Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
einem Kopfschütteln. Sie blieben noch eine halbe Stunde draußen sitzen, rauchten und lachten nun verhaltener, lutschten die Eiswürfel vom Grund ihrer leeren Gläser, und die Gesichter der Frauen waren zu dieser vorgerückten Stunde von Müdigkeit gezeichnet.
Dann prasselte ein plötzlicher Regenguß auf das Ziegeldach des Motels, trommelte gegen den Bambus und die Palmwedel und tanzte in der Beleuchtung des Swimmingpools. Vidrine, Mapes und die Frauen stürmten lachend auf die Schiebetür des Motelzimmers zu. Ich wartete bis Mitternacht, ohne daß sie wieder herauskamen.
Ich setzte meinen Regenhut auf und ging in die Bar des Motels. Sie war fast leer, und Regentropfen liefen an den Fenstern herunter. Draußen konnte ich am Himmel den Widerschein der weißblauen Neonblume sehen. Der Barmixer lächelte mir zu. Er trug schwarze Hosen, ein weißes Hemd, das im Licht des Raumes fast purpurrot zu glühen schien, und einen schmalen Schlips, den ein Muster aus Münzen zierte. Er war ein seltsam aussehender Mann. Seine dicht nebeneinanderstehenden Augen waren so klein wie Zehn-Cent-Stücke, und die Pall Mall, die er rauchte, führte er mit drei um die Zigarette geschlungenen Fingern zum Mund. Ich setzte mich ans Ende der Bar, wo ich die Eingangstür von Vidrines und Mapes' Apartment im Blick hatte, und bestellte ein 7-Up.
»Ist ja ganz schön leer heute«, sagte ich.
»Das ist es. Sind Sie allein unterwegs?«
»Im Moment bin ich’s noch. Hab mir aber gedacht, daß es nicht schaden könnte, mich nach Gesellschaft umzuschauen.« Ich lächelte ihm zu.
Er nickte treuherzig und begann ein paar Gläser zu spülen.
»Wohnen Sie im Motel?« fragte er schließlich.
»Ja, ein paar Tage. Junge, hab ich mir einen eingelesen, ich kann Ihnen sagen.« Ich stieß einen Seufzer aus und tippte mir mit den Fingerspitzen an die Stirn. »Mir ist gestern vielleicht 'ne Lady über den Weg gelaufen, 'ne Lehrerin, ob Sie’s glauben oder nicht. Die kommt also mit mir aufs Zimmer, wo wir uns dann nach allen Regeln der Kunst über meinen JD hergemacht haben. Und ich nehm Sie jetzt nicht auf den Arm: Bevor irgendwas passiert ist, hat die mich schon unter den Tisch gesoffen, und genau dort bin ich heute mittag aufgewacht und hab mich gefühlt wie 'ne Feuerkugel.« Ich lachte aus vollem Hals. »Und dann war da natürlich noch ’n Problem. Wenn Sie wissen, was ich meine?«
Er zog den Kopf ein und grinste.
»Klar, die Probleme kenn ich. Wollen Sie noch ein 7-Up?«
»Aber immer.«
Ohne mich weiter zu beachten, widmete er sich wieder seiner Arbeit am Spülbecken. Es dauerte jedoch nicht lange, bis er sich gedankenverloren die Hände an einem Küchentuch abtrocknete, ein Radio einschaltete, das zwischen den Schnapsflaschen auf der Anrichte stand, und dann nach hinten in einen Korridor verschwand, wo er den Hörer vom Telefon nahm. Er drehte mir den Rücken zu, während er sprach, wodurch es mir unmöglich war, etwas außer Radiomusik zu verstehen. Hinter den Fensterscheiben zeichneten sich die Bäume schwarz am Himmel, und die blauen Dachziegel glitzerten im Regen.
Zehn Minuten später kam das Mädchen durch den Seiteneingang herein und setzte sich zwei Plätze neben mich. Sie trug Stöckelschuhe, Levis, einen braunen Pullover, der ihren Rücken mehr oder weniger unbekleidet ließ, und Ohrreifen. Sie schüttelte ihre nassen Haare aus, zündete sich eine Zigarette an, bestellte einen Drink, danach gleich noch einen und zahlte für keinen von beiden. Sie führte sich auf, als ob wir alle drei alte Bekannte wären. Im harten Neonlicht ging sie glatt als herbe Schönheit durch. Ich begann mich zu fragen, wo sie herstammte und ob ihre augenblickliche Lage es wert war, gegen ein anderes Leben eingetauscht worden zu sein.
Ich machte es ihr aber nicht leicht. Weder hatte ich sie zu einem Drink eingeladen, noch hatte ich von mir aus das Gespräch eröffnet. Ich sah, wie sie erst auf die Uhr sah, dann dem Barmixer in die Augen. Der zündete sich eine Zigarette an und ging vor die Tür, als wolle er frische Luft schnappen.
»Ich hasse Hotelbars, Sie etwa nicht? Die sind alle gleich langweilig«, sagte sie.
»Hier geht’s ziemlich lahm zu, da gebe ich Ihnen recht.«
»Ich würd mir lieber mit 'nem Freund auf dem Zimmer ’n paar Drinks gönnen.«
»Wie wär’s, wenn ich 'ne Flasche spendiere?«
»Das wäre einfach großartig«, sagte sie und verströmte dabei ein Lächeln, das gleichermaßen ihr selbst wie mir galt. Dann biß sie sich auf die
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