Bittersweet Moon
Blick, der
mein Grinsen noch verlängerte und biss mit Vergnügen in die Pizza. Ich setzte
mich neben ihm hin und erst beim Essen merkte ich, wie hungrig ich eigentlich
war. Robin griff nach der Colaflasche und trank durstig mit riesigen Schlucken.
"Wenn
du willst, kannst du die Sektflasche aufmachen, ich habe leider kein Bier zu
Hause", entschuldigte ich mich bei ihm.
"Mach
nichts, ich trinke gerne Cola zur Pizza. Den Sekt trinken wir nachher. Bist du
Vegetarierin?", fragte er mich noch mit vollem Mund, als er merkte, dass
der Belag auf der Pizza fleischlos war.
"Ja,
schon seit einigen Jahren", nickte ich.
"Wie
kamst du dazu?"
"Dafür
gibt es mehrere Gründe. Hauptsächlich, weil mir die Tiere leid tun. Ich finde
es völlig unnötig, dass unschuldige Lebewesen sterben müssen, nur weil es
angeblich schmeckt sie zu essen. Aber das ist nur meine persönliche
Meinung", erklärte ich ihm kurz meine Entscheidung und hoffte, er würde
sich damit zufrieden geben. Unsere einzige Nacht wollte ich keinesfalls mit
irgendwelchen heiklen Diskussionen verbringen.
"Das
ist ein Argument. Nur, Mensch ist eben Alles-Esser, von unserer Evolution
her", erwiderte Robin und sah mich herausfordernd an. O nein, er möchte
tatsächlich darüber reden, stellte ich widerwillig fest und legte mein
Stück Pizza auf dem Teller ab.
"O.k.,
das mag so sein“, nickte ich. „Aber wir können uns auch weiterentwickeln,
besonders moralisch und ethisch, wir müssen nicht für immer wie die Jäger und
Sammler bleiben. Wir haben die freie Wahl und können aus Respekt und Mitleid
auf das Töten von Tieren verzichten. Es gibt ausreichend andere Nahrung, wir
leben in einer Welt, die uns vegetarische Lebensmittel im Überfluss bietet. Ich
würde auf jeden Fall Fleisch essen, wenn ich am verhungern wäre, aber hier, wo
ich lebe, ist das aus meiner Sicht nicht nötig."
"Das
stimmt auch, aber Fleischessen ist halt ein Teil unserer Tradition und Kultur
und das kann man nicht einfach wegleugnen", war Robin entschlossen sich
noch weitere Argumente von mir anzuhören und ich bemerkte es an seinem
verschmitzten Gesichtsausdruck, dass er Spaß daran hatte, mich so
herauszufordern.
"Dann
ist es eben nicht meine Tradition“, zuckte ich unbeholfen mit den Schultern
darauf. „Die Tiere können sich nicht wehren, sie haben keine Wahl, aber ich
habe eine. Es ist das westlich-christliche Weltbild, das behauptet, dass wir
Menschen die Krone der Schöpfung sind und die Macht über alle anderen
minderwertigen Lebewesen haben. Nur, ich glaube nicht daran, also muss ich mich
auch nicht an diese Tradition halten."
Robin
beobachtete mich aufmerksam, während ich sprach. "Glaubst du denn nicht an
Gott?" fragte er mich ernst, bevor er wieder in die Pizza biss.
"O
doch, sehr sogar. Aber nicht im konventionellen Sinne, ich bin eine Heidin aus
Überzeugung", antwortete ich und fühlte mich immer unbehaglicher bei
diesem unerwarteten Gespräch.
"Erzähl
mir mehr darüber, ich bin sehr neugierig“, ermutigte mich Robin. „Es ist schon
erstaunlich, dass du so starke Prinzipien hast. Ich habe zwar einige Freunde,
die Vegetarier sind, aber hauptsächlich aus gesundheitlichen Gründen. Ich
überlegte auch schon einige Male, auf Fleisch zu verzichten, weil es eben
gesünder wäre, aber es fehlte mir die Motivation und ich habe mir nicht so
viele Gedanken darüber gemacht. Was du gerade sagtest, ist schon ziemlich
überzeugend. Das mit den Traditionen ist wirklich sehr fragwürdig und relativ.
Ich liebe meinen Hund und der Gedanke, dass es in Asien vielerorts kulturell
und gesellschaftlich akzeptabel ist Hundefleisch zu essen, macht mich wütend
und auch hilflos", sagte Robin und verzog missbilligend seine schöne
Lippen.
"Siehst
du? So geht es mir mit allen Tieren!", fiel ich ihm ins Wort. "Für
mich gibt es keine schlechteren oder besseren Tiere - egal ob Hund oder eine
Kuh, eine Katze oder ein Huhn, alle sind fühlende Lebewesen und dürften nicht
einfach aus Lust getötet werden."
Robin
nickte nachdenklich: "So habe ich das noch nicht betrachtet."
"Aber
lassen wir das jetzt, ich habe keineswegs das Anliegen, dich vom Vegetarismus
zu überzeugen", wollte ich endlich das ungemütliche Thema wechseln.
"Nein,
nein“, ließ Robin immer noch nicht locker, „erzähl mir doch woran du glaubst,
oder woran du nicht glaubst". Er betrachtete mich mit leicht geneigtem
Kopf und mit beharrlichem Blick, während er sich mit dem letzten Stück Pizza in
der Hand leger zurücklehnte.
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