Bittersüße Nacht - McLeod, S: Bittersüße Nacht - The Bitter Seed of Magic
Morrígan unter allen Umständen verhindern wollte, dass ich schwanger wurde. Genauso vehement wie Clíona, wenn ich es recht bedachte. Vielleicht hatte Sylvia ja recht, vielleicht steckten die beiden ja tatsächlich unter einer Decke.
Und dann war da noch Ana oder Annan, Clíonas Urenkelin, die, im Gegensatz zu mir, bereits schwanger war und deren Mutter Brigitta dem Fluch (und den Vamps) zum Opfer gefallen und deren Großmutter, Rhiannon/Engel, deswegen von den Londoner Fae verfolgt und misshandelt worden war. Wenn es also darum ging, wer als Nächstes dem Fluch zum Opfer fallen könnte, dann stand Ana ganz oben auf meiner Liste, darauf wäre ich selbst dann gekommen, wenn mir die Morrígan nicht als Bean Nighe erschienen wäre. Was jedoch nicht bedeutete, dass sie, außer selbst Faeling zu sein, etwas mit dem Verschwinden der Faelinge zu tun hatte. Ich nippte an meinem Orangensaft. Vielleicht würde ich ja morgen mehr herausfinden, wenn ich Ana einen kleinen Besuch abstattete, um das »Wer-ist-der-Vamp-Quiz« zu spielen.
Mehr konnte ich in diesem Fall bis morgen nicht tun, außer Hugh ein paar Fragen zu mailen:
Die Faelinge, die seit Halloween vermisst werden – wie viele davon haben Rabenblut oder Verbindungen zur Morrígan?
Bestehen irgendwelche Verbindungen zwischen den verschwundenen Faelingen und den Satyren?
Ihr solltet ein Auge auf Ana haben, Victoria Harriers Schwiegertochter, sie könnte eines der nächsten Opfer sein.
Ich wollte schon auf »Senden« klicken, als mir noch etwas einfiel:
Hat eine der Faelinge die Urmutter besonders verehrt?
Jemand ging ihr so sehr mit seinen oder ihren Gebeten auf die Nerven, dass sie sich genötigt sah, etwas zu unternehmen. Und das war ein Hinweis, den ich Hugh unbedingt geben wollte, ob er nun zu etwas führte oder nicht. Schließlich war er derjenige, der sich in Wahrheit um die Aufklärung dieser Morde bemühte. Dann fiel mir noch etwas ein, das mir verdächtig vorgekommen war, und ich tippte:
Ihr solltet den Bannkreis von gestern überprüfen, irgendwas an der Art, wie man die Eibennadeln verstreut hatte, kam mir eigenartig vor …
Ich klickte auf »Senden«. Jetzt blieb nur zu hoffen, dass sich der göttliche Knebel nicht auch auf den Cyberspace bezog, nicht, dass ich allzu viel verraten hatte. Die Nachricht verschwand, aber ob sie auch ankommen würde? Ich schickte Hugh vorsichtshalber gleich noch eine SMS .
Dann schaltete ich den Computer aus, tapste barfüßig in die Küche und berührte die geschliffene Obstschale, die auf der Anrichte stand. Die rautenförmigen Facetten der Schale begannen in allen Regenbogenfarben zu erstrahlen, und auch die eingravierten Schriftzeichen glühten. Ich fasste in die Schale … und ein goldener Apfel erschien darin.
» Symbol der Fruchtbarkeit «, flüsterte die Schale , »die verbotene Frucht. Das vergiftete Geschenk. Gesundheitsbringer. Ein Apfel pro Tag hält dir die Vampire vom Hals .«
Ich seufzte gereizt. »Du weißt ganz genau, dass ich keine Äpfel mag«, sagte ich. Genauso wenig wie besserwisserische Obstschalen. Die Schale war ein Geschenk von Clíona, aus Dankbarkeit dafür, dass ich Engel an Halloween für sie gefunden hatte. Die magische Blutfrucht war das Äquivalent von G-Zav, dem Fae-Methadon für Venomsüchtige. Es konnte meine Sucht zwar nicht kurieren, sie aber so weit in Schach halten, dass ich die Kontrolle über mich behielt. Solange kein Vampir seine Zähne in meinen Hals schlug, jedenfalls.
Die Schale gab ein leises, irritiertes Hüsteln von sich, dann verschwand der Apfel, und an seiner Stelle erschienen fünf funkelnde, silbern glänzende Brombeeren. » Heilige Gottesfrucht. Feenfrucht. Wundheiler. Saat der Hoffnung und der Wiedergeburt …«
» Ja, ja, hab schon kapiert«, brummelte ich und holte die Beeren aus der Schale. Sie schmeckten saftig und ein wenig säuerlich und ganz zart nach Lakritze, dem Geschmack von Vampir-Venom. Wie warmes Blut floss mir der Saft durch die Kehle und brachte meine Libido mächtig in Wallung. Das war der Grund, warum ich danach gerne einen Becher kaltes Lammblut trank, weil mir das die Flausen austrieb. Dennoch war ich nicht bereit, das restliche Blut vom Boden zu lecken, und wenn es Sylvia noch so geschmeckt haben mochte. Es würde auch so wieder nachlassen, spätestens dann, wenn ich das Ziel meines heutigen Abends erreicht hätte.
Und da mir allmählich das Tageslicht ausging, wurde es Zeit, in die Gänge zu kommen.
Ich zog mir rasch das T-Shirt aus,
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