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Bittersüßes 7. Jahr

Bittersüßes 7. Jahr

Titel: Bittersüßes 7. Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mitleidiges Lächeln. Die Migräne einer Frau ist der Untergang der männlichen Beherrschung.
    Bornemeyer schloß den Kragen seines Hemdes, schlang die Krawatte um, fuhr in seinen Rock und rannte aus dem Zimmer. Handeln! Die Migräne aufhalten, ehe sie Welten zerstört! Mit langen Schritten raste er die Treppe hinab und stolperte in die Halle, faßte den ersten Geschäftsführer, der gerade in sein Büro gehen wollte, an den Rockschößen und zog ihn zu sich heran.
    »Ein Mittel gegen Migräne!« schrie er. »Schnell! Die Signora hat Schmerzen!«
    Der Geschäftsführer war zunächst erstarrt. Ehe er etwas antworten konnte, erhob sich ein älterer Herr aus einem der Foyersessel und kam auf Ferro zu.
    »Mein Herr, ich hörte soeben Ihren Ruf nach einem Migränemittel. Ich bin Arzt. Dr. Bergner. Wenn ich Ihnen meine Hilfe anbieten darf. Ich werde gerne nach der Dame sehen.«
    »Tun Sie es! Schnell! Helfen Sie ihr.«
    Bornemeyer raste wieder die Treppen hinauf. Der Arzt folgte ihm. Er ging schnell in ein anderes Zimmer, kam dann mit einer Tasche zurück und betrat darauf das Zimmer, das ihm Bornemeyer zeigte. Er selbst blieb auf dem Flur stehen, verwünschte sich, daß er keine Zigaretten dabei hatte, denn er hätte jetzt gerne geraucht, und rannte im Gang unruhig hin und her.
    Der Arzt kam schneller aus dem bizonalen Zimmer, als es Ferro erwartet hatte. Bornemeyer stürzte auf ihn zu.
    »Was hat sie?« fragte er atemlos.
    »Die Dame hat einen schweren seelischen Schock erlitten.« Der Arzt schüttelte den Kopf. Er sah Ferro kritisch an. »Hatten Sie Streit?«
    »Im Gegenteil.«
    »Die Dame braucht unbedingte Ruhe! Zwei Tage Bettruhe sind das mindeste.«
    Ferro-Bornemeyer hatte das Gefühl, grün im Gesicht zu werden.
    »Zwei Tage!« stammelte er.
    »Mindestens! Ich habe ein Rezept auf den Tisch gelegt. Die Dame schläft jetzt. Ich habe eine Beruhigungsinjektion gemacht. Sie wird bis morgen fest durchschlafen. Gegen Mittag sehe ich noch einmal nach ihr. Guten Abend.«
    »Guten Abend.«
    Als der Arzt den Flur verlassen hatte, stürzte Bornemeyer in das Zimmer. Er betrat Sabines Wohnteil und blieb vor dem Bett stehen.
    Sabine lag auf ihrem Bett und schlief. Der Arzt hatte ihr die Schuhe ausgezogen, das Kleid und die Strümpfe. Sie lächelte im Schlaf wie ein Kind, das von Puppen träumt.
    Verzweifelte haben verzweifelte Gedanken. Das steht ihnen zu; sogar im Gesetz ist für sie der § 51 Abs. 2 eingerichtet worden. Auch Ferro-Bornemeyer balancierte in diesen Augenblicken auf der Schneide seiner Vernunft. Beim Anblick von Sabines wohlgeformten schlanken Beinen brütete er ein Kabinettstück verminderter Zurechnungsfähigkeit aus.
    Er zog die wie eine Tote schlafende Sabine Sacher wieder an.
    Er packte ihre Koffer fertig.
    Dann ging er hinunter, beglich Sabines und seine Hotelrechnung, erklärte, daß man aufgrund familiärer Ereignisse den Urlaub abbrechen müsse und morgen früh abfahre. Frau Sacher ebenfalls, er selbst fahre gleich. Als neuen Aufenthaltsort gab er Kopenhagen an.
    Die Direktion war untröstlich. Ihr Paradepferd verließ die Insel wieder. Aber so ist es, je reicher man ist, um so unruhiger wird man.
    Ferro-Bornemeyer rannte wieder die Treppen hinauf, in das Zimmer und packte seine eigenen Sachen. Ein Blick auf die Uhr, die Zeit war knapp geworden bis zum letzten Schiff.
    Einen Augenblick zögerte er. Der letzte Augenblick vor § 51 Abs. 2, dann zog er Sabine Sacher vom Bett, legte sie auf eine große Reisedecke und rollte sie in die Decke ein. Er hatte sie bei Sabines Gepäck gefunden. Wie einen Seesack verschnürte er das Bündel und hängte an den oberen Bindfadenknoten ein großes Schild: ›Bitte nicht werfen! Wertvolles Porzellan!‹
    Am Kopf Sabines, er hatte ihn locker verpackt, damit sie nicht erstickte, befestigte er ein zweites Schild: ›Hier oben! Aufrecht stellen!‹
    Noch einmal betrachtete er sein Werk, dann rief er den Hausgepäckträger. »Mit Handwagen, bitte«, sagte er ins Telefon. »Ich habe eine wertvolle Vase mitzunehmen.«
    Der Transport zum Hafen gelang vorzüglich. Um 21.15 Uhr fuhr das letzte Schiff nach Emden. Wie ein Museumsdiener saß Ferro-Bornemeyer vor dem langen Paket und bewachte es. Wenn es beim Rattern der Inselbahn umzufallen drohte, stemmte er sich dagegen und drückte die Rolle wieder aufrecht an die Zugwand. Im Hafen trug er mit einem Gepäckträger selbst die wertvolle ›Vase‹ aufs Schiff und stellte sie sicher zwischen einigen Koffern in eine Ecke.
    So schaffte

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