Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
waren zerwühlt, und im Flur, der zum anderen Schlafzimmer führte, lagen Handtücher und nasse Schwimmsachen und Bierdosen.
Vidrines Lächeln fiel in sich zusammen, und plötzlich war seine Miene starr und glasig. Mapes legte sein Sandwich auf einen Teller, leckte sich über die Narbe an seiner Unterlippe, als würde er über eine abstrakte Gleichung nachsinnen, und stürzte dann auf einen Koffer zu, der offen auf einem ausklappbaren Gepäcktisch lag.
Ich hörte die Kette klirren und durch die Luft sausen, spürte, wie sie wieder und wieder nach oben über meinen Kopf gerissen wurde, spürte, wie ihre Hände nach meinem Gesicht zielten. In meinen Ohren toste höllischer Lärm – ein Rumpeln wie aus der Tiefe des Golfs, wo die Bohrinsel erzitterte und heftig polterte und die Bohrleitung in einer schwarzroten Feuerkugel explodierte. Meine Hand war aufgerissen und rostverschmiert; es war wie die Farbe getrockneten Blutes in einer Spritze, mit der man ein sechsjähriges Kind bedroht hatte, es war wie die Lichtmuster, mit denen ich die Wände gezeichnet hatte, die Bettlaken und die Schiebetüren aus Glas, die auf die Terrasse hinausführten, wo Azaleenblätter auf der Oberfläche des Pools schwammen, der jetzt in türkises Licht getaucht war.
Kapitel 4
A m nächsten Morgen wachte Alafair mit Bauchschmerzen auf, ich ließ sie nicht zur Schule gehen. Ich machte ihr weichgekochte Eier und einen Kindertee und nahm sie dann mit hinunter zum Köderladen, wo sie mir bei der Arbeit helfen sollte. Die Sonne stand bereits hoch am klaren Himmel, und die Bäume entlang der befestigten Straße waren hellgrün vom Regen. Die Lorbeerbüsche blühten purpurrot im Sonnenschein.
»Dave, warum schaust du immer zur Straße hoch?« fragte Alafair. Sie thronte auf einer der Telefonkabeltrommeln neben der Anlegestelle und sah zu, wie ich an einem Außenbordmotor eine Zündkerze wechselte. Der aus Segeltuch gefertigte Sonnenschirm steckte zusammengeklappt in der Trommel, und ihr pechschwarzes Haar leuchtete im hellen Licht.
»Ich genieße nur den schönen Tag«, sagte ich.
Ich spürte, wie sie mich ansah.
»Geht’s dir schlecht?« fragte sie.
»Mir geht’s prima, kleines Kerlchen. Weißt du was, wir fahren runter zum Geschäft und schauen mal, ob’s da einen Drachen gibt. Meinst du, du bist wieder stark genug, um einen Drachen steigen zu lassen?«
»Der Wind weht aber nich.«
»Sag nicht immer ›nich‹.«
»Okay.«
»Wir besorgen auch noch ein paar Äpfel für Tex. Du hast doch Lust, ihn zu füttern?«
»Klar.« Sie sah mich neugierig an.
Wir gingen hinauf zum Truck, der unter den Pecanobäumen stand, stiegen ein und fuhren die Straße entlang bis zu dem alten Kramladen bei den Four Corners. Alafair schaute nach unten.
»Dave, was ist das?«
»Laß die Finger davon.«
Unter meinem scharfen Tonfall kniff sie die Augen zusammen.
»Ist nur ’ne Kette. Schieb sie einfach mit den Füßen unter den Sitz«, sagte ich.
Sie beugte sich nach unten.
»Faß sie nicht an«, sagte ich. »Sie ist schmutzig.«
»Was ist denn los, Dave?«
»Gar nichts. Ich will nur nicht, daß du dir die Hände dreckig machst.«
Ich atmete tief durch, hielt an und ging auf Alafairs Seite. Ich öffnete die Beifahrertür und holte die Kette heraus. Sie fühlte sich an, als hätte man ihr einen frischen Anstrich verpaßt, der noch nicht ganz getrocknet war.
»Ich bin gleich wieder da«, sagte ich.
Ich ging über die Uferböschung zum Bayou hinunter und schleuderte die Kette weit hinaus in die Strömung. Dann hockte ich mich zwischen den Riedgräsern ins seichte Wasser und schrubbte mir mit Wasser und Sand die Hände. Über dem Ried schwebten Eintagsfliegen, und ich sah, wie eine Mokassinschlange von einem Baumstamm ins Wasser glitt und zwischen den Wasserlilien verschwand. Ich drückte meine Handfläche fest in den Grund, worauf das Wasser, das meine Unterarme umspülte, dunkel wurde. Mit nassen Händen begab ich mich zurück zur Böschung, wo ich mich mit Gras abtrocknete, danach holte ich einen Lappen aus der Werkzeugkiste und wischte sie noch einmal ab.
In dem baufälligen Gemischtwarenladen an den Four Corners war es dunkel und kühl, über der Ladentheke rotierten die hölzernen Flügel eines Ventilators. Ich kaufte einen Sack Äpfel für Alafairs Pferd und fürs Mittagessen ein paar Scheiben Schinken, Käse und ein Baguette, außerdem zwei Dosen Soda, die wir draußen auf der Galerie trinken konnten. Die Sonne knallte auf den weißen Schalen
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