Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Dixie?«
»Weil die meisten Leute bei der Sitzung vorhin einfach bloß Säufer sind. Der Schnaps ist bloß ein Teil von meinem Problem. Ich war von 'nem Typ wie Sal abhängig, ich hab auf seine Kosten gelebt. Und bloß aus einem Grund: Weil’s einfach war. Es geht halt nix über jeden Tag Hummer und Steak, von den süßen jungen Dingern, die allzeit bereit sind, die Höschen auszuziehen, ganz zu schweigen. Auch wenn mit den Ölgeschäften nichts lief, war das Leben an Sals Swimmingpool immer noch das reinste Vergnügen. Das hat nix mit Schnaps oder Dope zu tun, bloß mit mangelnder Charakterstärke.«
»Die ist ein Teil der Krankheit. Wenn du weiter zu den Sitzungen gehst, wirst du das verstehen«, sagte ich.
Er rupfte ein langblättriges Unkraut aus der Erde neben der Treppe und spielte damit herum.
»Du wirst schon sehen«, sagte ich.
»Du willst, daß ich mit den Drogenbullen von der Bundespolizei rede, nicht wahr?«
»Warum glaubst du das?«
»Ich hab dich letzte Nacht telefonieren gehört.«
»Willst du denn?«
»Nein.«
Er fummelte mit dem Unkraut am großen Zeh seines Slippers herum und nahm dann mit der Spitze des Halmes einen kleinen, roten Käfer vom Boden und sah zu, wie er auf seine Hand zukrabbelte.
»Du würdest mich doch nicht benutzen, Dave?« sagte er.
»Nein, würde ich nicht.«
»Das würde mich nämlich tief verletzen. In allem Ernst, Alter. Das war das allerletzte, was ich gebrauchen kann.«
Ich erhob mich und strich mir den Hosenboden glatt.
»Ich weiß nicht, wie du das machst«, sagte ich.
»Was soll das denn?« Er blinzelte zu mir hoch ins Sonnenlicht. In seinen Haaren glänzte die Pomade.
»Ganz gleich, über was ich mit dir rede, irgendwie steh ich hinterher immer als Verlierer da.«
»Das bildest du dir ein. Ein schlichteres Gemüt wie mich findet man doch kaum.«
Ich erinnere mich noch an eins der letzten Beisammensein mit meiner Mutter. Es war 1945, kurz vor Kriegsende, als sie uns zusammen mit dem Glücksspieler, mit dem sie davongelaufen war, in unserem Haus am Bayou besuchte. Ich trieb mich gerade auf dem unbefestigten Weg vor dem Haus herum und versuchte, meinen Hund einzufangen, der die Hühner in den Straßengraben jagte, als ungefähr fünfzig Meter entfernt ein Sportwagen mit Notsitz und umklappbarer Windschutzscheibe samt aufgeklebter Benzinmarken hielt. Sie lief hastig unter die schattigen Eichen in unserem Vorgarten und dann um das Haus herum in den Seitenhof, wo mein Vater gerade einen neuen Hühnerstall zimmerte. Sie arbeitete in einem Autokino mit Biergarten in Morgan City. Ihre rosa Dienstuniform war am Kragen und an den Ärmeln weiß abgesetzt und wirkte beim Gehen eine Nummer zu klein, weil sie eine kräftige, muskulöse Frau war. Während sie mit meinem Vater sprach, drehte sie mir den Rücken zu, doch im Lauf des Gesprächs verfinsterte sich seine Miene, und sein Blick wanderte immer wieder die Straße hinunter, wo der Sportwagen parkte.
Der Glücksspieler hatte die Fahrertür geöffnet, um kühle Luft einzulassen. Er war mager, hatte Koteletten und trug braune Röhrenhosen mit Hosenträgern, ein gestreiftes Hemd und eine grüne Krawatte mit dunkelroten Punkten. Am Rückfenster lag ein brauner Filzhut.
Er fragte mich auf französisch, ob der Hund mir gehöre. Als ich nicht antwortete, sagte er: »Sprichst du nicht Französisch, Junge?«
»Ja, Sir.«
»Dein Hund da?«
»Ja, Sir.«
»Weißt du, wie du ihm am besten abgewöhnst, hinter den Hühnern herzurennen? Schlag einen Stock auf ihm kaputt. Nur ein einziges Mal, das reicht.«
Ich ging den staubigen Weg zum Haus und den Bäumen hoch und wagte nicht, meinen Hund anzuschauen. Ich konnte hören, wie mein Vater zu meiner Mutter sagte: »In fünf Minuten komm ich nach vorn. Die kleine Kanone nützt ihm da gar nichts, nein.«
Sie nahm mich an der Hand und führte mich zur Veranda, wo sie mich auf ihren Schoß setzte. Sie fuhr mir mit den Fingern übers Gesicht und durchs Haar, küßte mich und tätschelte meine Oberschenkel. Ich sah die Schweißtropfen an ihrem Hals und roch den Blumenduft ihres Parfüms ebenso wie den Puder auf ihren Brüsten.
»Warst du brav in der Schule?« sagte sie. »Und gehst du auch immer in den Gottesdienst? Beichtest du und besuchst den Kommunionsunterricht? Hat dich Aldous immer hingebracht? Du mußt in der Schule fleißig lernen. Die Brüder dort werden dir ’ne Menge beibringen.«
»Warum bleibst du bei ihm.«
Sie drückte mich mit dem Gesicht an ihre Brust. Ich
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