Black Cherry Blues (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
besonders gescheit. Aber spätestens wenn der Gerichtsmediziner die Autopsie durchführt, werden sie kommen und mich abholen.«
»Mag sein, aber was willst du damit sagen?«
Er trank einen weiteren Schluck aus der Tasse und zog dann an seiner Zigarette. Sein Atem kam ihm stoßweise über die Lippen.
»Mitleid ist heute nicht grade deine große Stärke, oder?« sagte er.
»Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich für dich empfinde, Clete.«
»Sal muß es gewesen sein. Was anderes ist gar nicht denkbar. Wenn ich auf Eis gelegt bin, kann er mit Dixie Lee und den Pfeifen aus Tahoe Schlitten fahren. Ich nagel den Scheißkerl fest, Mann. Ich laß seine beschissenen Pläne platzen. Einen nach dem andern, schön langsam.«
»Was könnte sein Motiv sein?« Ich legte den Hörer wieder auf.
»Er braucht keins. Er ist ein Psychopath.«
»Das kauf ich dir nicht ab.«
»Sie war dabei, irgendwas rauszubekommen. Es muß was mit Öl, Dixie Lee und vielleicht auch mit Rauschgift zu tun haben. Sie hat an ihre Geister geglaubt. Sie meinte, die würden ihr Dinge zuflüstern.
Gestern hat sie zufällig gesehen, wie Sal für Dixie Lee und zwei von den Bräuten aus Tahoe ein paar Lines gezogen hat, und sie sagte, daß er ein beschissenes Krebsgeschwür wäre und man ihn und seinesgleichen eines Tages in Löcher in der Erde hämmern würde. Kannst du dir das vorstellen? Löcher in der Erde.«
»Wo sind die Dios jetzt?«
»Sie wollten oben in Bigfork ins Theater.«
»Hast du mal gehört, daß Sally Dio was über einen Typ erzählt hat, der Charlie heißt?«
»Charlie? Nein. Wer soll das sein?«
»Ein Auftragskiller aus Vegas.«
»Wart mal, gestern abend haben sie ’nen Kerl in Missoula am Flughafen abgeholt. Ich dachte, er war einer von Sals Arschkriechern. Ich bot ihnen an, ihn zu holen, doch Sal hat gemeint, daß mir ein freier Abend mal ganz guttun würde.«
»Wie hat er ausgesehen?«
»Keine Ahnung, ich hab ihn nicht zu Gesicht bekommen.«
Dort, wo der Mond durchgedrungen war, schimmerten die Wolken über dem See silbern, und das schwarze Wasser unter ihnen glänzte im Licht.
»Ich ruf jetzt die Cops, und dann hau ich ab«, sagte ich. »Mein Name bleibt bei der Sache raus, ist das klar?«
»Wie du willst.« Dann fuhr er fort: »Ziehst dein Ding durch, ohne mit der Wimper zu zucken. Genau wie früher. Niemand fährt dem alten Streak an den Karren. Dir könnte man ein brennendes Streichholz an die Seele halten, und du würdest keinen Muckser von dir geben.«
Ich blieb die Antwort schuldig. Ich ging hinaus in den nebligen Regen und den gedämpften Mondschein und fuhr die Straße am Ufer des Sees entlang nach Polson. Im Licht meiner Scheinwerfer tropfte der Regen von den Kirschbäumen in den Plantagen. Die bewaldeten Höhen lagen in völliger Finsternis, und unten am Strand sah man einen schmalen Schaumstreifen an den Sand schwappen. Bei geschlossenen Fenstern begann ich im Wagen bald zu schwitzen. Ich kam an einer neonbeleuchteten Bar vorbei, einer Anlegestelle für Segelboote, die mit Glühbirnen verziert war, einer kleinen Bucht, die windgeschützt lag und in der die Kiefern bis ans Wasser standen, an einem schindelbedeckten Ferienhaus, wo eine Party stattfand und jemand zu dieser späten Stunde auf der dunklen Veranda an einem Grill herumhantierte. Vor Polson, am unteren Ende des Sees, bog ich nach Osten ab, und als ich dem Jocko Valley entgegenfuhr, wußte ich auf einmal, daß alles gut ausgehen würde. Doch plötzlich zogen sich die Wolken wieder vor dem Mond zusammen, der Himmel war rabenschwarz, und von den eisbedeckten Missions wehte ein rauher Wind. Der Regenvorhang, den er vor sich hertrieb, fegte über Wiesen, Bewässerungskanäle, Sümpfe, Pappelreihen, die als Windschutz dienten, und weidengesäumte Bäche. Vor der Kammlinie der Missions zuckten Blitze zum schwarzen Himmelsgewölbe, grollender Donner rollte aus den Canyons herab, und auf meinen Truck prasselten Hagelkörner wie Hammerschläge.
Ich fuhr an den Straßenrand, Schweiß lief mir übers Gesicht, und die Fenster waren dicht beschlagen. Der Truck schaukelte heftig im Wind. Ich hielt das Lenkrad so fest umklammert, daß meine Fingerknöchel weiß hervortraten. Ich spürte, wie meine Zähne knirschten, wie sich die Schweißnähte des Trucks knarrend anspannten, wie die Heckklappe vibrierte und die Abschleppkette verrutschte, dann durchfuhr mich ein Schaudern, als ob mir jemand mit flachen Händen auf beide Ohren geschlagen hätte. Als ich die Augen
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