Black Dagger 05 - Mondspur
»Ich brauche dich.«
Wenn er das richtig verstanden hatte, tat sie ihm leid.
»Bella, jetzt hör auf zu weinen. Hör auf zu weinen, und sieh mich an.« Endlich atmete sie tief durch und wischte sich das Gesicht ab. Als er sicher war, dass sie ihm auch zuhörte, begann er: »Du musst dir keine Sorgen machen. Du bleibst hier, solange du willst. Hast du mich verstanden?«
Sie starrte ihn nur an.
»Nick wenigstens, damit ich weiß, dass du mich gehört hast.« Als sie gehorchte, stand er auf. »Und ich bin das Letzte, was du brauchst. Also hör lieber gleich wieder auf mit dem Quatsch.«
»Aber ich …«
Er war schon auf dem Weg zur Tür. »Ich komme vor Sonnenaufgang zurück. Fritz weiß, wie er mich … ich meine natürlich, wie er uns alle findet.«
Dann ließ er sie allein und marschierte den Statuenkorridor entlang, bog links ab und schoss an Wraths
Arbeitszimmer und der Freitreppe vorbei. Drei Türen weiter klopfte er. Keine Antwort. Er klopfte noch einmal. Nichts.
Unten im Erdgeschoss fand er, was er gesucht hatte, in der Küche.
Mary, Rhages Frau, schälte Kartoffeln. Viele Kartoffeln. Bergeweise Kartoffeln. Sie blickte auf, und ihre grauen Augen sahen ihn fragend an. Das Schälmesser ruhte auf einer halb geschälten Kartoffel. Dann blickte sie sich um, als müsste er jemand anderen suchen. Oder vielleicht hoffte sie auch einfach, nicht mit ihm allein sein zu müssen.
»Könntest du das da ein Weilchen verschieben?« Z deutete mit dem Kopf auf den Haufen Kartoffelschalen.
»Klar. Rhage kann auch was anderes essen. Außerdem hat Fritz sowieso einen Anfall bekommen, weil ich kochen wollte. Was … was brauchst du denn?«
»Ich brauche nichts. Es geht um Bella. Sie könnte gerade gut eine Freundin gebrauchen.«
Mary legte das Messer und die halb geschälte Kartoffel beiseite. »Ich wollte sie die ganze Zeit schon besuchen. «
»Sie ist in meinem Zimmer.« Z wirbelte herum, in Gedanken war er schon in der Innenstadt und überlegte, welche Straßen er absuchen würde.
»Zsadist?«
Mit der Hand auf der Klinke blieb er stehen. »Was?«
»Du sorgst sehr gut für sie.«
Er dachte an das Blut, das er sie hatte schlucken lassen. Und seinen Drang, in ihrem Körper einen Orgasmus zu haben.
»Eigentlich nicht«, murmelte er über die Schulter.
Manchmal muss man wieder ganz von vorne anfangen, dachte O, als er durch den Wald trabte.
Etwa dreihundert Meter von der Stelle entfernt, wo er seinen Pick-up abgestellt hatte, gingen die Bäume in eine flache Wiese über. Er blieb stehen, verbarg sich aber weiter zwischen den Bäumen.
Jenseits der weißen Schneedecke lag das Bauernhaus, in dem er seine Frau gefunden hatte, und im schwindenden Tageslicht wirkte es wie die perfekte, bürgerliche, amerikanische Idylle. Das Einzige, was fehlte, war etwas Rauch, der aus dem roten Ziegelkamin aufstieg.
Er holte das Fernglas heraus und suchte die Umgebung ab, dann richtete er es auf das Haus. Die ganzen Reifenspuren in der Auffahrt und die Fußabdrücke vor der Tür ließen ihn befürchten, das Haus könnte den Besitzer gewechselt haben. Doch im Haus standen immer noch Möbel, Stücke, an die er sich noch erinnern konnte.
Er ließ das Fernglas sinken, dann kauerte er sich nieder. Er würde hier auf sie warten. Wenn sie noch lebte, würde entweder sie selbst zum Haus kommen, oder wer auch immer sich um sie kümmerte, würde ihr ein paar Sachen holen. Wenn sie tot war, würde jemand ihre Habseligkeiten ausräumen.
Zumindest hoffte er auf so etwas. Einen anderen Anhaltspunkt hatte er nicht, er kannte weder ihren Namen noch den Aufenthaltsort ihrer Familie. Hatte keinen Schimmer, wo sie sonst sein konnte. Seine einzige andere Option war, Zivilisten nach ihr zu fragen. Da in jüngerer Zeit keine andere Frau verschleppt worden war, wäre sie sicherlich das Gesprächsthema Nummer eins unter ihresgleichen gewesen. Das Blöde war nur, es würde Wochen dauern … oder Monate, bis er so etwas
erfuhr. Und durch Überzeugungstechniken gewonnene Informationen waren nicht immer verlässlich.
Nein, ihr Haus zu observieren, erschien ihm viel aussichtsreicher. Er würde hier sitzen und warten, bis jemand sich verriet und ihn zu ihr führte. Vielleicht lief es sogar noch besser und der Bruder mit der Narbe würde hier auftauchen.
Das wäre ziemlich perfekt.
O hockte sich auf die Fersen und ignorierte den kalten Wind.
Gott … er hoffte, sie war noch am Leben.
19
John hielt den Kopf gesenkt und versuchte, sich am Riemen zu
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