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Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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nehmen, ganz gleich, was passiert?«
    »Ich weiß nicht, was ich vorhabe. Jedenfalls hat sich das Päckchen nicht selber an mich geschickt, oder?«
    Sein verletzter Stolz stand ihm im Gesicht geschrieben, aber ich war über den Punkt hinaus, wo ich mich um seine Gefühle kümmern konnte. Nicht wenige haben so etwas schon mal erlebt. Man kommt zum Sheriff oder auf eine Polizeiwache, weil man von einer schwarzen Halbstarkengang gestoppt wurde, indem sie sämtliche Scheiben des Wagens mit Müllkübeln demolierten; vielleicht auch, weil man unter der Gewehrmündung eines Süchtigen auf dem Fußboden eines Lebensmittelgeschäfts gekniet hat, dem der Stoff ausgegangen war, und man ihn um Gnade angefleht hat, ohne sich dessen in diesem Moment bewußt zu sein; oder aber weil man von einem Haufen Rocker durch eine Bar geprügelt worden war, bis einem einer von ihnen auf der Brust hockte und ein anderer den Reißverschluß seiner Jeans runterzog. Der Körper glüht noch vor Scham, die eigene Stimme klingt fremd oder so, als habe man Heftzwecken verschluckt, und in den Augen ist noch das nackte Entsetzen oder purer Selbsthaß zu lesen, während es um einen herum von Uniformierten wimmelt, die gleichgültig vorbeilaufen und Kaffeebecher in der Hand halten. Dann tippt jemand ein paar Worte in ein Formular, und man wird von der Erkenntnis überwältigt, daß dies alles ist, was geschehen wird. Keine Kriminalpolizisten suchen einen zu Hause auf, wahrscheinlich ruft niemand an, damit man den Täter bei einer Gegenüberstellung identifiziert, und es gibt auch keinen engagierten Staatsanwalt, der sich mit Energie auf den Fall stürzt.
    Schaut man sich dann um in dieser Polizeiwache, zwischen den Schränken und den Spinden, und sieht die Pistolengürtel, die die Polizisten mit den Kaffeebechern um die Hüfte tragen, blickt man womöglich auch noch in die Streifenwagen auf dem Parkplatz, steht man mit einem Schlag vor einer bitteren Erkenntnis. Die Ständer mit den Gewehren, die Mauser-Büchsen mit Überreichweite, die .38 Specials und .357 Magnums, die Betäubungsgewehre, Gummiknüppel und Tränengaskanister, die Schubladen voll mit Treibstöcken, Handschellen, chemischen Keulen, Hand- und Fußfesseln und Hunderten von Schuß Munition, sie alle haben nichts mit der eigenen Sicherheit zu tun und mit der Ungeheuerlichkeit, die einem angetan worden ist. Man strapaziert lediglich eine Arbeitskraft, die so schon überlastet ist.
    »Sie haben doch auch auf dieser Seite vom Schreibtisch gesessen, Dave. Wir tun, was wir können«, sagte der Sheriff.
    »Meistens ist das aber nicht genug, oder?«
    Er fummelte mit einer Büroklammer an seinem Eintragungsbuch herum.
    »Haben Sie irgendeine Ahnung?« fragte er.
    »Danke für die Aufmerksamkeit, Sheriff. Das mit dem FBI werd ich mir überlegen.«
    »Ich hoffe es.«
    Als ich mich auf den Heimweg begab, hatte der Himmel bereits eine violette Farbe angenommen, und am südlichen Horizont waren Regenwolken aufgezogen. In der Stadt kaufte ich Eiscreme, dann hielt ich noch an einem Obststand unter einer Eiche am Ufer des Bayou und besorgte ein Körbchen Erdbeeren. Vom Golf her schoben sich Gewitterwolken vor die Sonne, die Zikaden in den Bäumen wurden lauter, und in den schattigen Winkeln entlang der Straße funkelten die Glühwürmchen. Ein einzelner Regentropfen klatschte gegen meine Windschutzscheibe, als ich auf meinen Hof einbog.
    In dieser Nacht regnete es heftig. Das Wasser trommelte auf die Schindeln und auf das Wellblechdach der Galerie, strömte aus den Dachrinnen und ergoß sich dann in kleinen Sturzbächen in das ansonsten ausgetrocknete Bett eines schmalen Rinnsals. Die Pecanobäume im Hof bogen sich im Wind und zitterten im gleißenden Licht, wenn Blitze über den schwarzen Nachthimmel zuckten. Ich hatte den Deckenventilator angelassen, deshalb war es im Haus kühl, und ich träumte die ganze Nacht hindurch. Gegen vier Uhr kam Annie zu mir, wie es oft geschah, wenn die Nacht dem sanften Licht einer trügerischen Dämmerung wich. In meinem Traum konnte ich durch mein Schlafzimmerfenster hinaus auf den Regen blicken, an den glänzenden Stämmen der Pecanobäume vorbei, tief in den Sumpf hinein, wo der vom Wasser aufsteigende Dunst zwischen dem Riedgras allmählich mit dem Golf von Mexiko verschmolz, und dort konnte ich sie und ihre Gefährten im Inneren einer bebenden grünen Luftblase erkennen. Sie lächelte mir zu.
    Hallo, Seemann, sagte sie.
    Wie geht’s dir, Sweetheart?
    Du weißt ja,

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