Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
den zu heiraten man in meiner Jugend katholischen Burschen immer nahegelegt hatte. Ich bezweifle zwar, daß diese Mädchen jemals existiert haben, aber damals glaubten wir fest daran. Bevor ich Darlene kennenlernte, hatte es nur drei Frauen in meinem Leben gegeben, die mir wirklich etwas bedeuteten. Meine erste Ehefrau war in Martinique geboren und stammte von französischen Hugenotten ab, wahrscheinlich Ikonoklasten, die in Kathedralen Heiligenfiguren zertrümmerten. Sie war es schnell leid, mit einem Alkoholiker zusammenzuleben, was ich ihr nicht verübeln konnte, aber sie hatte es auch bald satt, vom schmalen Gehalt eines Polizisten zu leben, und sehnte sich nach Reichtum und Anerkennung besserer Gesellschaftskreise. Später heiratete sie einen Geologen aus Houston, und wie ich hörte, wohnten sie mittlerweile in River Oaks und hatten in Rio Dosa ein paar Rennpferde laufen.
Annie war nicht nur die beste Frau, die ich jemals kennengelernt hatte, sondern auch der großartigste Mensch. Ich nannte sie mein Mennonitenmädchen, und manchmal stellte ich mir vor, daß sie aus Korn- und Ringelblumen geflochten war. Wenn sie überhaupt eine Schwäche hatte, dann die, daß die Liebe, die sie mir schenkte, und die Nachsicht, mit der sie meine Fehler verzieh, ebenso grenzenlos waren wie ihre Sorge um das Wohl anderer und ihr Glaube an das Gute. So gut wie nie kritisierte sie jemanden, denn wenn die Ansichten anderer nicht mit ihrem leicht verschrobenen, vom ländlichen Kansas geprägten Weltbild übereinstimmten, erklärte sie diese Menschen einfach zu Opfern ihrer verrückten Lebensbedingungen, und die meinte sie fast überall feststellen zu müssen.
Mit Robin Gaddis ließ ich mich erst nach Annies Tod ein. Sie arbeitete an der Bourbon Street als Striptänzerin und Gelegenheitsnutte, aber sie war auf ihre Art tapfer und gutmütig, und sie gab anderen stets mehr, als sie als Gegenleistung erhielt. Manche wollen nicht verstehen, daß man viel Mut braucht, wenn man an einem Ort wie der Wohlfahrtssiedlung am alten St.-Louis-Friedhof in New Orleans aufwächst. Jeder Tourist, der diesen Friedhof nicht in einer geschlossenen Gruppe besucht hat, wird dies bestätigen, auch bei hellem Tageslicht. Wer sich mit Selbstmordabsichten trägt oder auf der Suche nach dem ultimativen Nervenkitzel ist, braucht nur nachts einen kleinen Spaziergang durch den Louis Armstrong Park zu machen, der neben der Siedlung liegt. Robins Körper war schon auf vielerlei Weise Gewalt zugefügt worden, bevor sie sich vor Männern für Geld auszog. Wo sie heute ist, weiß ich nicht. Ich wünschte, ich wüßte es. Im Krieg wurden mir zwei Purple Hearts verliehen. Aber ich glaube, Annie, Robin und Darlene hätten sie eher verdient als ich.
Ein leichter Wind kam auf, und im trüber werdenden Dämmerlicht sah ich, wie sich der Qualm aus der Zellstoffabrik im Tal westlich der Stadt ausbreitete, und in der feuchten Luft roch es wie Klärschlamm. Wir fuhren zurück zu Tess Regans Apartmenthaus, und ich begleitete sie zur Tür. Die Verandabeleuchtung brannte und zauberte einen schimmernden Glanz auf ihr kastanienbraunes Haar, während ihre Schultern in dem mit rosa und blauen Blumen bedruckten Kleid blaß wirkten.
»Vielen Dank für den schönen Abend«, sagte sie und legte mir sanft die Hand etwa drei Sekunden auf den Arm. Ihre warmen Augen leuchteten grün und einzigartig, und ich fragte mich, ob sie die Rolle des katholischen Mädchens, von dem uns die Nonnen und Ordensbrüder erzählt hatten, lange geprobt hatte.
Wir fuhren unter den dunklen Schatten der Bäume in Richtung unseres Hauses, und die Lichtkegel der Straßenlaternen sahen aus wie gelbe Ölflecken, die jemand auf den nassen Asphalt gemalt hatte. Während ich vor unserem Block um die Ecke bog, schaute Alafair aus dem Beifahrerfenster zurück auf die beiden Autoscheinwerfer hinter uns.
»Das Auto war schon in der Nähe von Miss Regans Haus«, sagte sie.
»Was?«
»Das Auto hat hinter uns gehalten, während du dich mit Miss Regan auf der Veranda unterhalten hast.«
Ich parkte vor unserem Haus. Die Straße lag in völliger Dunkelheit, nur die Lichter von der Sägemühle jenseits des Flusses spiegelten sich auf dem Wasser.
»Steig nicht aus«, sagte ich und griff nach dem 45er unter meinem Sitz. Das Fahrzeug hinter mir hielt, und gerade als ich mit der Waffe hinter meinem Rücken ausstieg, schaltete der Fahrer die Scheinwerfer aus.
Clete streckte den Kopf zum Fenster seines Toyota-Jeeps heraus und
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