinen Plagegeister. In einer Woche würden sie den ganzen Platz überschwemmt haben, und die Stadt würde Spellcrackers mit der Säuberung beauftragen. Pixies sind hässlich, aber auf eine irgendwie niedliche Art und Weise, selbst wenn es fürchterlich nervig ist, sie einzufangen. Diesen Job überließ man immer mir – bloß diesmal nicht, weil ich ihn ja hingeschmissen hatte. Mir wurde schwer ums Herz und ein wenig flau im Magen. Aber es war nicht nur der Verlust meines Jobs, der mir Magenschmerzen machte, sondern vor allem der Befehl der Göttin: Du wirst ihnen ein neues Leben schenken .
Wenn die Fae das wüssten, würde ich wohl innerhalb der nächsten Stunde schwanger werden. Gott, was für ein entsetzlicher Gedanke. Aber sie wussten es ja nicht, dank des wundervollen Knebels, den mir die Göttin verpasst hatte.
Ich verzog das Gesicht und wandte mich wieder Victoria Harrier zu. »Nun, warum schauen wir uns diese ›Optionen‹ dann nicht gleich etwas näher an, da ich ja offensichtlich vorher nicht hier herauskomme?«, sagte ich zynisch und lehnte mich auf dem dick gepolsterten Sitz zurück – entweder das, oder ich müsste mir gewaltsam meinen Weg aus der Limousine erkämpfen, eine Option, die ich mir erst mal für später aufhob.
»Wunderbar!« Mit einem triumphierenden Ausdruck, den sie beim besten Willen nicht verbergen konnte, zückte sie Block und Bleistift. »Lady Meriel ist besorgt, weil sie über so wenige Informationen verfügt. Wie ich hörte, wurde Tavish, der Kelpie, seit Halloween nicht mehr gesehen. Man geht allgemein davon aus, dass er in die Schönen Lande gereist ist, um sich bei Königin Clíona für Sie einzusetzen. Gab es schon irgendwelche
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