Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
so lange in der Lunge, daß man meinte, er rauche einen Joint. Als er den Qualm endlich ausstieß, rasselte es in seiner Brust. Draußen auf dem See schlugen die Wellen gegen ein hellerleuchtetes Segelboot, das nicht weit vom Ufer vor Anker lag.
Er wischte sich mit dem Handtuch über den Mund, dann über seinen feisten Nacken.
»Ich kann nichts unten behalten. Ich glaube, ich hab ein Magengeschwür«, sagte er.
»Wo ist sie?«
»Im großen Badezimmer.« Er schaute mich mit aufgewühltem Gesicht an und schluckte.
»Nimm dich zusammen.«
»Sie lag schon so da, als ich aus Missoula gekommen bin. So einen Scheiß verkraft ich nicht.«
Aber ich hörte ihm schon nicht mehr zu. Ich ging den Flur entlang zum Bad. Als ich hineinsah, mußte ich mich am Türrahmen festhalten. Der Naßrasierer lag auf dem gekachelten Fußboden, klebte dick mit ihrem Blut beschmiert an den Fliesen.
Sie war nackt und mußte seitlich in die Wanne gerutscht sein, denn nur ein Teil ihres Gesichts trieb an der Oberfläche der mit Blut verschmierten Seifenbrühe. Auf den Innenseiten beider Unterarme waren tiefe Schnittwunden.
Heiliger Gott im Himmel, dachte ich, holte tief Luft und schaute zur Seite.
Sie hatte geblutet, bis ihr Körper fast weiß war. Ich setzte mich auf den Rand der Wanne und berührte ihr weiches, nasses Haar mit den Fingerspitzen. Es fühlte sich an wie nasse Federn.
Auf dem Spiegel über dem Waschbecken stand mit Lippenstift geschrieben:
C,
Ich reise ab,
Bye bye, Lieber
D
Ich fuhr mit der Hand durchs Haar und starrte sie wie betäubt an. Dann entdeckte ich auch die kleinen Kratzer und die roten Verfärbungen an ihrem Hals und den Schultern, die wie leichte Blutergüsse aussahen oder wie Knutschflecken. Ich holte ein Bettlaken aus dem Schlafzimmer und deckte es über sie, dann ging ich zurück ins Wohnzimmer.
Clete saß am Tisch und mischte sich einen neuen Drink aus Scotch und Milch. Über den Nikotinflecken an seinen Fingern kräuselte sich der Qualm einer Camel. Als er meinen Gesichtsausdruck sah, spannte sich jäh die Haut um seine Augen.
»He, setz gefälligst ein anderes Gesicht auf, Mann«, sagte
er.
»Was hast du in Missoula gemacht?« sagte ich.
»Zigarren für Sals alten Herrn geholt. Es gibt bloß einen Laden in Missoula, der die Marke führt.«
»Warum grade heut?«
»Weil er’s mir gesagt hat.«
»Warum hast du nicht die hiesige Polizei verständigt?«
»Damit sie mich einbuchten?«
»Wegen eines Selbstmordes?« Ich beobachtete sorgfältig sein Gesicht.
»Es war kein Selbstmord. Du weißt, es war keiner.«
»Clete, falls du es getan hast...«
»Bist du wahnsinnig geworden? Ich wollte sie fragen, ob sie mich heiratet. Ich mache grade eine Therapie, weil ich völlig im Arsch bin, aber wenn ich mich erst mal wieder zusammengerappelt hätte, wollte ich mich drum kümmern, daß wir zurück nach New Orleans gehen und ein normales Leben führen, vielleicht ’ne Bar eröffnen, auf jeden Fall aber nichts mehr mit den Kanaken zu schaffen haben.«
Ich sah ihm fest in die Augen. Sie starrten zurück, waren hart wie grüne Murmeln und schienen keine Lider zu haben. Die Narbe, die vom Nasenrücken bis über die eine Augenbraue verlief, war so rot wie ein Flicken auf einem Fahrradschlauch. Dann hielt er meinem Blick nicht länger stand und nahm einen Schluck von seinem Gemisch aus Scotch und Milch.
»Ist mir egal, was du glaubst«, sagte er. »Wenn du denkst, daß ich eifersüchtig auf euch war, dann hast du recht. Aber ich geb ihr nicht die Schuld. Im Moment bin ich in einer Verfassung, in der ich nichts unternehmen kann. Mein Therapeut meint, es liegt an den alten Geschichten, die damals in New Orleans passiert sind, und wohl auch daran, daß ich für die Itaker arbeite und mir einrede, daß es auch noch Spaß macht, wo mir in Wahrheit meine Spucke zu schade für die Vögel wäre. Aber ich mache ihr keine Vorwürfe. Hast du das kapiert?«
»Hat sie es dir erzählt?«
»Was gibt’s da zu erzählen. Ein Mann hat seine Möglichkeiten, von so was Wind zu kriegen. Halt deinen Arsch aus meinen Privatangelegenheiten raus, Streak.«
»Ich hab sie mit einem Laken zugedeckt. Geh nicht rein, bevor die Cops hier auftauchen.« Ich nahm den Telefonhörer von der Gabel. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees war der Mond durch die Wolkendecke über den Bergen gedrungen, und ich sah, wie der Wind den Schaum auf den Wellen bewegte.
»Hast du die Blutergüsse gesehen?«
»Ja.«
»Die Cops hier sind nicht
Weitere Kostenlose Bücher