Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
tun, wenn sie einen Verdächtigen in Gewahrsam genommen haben. Schließlich gab ich es auf, machte es mir auf der gepolsterten Rückbank bequem und ignorierte die Handschellen, die mir in die Gelenke schnitten, während ich auf die Eichen starrte, die am Fenster vorbeiflogen.
Sie nahmen meine Fingerabdrücke, dann fotografierten sie mich. Erst als ich dem Hilfssheriff Brieftasche, Kleingeld, Schlüssel, Gürtel und sogar meine Halskette aushändigte, worauf alles in einem großen Kuvert verstaut wurde, kam mir zu Bewußtsein, daß etwas Wichtiges fehlte, etwas, das sich schrecklich auf meine Lage auswirken könnte, jawohl, mein Pumamesser. Inzwischen schickten sich ein Aufseher und der streichholzkauende Detective an, mich in einen sechs Zellen umfassenden Trakt zu verfrachten, der für gewalttätige und unzurechnungsfähige Häftlinge reserviert war. Der Aufseher schloß die große, klinkenlose Eisentür auf, die einen schmalen Sehschlitz hatte, öffnete sie und tippte mir sacht mit den Fingern auf den Rücken.
»Wer zum Teufel soll tot sein?« fragte ich den Detective.
»Sie sind mir vielleicht ’ne Nummer, Robicheaux«, sagte er. »Sie schlitzen ’n Kerl der Länge nach auf und machen sich nicht mal die Mühe, seinen Namen rauszubekommen. Dalton Vidrine.«
Der Aufseher warf die Tür hinter mir ins Schloß, drehte den Schlüssel herum, und schon war ich in meinem neuen Heim.
Es unterschied sich kaum von den anderen Gefängnissen, die ich gesehen oder während der Jahre, in denen ich gesoffen hatte, näher kennengelernt hatte. Die Scheißkübel stanken, abgestandener Schweißgeruch erfüllte die Luft, und die Matratzen waren von den Ausdünstungen unzähliger Körper fast schwarz. Die Wände zierten eingekratzte Namen, Friedenssymbole und die Darstellung männlicher und weiblicher Geschlechtsteile. Unternehmungslustigere Bewohner waren nach oben geklettert und hatten mit Feuerzeugen Namen an die Decke gebrannt. Auf dem Fußboden vor der Haupttür war ein »Todesstreifen«, eine aufgemalte weiße Linie in rechteckiger Form, innerhalb der man sich besser nicht aufhielt, wenn die Tür aufgestoßen wurde oder die Kalfakter das Essen aus ihrer Karre servierten.
Aber die Leute, die in diesem Trakt einsaßen, waren auch nicht die übliche Klientel eines Provinzgefängnisses. Einer war ein schwachsinniger Schwarzer namens Jerome, der sein Baby erstickt hatte. Später erzählte er mir, wie ein Bulle mit Schlagstock ihn sich vorgenommen hatte; obwohl er schon zwei Wochen im Gefängnis war, klafften an seinen Lippen noch immer tiefe Wunden, und auf seinem Kopf leuchteten Beulen, so groß wie Vogeleier. Die anderen sollte ich später auch noch kennenlernen: einen Rocker aus New Orleans, der einem Mädchen die Hände an einen Baum genagelt hatte; einen Kerl, der wegen mehrfacher Vergewaltigung in Alabama gesucht wurde, einen Asiaten, der zu einem vietnamesischen Syndikat gehörte und gemeinsam mit einem zweiten Mann seinen Geschäftspartner bei einem Streit um eine Autobatterie mit einem Starthilfekabel erdrosselt hatte; und schließlich einen Totalversager, einen verfetteten, grinsenden Mann mit völlig leblosen Augen, der eine ganze Familie umgebracht hatte, nachdem er von der Sugarland Farm in Texas abgehauen war.
Man gestattete mir ein Telefongespräch, und ich rief den besten Rechtsanwalt von Lafayette an. Wie die meisten Leute, die in ernsthaften Konflikt mit dem Gesetz geraten waren, wurde mir schlagartig bewußt, welche immensen finanziellen Belastungen auf mich zukommen würden. Der Honorarvorschuß des Anwalts betrug 2000 Dollar, die laufende Vergütung 125 Dollar pro Stunde.
Ich fühlte mich, als hätte ich Spinnen im Kopf, als ich darüber nachzudenken versuchte, woher ich soviel Geld nehmen sollte, zumal meine Kaution noch nicht festgesetzt war und ich keine Ahnung hatte, wie hoch sie sein würde.
Ich erfuhr es bei der Anklageerhebung am nächsten Morgen: 150000 Dollar. Ich spürte, wie ich vor Schreck blaß wurde. Der Anwalt bat um Reduzierung der Kaution und machte geltend, daß ich immerhin ortsansässiger Geschäftsmann, ehemaliger Polizist, Eigentümer von Grundbesitz und Kriegsveteran sei, doch der Richter, das Kinn auf der abgestützten Hand ruhend, schaute ihn teilnahmslos an, als hätte er gerade einen Film gesehen und warte nun darauf, daß die letzten Meter durch den Projektor liefen.
Alle Anwesenden erhoben sich, der Richter verließ seine Bank, und ich hockte wie betäubt und wirr im Kopf
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