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Black Dales

Black Dales

Titel: Black Dales Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christina Irmisch
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Gemälde trug.
    Nathan lachte leise auf, als er den Ausdruck in ihren Augen sah. »Meine Mutter stammte aus einer Adelsfamilie und mein Vater war Kaufmann wie schon viele Männer unserer Familie vor ihm – ein reicher Kaufmann, das ist wahr. Er war sehr gut in dem, was er tat, er hat für seinen Beruf gelebt und es zu einem der angesehensten Bürger Londons geschafft – dort befand sich unser Kontor und von dort wurden die meisten der Geschäfte abgewickelt. In Settle war Vater nur selten, auch wenn wir seit zwei Generationen Combs Manor zu unserem Hauptwohnsitz gemacht hatten. Unsere Familie war einflussreich und wohlhabend, und als ich älter wurde, bin ich in die Geschäfte meines Vaters mit eingestiegen, wie es damals üblich war.
    Zugegeben, ich war darin gar nicht mal so schlecht, aber es ging mir nicht um das Geld, obwohl ich gestehen muss, dass ich mich damals bereits an einen gewissen Lebensstandard gewöhnt hatte. Ich tat es, weil es mir Spaß machte und ich etwas gefunden hatte, worin ich gut war.« Nathans Blick glitt – mehr unbewusst als absichtlich – auf sein Portrait, und Kate folgte ihm.
    »Dann warst du siebenundzwanzig, als das Bild gemalt wurde?«, wollte sie wissen, und nun besah er sich das Gemälde bewusster.
    »Stimmt.«
    Kate drehte sich zu Nathan um. »Du hast dich nicht groß verändert seit dem.«
    »Ist das ein Kompliment?«
    »Ähm…« Sie betete inständig dafür, dass sie bloß nicht rot wurde. »Ich hoffe schon.«
    Wenn sie geahnt hätte, wie sehr.
    Nathan lachte wieder. Wenn er das tat, fand Kate, sah er noch unwiderstehlicher aus als ohnehin schon und wirkte plötzlich ein ganzes Stück weniger unnahbar. Es war tatsächlich das erste Mal, dass Kate ihn richtig lachen sah und mit einem Prickeln auf der Haut feststellte, wie sich dabei feine Lachfalten um seine Augen bildeten.
    Sie schluckte. »Also muss es kurz darauf passiert sein, oder?«
    Nathan steckte die Hände in seine Hosentaschen. »Es passierte ein paar Monate später, kurz nach meinem achtundzwanzigsten Geburtstag. Es war damals Januar, tiefster Winter, und ich auf dem Weg nach London.«
    Noch während er sprach, erschien Kate ein Bild von Nathan vor Augen, gekleidet in alten, teuren Kleidern und in einer dunklen Kutsche sitzend. Und erstaunlicherweise schien es ihr das Selbstverständlichste zu sein, das sie sich vorstellen konnte.
    »Es war schon dunkel und die drei Kutschen unseres Zuges waren auf einem schmalen Waldweg unterwegs. Was genau geschah, kann ich dir nicht sagen, denn draußen war es stockfinster. Das Erste, was ich mitbekam, war, dass wir plötzlich langsamer wurden und schlagartig stehenblieben. Bevor ich überhaupt darüber nachdenken konnte, was wohl passiert sein mochte, hörte ich die Kutscher schreien, wir würden überfallen werden. Ihre Schreie wurden panisch und einige von ihnen verstummten kurz darauf.
    Ich ging davon aus, dass es eine Gruppe Wegelagerer sei, und mir war klar, dass ich in der Kutsche genauso wenig Chancen haben würde, lebend davonzukommen, als wenn ich versuchen würde zu fliehen – außerdem hätte ich nicht einfach dasitzen und warten können. Also stieß ich die Tür auf und sprang hinaus in die Dunkelheit.
    Als ich dann sah, was im Wald vor sich ging, kam ich mir vor wie in einem Albtraum. Es waren etwa zehn Männer, die uns angriffen, und drei Frauen waren ebenfalls dabei.
    Sie fielen einer nach dem anderen über uns her und taten, was Vampire tun, wenn sie…wenn sie durstig sind.« Er machte eine kleine Pause, um Kates Reaktion auf seine Worte zu beobachten, und sie bemühte sich nach Kräften, nicht zu zeigen, wie grauenhaft sie die Vorstellung fand. Dennoch war sie von Nathans Worten wie gebannt, und schon diese kleine Pause machte sie ungeduldig.
    »Ich schaffte es etwa zehn Meter weit«, fuhr er fort, »und in dem Moment, in dem ich mich ein letztes Mal umsehen wollte, sprangen mich von hinten zwei der Frauen an und rissen mich zu Boden. Und dann hat eine von ihnen zugebissen.« Ein Schatten huschte über Nathans Gesicht, aber er war so schnell wieder verschwunden, wie er gekommen war.
    Bei seinen Worten hätte Kate am liebsten den Kopf geschüttelt, um die Bilder in ihrer Fantasie zu verdrängen. Ihre Haare sträubten sich bei dem Gedanken, welche Todesangst er ausgestanden haben musste.
    »Tat es weh?«, fragte sie. Ihre Stimme war nicht viel lauter als ein Flüstern.
    Nathan zögerte einen Moment und sein nachdenklicher Blick ruhte auf dem dunklen Parkett.

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