Black Dagger 07 - Menschenkind
herumwirbelnd, bis ihm irgendwann auffiel, dass er bloß Zeit vergeudete.
Als er die Arme über den Kopf reckte, bemerkte er, dass der Cursor genau auf dem Wort PAPIERKORB gelandet war. Papierkorb … Müll … Recycling … Aufbereitung und Wiederverwendung bereits benutzter Rohstoffe.
Was war das für eine Geschichte mit Butch und dem Einatmen gewesen? Wenn er so darüber nachdachte, fiel ihm ein, dass er das Gefühl gehabt hatte, eine Art Verbindung zwischen den beiden zu unterbrechen, als er den Lesser von Butch wegzerrte.
Ruhelos nahm er sein Wodkaglas und schlenderte damit zur Couch. Er setzte sich und nahm noch einen Schluck, dabei fiel ihm die Flasche Lagavulin auf dem Tisch ins Auge.
V beugte sich vor und nahm den Scotch in die Hand. Er
schraubte den Deckel ab und nahm einen Schluck. Dann legte er die Flasche auf dem Rand seines Glases ab und goss etwas in seinen Wodka hinein. Unter schweren Lidern beobachtete er die kreisende Mischung, die beiden Flüssigkeiten verbanden sich, der Wodka und der Scotch wurden beide in ihrer reinen Essenz verdünnt und gingen trotzdem zusammen stärker daraus hervor.
V führte sich die Mixtur an die Lippen, legte den Kopf in den Nacken und leerte das Glas. Dann ließ er sich auf die Couch fallen.
Er war müde … so verflucht müde … mü…
Der Schlaf kam so rasch wie ein Schlag auf den Kopf. Aber er dauerte nicht lange an. Minuten später schon weckte ihn Der Traum, wie er ihn inzwischen nannte, mit seiner ganzen charakteristischen Heftigkeit: Mit einem Schrei kam er zu sich, gleichzeitig spürte er einen rasenden Schmerz in der Brust, als würde ihm jemand mit einem Stemmeisen die Rippen aufbiegen. Als sein Herz erst stehen blieb und dann loshämmerte, brach ihm der Schweiß aus.
Er riss sein Hemd auf und sah an sich hinab.
Alles war so, wie es sein sollte, es war keine klaffende Wunde zu sehen. Nur das Gefühl blieb weiterhin, das furchtbare Gefühl, erschossen zu werden, die niederschmetternde Vorahnung, dass ihm der Tod bevorstand.
Er rang mühsam nach Atem. Das war’s dann wohl mit Schlafen.
Also ließ er den Wodka stehen und stürzte an seinen Schreibtisch, wild entschlossen, sich eingehend mit diesem Laptop vertraut zu machen.
Als der Rat der Princeps sich auflöste, war Marissa vollkommen ausgelaugt. Was nicht so verwunderlich war, denn der Morgen würde bald grauen. Es hatte eine Menge Diskussionen über den Antrag auf Bannung gegeben, doch Widerspruch
war laut geworden. Alles drehte sich um die Bedrohung durch die Lesser. Nicht nur würde der Antrag eindeutig durchgehen, wenn die Abstimmung stattfände; sollte Wrath keine Erklärung dahingehend abgeben, würde der Rat das sogar als Beweis für einen Mangel an Verantwortungsgefühl des Königs gegenüber seinen Untertanen ansehen.
Worauf Wraths Kritiker heimlich nur warteten. Dass er dreihundert Jahre lang auf die Macht verzichtet hatte, hatte in manchem Mund einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen, und einige der Aristokraten lauerten nur auf eine günstige Gelegenheit, an seinem Thron zu sägen.
Ungeduldig wartete Marissa neben der Tür zur Bibliothek, sie wollte unbedingt endlich gehen. Doch Havers hörte und hörte nicht auf, mit den anderen zu reden. Irgendwann ging sie einfach allein hinaus und dematerialisierte sich. Notfalls würde sie einfach vor seinem Schlafzimmer kampieren, um mit ihm zu sprechen.
Anders als üblich rief sie nicht nach Karolyn, als sie vor der Tür ihres Hauses eintraf, sondern ging direkt hinauf in ihr eigenes Zimmer. Sie schob die Tür auf und …
»O mein Gott.« Ihr Zimmer war … eine Einöde.
Ihr begehbarer Kleiderschrank stand offen und war leer, nicht ein einziger Bügel hing noch auf der Stange. Ihr Bett war abgezogen, die Kissen waren weg, ebenso wie das Laken und die Decke. Alle Bilder waren abgenommen worden. Und an der Wand standen Kartons aufgereiht, neben jedem einzelnen Louis-Vuitton-Gepäckstück, das sie besaß.
»Was …« Ihre Stimme verlor sich, als sie das Badezimmer betrat. Alle Schränke waren leer.
Taumelnd kam sie aus dem Bad, und da stand Havers neben dem Bett.
»Was ist hier los?« Sie machte eine ausladende Armbewegung.
»Du musst dieses Haus verlassen.«
Zuerst konnte sie ihn nur anblinzeln. »Aber ich wohne hier!«
Regungslos nahm er seine Brieftasche hervor, entnahm ihr einen dicken Stapel Scheine und breitete sie auf dem Schreibtisch aus. »Nimm das. Und geh.«
»Und das alles wegen Butch?«, wollte sie wissen. »Wie soll
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