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Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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erkannte.
    Ich saß im Auto und wartete darauf, daß meine Freunde aus dem Club kamen. Ich sah, wie ein Betrunkener aus dem Seiteneingang gestoßen wurde. Ich sah, wie ein paar Halbstarke einem Wagen Colaflaschen nachwarfen, in dem nur Schwarze saßen. Ich sah, wie ein Mann in einem gelben Westernhemd und engen Bluejeans ohne Gürtel eine Frau ohrfeigte, die daraufhin auf die Motorhaube eines Autos fiel. Er schlug so hart zu, daß sie anfing zu weinen, dann schob er sie auf den Rücksitz des Wagens und ließ sie dort allein zurück, während er wieder ins Lokal ging. Auf dem Parkplatz war es warm und ruhig; alles, was man hören konnte, war das Schluchzen dieser Frau. Die Weiden am Ufer des Vermilion River waren bewegungslos, und das Mondlicht ließ die Wasseroberfläche schimmern, als sei sie mit einer Ölschicht überzogen. Durch das offene Fenster kam Staub ins Wageninnere, und ich roch den fauligen Gestank toter Hornhechte, die im Uferschlamm verrotteten, und hörte die Frau in der Dunkelheit leise vor sich hin weinen.
    Die Haltung bestimmter Leute hat mir immer viel bedeutet. Die meisten dieser Leute waren Nonnen, Geistliche, katholische Ordensbrüder und Lehrer. Als ich noch ein Kind war, sagten mir diejenigen unter ihnen, die ich in guter Erinnerung behalten habe, ich sei in Ordnung. Andere waren ihrer Aufgabe nicht gewachsen oder mit sich selbst unzufrieden, neigten zu Herzlosigkeit und impften den Kindern gerne Schuldgefühle ein. Doch die Guten sagten mir, ich sei in Ordnung. Als Erwachsener glaube ich noch immer, daß wir zu dem Spiegelbild werden, das wir in den Augen anderer sehen, deshalb ist es wichtig, daß uns jemand sagt, wir seien in Ordnung. Das mag nur für die kindisch klingen, die nie eine Schuld abtragen mußten und folglich auch keine Zweifel hegen, wer sie eigentlich sind, deren Lebenserfahrung oder Mangel daran nie die Notwendigkeit erzeugte, sich selbst zu definieren. Man kann solche Leute auf Universitätsempfängen treffen, wo sie herumstehen und Cocktails schlürfen; andere sind Journalisten, die Macht und Ruhm angeblich fürchten, sich aber gleichzeitig vor Neid danach zerfressen und sich am liebsten in deren Dunstkreis tummeln. In ihrem Lachen schwingt ein höhnischer Unterton mit. Ihnen sind nie Kugeln um die Ohren gepfiffen, sie haben keinen Tag im Gefängnis abgerissen, sie sind nicht durch Dörfer gelaufen, die unter Granatfeuer lagen, und sie haben noch nie gesehen, wie ein neunzehnjähriger Bordschütze in der Luke eines Transporthubschraubers steht und alles niedermäht, was ihm vor die Mündung kommt. Sie schlafen, ohne zu träumen. Die Sorgen derer, die sie nicht verstehen können, sind ihnen nur ein Gähnen wert. Nie werden sie es nötig haben, daß ihnen jemand sagt, sie seien in Ordnung.
    Ich glaube, für manch einen hat die Seele dieselbe proteische Form wie Feuer oder wie ein Reisigbündel, das brennend und zischend durch den Schnee schmilzt, bis nur noch eine rußige, undeutliche Öffnung an die Existenz der Flamme und ihr Verschwinden im Eis hinweist.
    Dann sagt einem jemand, man sei in Ordnung.
    Ich mußte noch einmal zurück auf die andere Seite der Wasserscheide. Es war auch eine günstige Gelegenheit, daß Alafair mal wieder aus Missoula herauskam. Ich ging zur Schule und traf Tess Regan in ihrem Büro an. Auf ihrem Schreibtisch stand eine Schale mit künstlichen Orangen, und an einem Korkbrett waren unzählige Buntstiftgemälde mit Heftzwecken befestigt. Ich schaute aus dem Fenster und sah Kinder, die auf dem Schulhof herumtobten, einen einzelnen Basketballkorb und die Ziegelwand der nebenan stehenden Kirche. Sie trug ein Strickkleid aus gelber Baumwolle, eine goldene Halskette und Ohrringe, die ebenfalls aus Gold waren und unter ihrem kastanienbraunen Haar fast nicht zu sehen waren. Ihre Nägel waren kurz geschnitten und nur mit farblosem Lack bemalt, und während sie mir kurz zuhörte, ruhten ihre Hände mit gespreizten Fingern auf ihrem Eintragungsbuch. Ich mochte sie, respektierte ihre Gefühle und wollte nicht, daß sie mir noch länger böse war oder sich wegen unseres Gesprächs vom Vortag unbehaglich fühlte.
    »Wenn ich telefoniere, legen die Leute oft mitten im Gespräch auf, das erwarte ich schon fast«, sagte ich. »Ein Mann vom Finanzamt hat mir mal gesagt, ich hätte am Telefon ungefähr soviel Charme wie Quasimodo.«
    »Die Beule da auf Ihrem Kopf, haben Sie sich die auch gestern in Ihrem Haus geholt?«
    »Ich war unachtsam. Ist bald wieder

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