Black Dagger 04 - Bruderkrieg
unter einer Art Schock stehen, dachte Bella. Aber was auch immer los war, sie beide mussten schnellstens von hier verschwinden.
»Mary, wie wär’s, wenn du zu mir kommst und etwas isst?« Sie beäugte die Hintertür. »Und weißt du, bis Vishous hier fertig ist, kannst du auch bei mir bleiben. Mein Bruder hat mein Haus absolut einbruchssicher gemacht. Es gibt sogar einen unterirdischen Fluchtweg. Ich bin dort sicher, und es ist auch weit genug weg von hier. Wenn die Lesser nach dir suchen, kommen sie nicht auf die Idee, dass du bei mir sein könntest.«
Sie stellte sich innerlich auf Gegenwehr ein und legte sich schon mal Argumente zurecht.
»Gut, danke«, sagte Mary. »Ich brauche nur eine Minute. «
Sie ging in den ersten Stock, und Bella tigerte unruhig auf und ab. Wenn sie doch wenigstens eine Waffe hätte und wüsste, wie man sie benutzt.
Als Mary fünf Minuten später mit einer Reisetasche in der Hand wieder herunterkam, atmete Bella tief durch.
»Wie wär’s mit einer Jacke?«, sagte sie, als Mary zur Tür wollte.
»Ach ja. Eine Jacke.« Mary ließ die Tasche fallen, ging zu einem Schrank und zog einen roten Parka an.
Auf dem Weg über die Wiese versuchte Bella, das Tempo zu erhöhen.
»Fast Vollmond«, bemerkte Mary, während sie durch das Gras liefen.
»Stimmt.«
»Wenn wir bei dir sind, möchte ich nicht, dass du Rhage anrufst oder so was. Er und ich … gehen ab jetzt getrennte Wege. Also belästige ihn nicht meinetwegen.«
Bella schluckte ihre Überraschung hinunter. »Weiß er denn gar nicht, dass du weg bist?«
»Nein. Und das wird er ganz allein herausfinden. Okay?«
Bella willigte nur ein, damit Mary weiterlief. »Darf ich dich trotzdem was fragen?«
»Natürlich.«
»Hat er es beendet oder du?«
Einen Moment lang schwieg Mary. »Ich.«
»Ähm, also, habt ihr möglicherweise … Wart ihr beide intim miteinander?«
»Ob wir Sex hatten?« Mary nahm die Reisetasche in die andere Hand. »Ja.«
»Und als ihr euch geliebt habt, ist dir da ein Duft aufgefallen, der von seiner Haut ausging? Ein dunkler, würziger Geruch und –«
»Warum fragst du mich das?«
»Entschuldige. Ich wollte nicht aufdringlich sein.«
Sie waren schon beinahe bei Bellas Haus angelangt, als Mary murmelte: »Das war der wunderbarste Duft, den ich je gerochen habe.«
Bella unterdrückte ihren Fluch. Egal, was Mary zu glauben schien, der blonde Krieger würde kommen, um sie zu holen. Ein Vampir, der sich gebunden hatte, ließ seinen Partner nicht gehen. Niemals. Und das waren nur ihre Erfahrungen mit normalen Männern.
Sie konnte sich ungefähr vorstellen, was ein Krieger tun würde, wenn sich seine Frau aus dem Staub machte.
Rhage suchte jeden Raum in Marys Haus ab. Oben im Badezimmer fand er ein Schränkchen unter dem Waschbecken offen stehen. Darin standen säuberlich aufgereiht Vorräte an Toilettenartikeln wie Seife, Zahnpasta und Deo. In den ordentlichen Reihen waren Lücken, als hätte sie etwas mitgenommen.
Sie wollte also nicht in ihrem Haus bleiben, dachte er und blickte aus dem Fenster. Wenn sie in einem Hotel war, hätte er keine Chance. Sicher würde sie unter falschem Namen einchecken. Vielleicht sollte er es bei ihrer Arbeitsstelle –
Er betrachtete das Bauernhaus auf der anderen Seite der Wiese. In den Fenstern blitzte Licht auf.
Konnte es sein, dass sie zu Bella gegangen war?
Rhage ging die Treppe hinunter und schloss die Tür ab. Den Bruchteil einer Sekunde später materialisierte er sich auf Bellas Veranda und hämmerte an die Tür. Als Bella aufmachte, trat sie einfach nur einen Schritt zur Seite, als hätte sie ihn erwartet.
»Sie ist oben.«
»Wo?«
»Erstes Zimmer links.«
Rhage nahm immer zwei Stufen auf einmal. Nur eine Tür war geschlossen; er klopfte nicht an, riss sie einfach auf. Licht aus dem Gang flutete herein.
Mary schlief tief und fest in einem riesigen Messingbett, in einem Pulli und einer Jeans, die er wiedererkannte. Eine Tagesdecke war über ihre Beine gezogen, und sie lag halb auf dem Bauch, halb auf der Seite. Sie sah völlig erschöpft aus.
Sein erster Impuls war, sie in die Arme zu nehmen.
Doch er rührte sich nicht vom Fleck.
»Mary.« Er bemühte sich um einen sachlichen Tonfall. »Mary. Wach auf.«
Ihre Augenlider flatterten, doch sie seufzte nur und drehte den Kopf ein bisschen.
»Mary.«
Verdammt noch mal.
Er ging zum Bett und brachte die Matratze mit den Händen zum Wackeln. Das wirkte. Sie schoss hoch, die Augen vor Schreck weit
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