Black Jack: Bei Anruf Mord!
und Bemerkungen geglaubt hatte, er würde ihr helfen. Dann hatte er sie doch enttäuscht, und sie war sich wie eine Närrin vorgekommen.
„War er in offiziellem Auftrag hier?“ fragte sie.
„Er hat mir seine Dienstmarke gezeigt, also nehme ich an, dass es so war. Aus welchem anderen Grund sollte er denn herkommen?“
Aus welchem anderen Grund wohl? „Ich war nur neugierig.“
Kelly zwang sich, logisch zu denken. Gut. Also war Nick, ob dienstlich oder auch nicht, ihr bei Magdalena zuvorgekommen. Was war schlimm daran? Er hatte nicht mehr als sie erfahren, es sei denn, Magdalena mit ihrem offensichtlichen Hang zu gut aussehenden Männern hätte ihm mehr offenbart als ihr.
„Verstehen Sie mich nicht falsch, Miss Montoya, aber haben Sie Detective McBride vielleicht irgendetwas erzählt, das Sie mir nicht gesagt haben?“ Kelly versuchte, nicht vorwurfsvoll zu klingen. Offenbar war ihr das nicht gelungen, denn Magdalena sah beleidigt aus.
„Warum sollte ich das tun? Ich habe weder vor ihm noch vor Ihnen etwas zu verbergen.“
„Entschuldigen Sie, aber ich musste das fragen. Dieser Mann versucht es nämlich mit allen möglichen Tricks. Sie müssen sich vor ihm in Acht nehmen.“
Magdalenas Augen funkelten amüsiert. „Mir erschien er gar nicht so gefährlich.“
„Er tut nur so, als ob er harmlos sei.“
Die Temperatur und die Luftfeuchtigkeit waren noch höher gestiegen, als Kelly das klimatisierte Gebäude verließ und in den strahlenden Sonnenschein von Südflorida trat. Das Volleyballspiel war beendet; stattdessen unterhielt ein Jongleur eine kleine Zuschauergruppe. Er trug Badehosen und einen Hut, der einen Alligator darstellen sollte. Jedes Mal, wenn die Kinder vor Freude lachten und applaudierten, verbeugte er sich. Eine ältere Frau mit blauen Haaren und limonengrünen Hosen schleckte an einem Eiscremehörnchen und ging lächelnd an Kelly vorbei. Sie lächelte zurück.
Wie anders und unkompliziert das Leben hier zu sein scheint, überlegte Kelly. War das der Grund, warum Jonathan immer wieder nach South Beach zurückkam? Oder gab es noch ein anderes, lukrativeres Motiv für die monatlichen Besuche? Sie wollte nicht glauben, dass er in so etwas Widerwärtiges wie Drogenhandel verstrickt war. Aber wie sonst hätte er es sich leisten können, die Miete für Magdalenas Apartment zu zahlen?
Und welchen anderen Grund konnte es für ihn geben, in einem Motel wie dem Encantado abzusteigen?
Sie schaute auf ihre Uhr und stellte fest, dass ihr noch drei Stunden bis zum Rückflug nach Philadelphia blieben. Anstatt am Flughafen zu warten, konnte sie die Zeit vielleicht besser nutzen und etwas mehr über die reizende Señorita Montoya herausfinden.
Sie hatte Glück. Das Salamander, der Nachtclub, in dem Magdalena gearbeitet hatte, war von mittags bis vier Uhr morgens geöffnet. Er lag in einer Seitenstraße der 37. Straße.
Der Taxifahrer brauchte nur fünfzehn Minuten für den Weg, aber während dieser kurzen Fahrt änderte sich die Umgebung kolossal. Man ließ das elegante South Beach hinter sich und fuhr in westlicher Richtung an der Innenstadt vorbei. Dann kamen Gegenden, die nicht nur heruntergekommen, sondern geradezu angsteinflößend wirkten. Kelly hielt ihre Handtasche fest im Arm und hoffte, dass es kein Fehler gewesen war, Victorias antikes Duftfläschchen mitgenommen zu haben.
Doch ehe sie sich allzu viele Sorgen darüber machen konnte, beraubt zu werden, bog der Fahrer in eine lange schmutzige Gasse, die von der Hauptverkehrsstraße abging, und hielt an. „Hier ist es.“ Er schaute zu dem Schild über einer arg lädierten Holztür und machte einen nervösen Eindruck.
Kelly folgte seinem Blick und verstand, warum er beunruhigt war. Wer auch immer den Platz für das Salamander ausgesucht hatte, hatte es nicht wegen der schönen Aussicht getan. Zwei hohe Wände, die mit Graffiti übersät waren, säumten die Gasse und ließen keinen Sonnenstrahl einfallen. Nahebei stand ein Wohnblock mit bröckelnder Fassade und Fenstern, die zum größten Teil mit Pappe zugeklebt waren, und machte die Umgebung noch hässlicher.
Fast hätte Kelly den Fahrer gebeten, umzukehren und sie zum Flughafen zu bringen. Aber dann schimpfte sie mit sich. Sie war schon an schlimmeren Orten als diesem hier gewesen, und obwohl nicht viel Verkehr auf der 37. Straße herrschte, war sie doch keine zwanzig Meter von der Hauptstraße entfernt. Sie musste nur sicher sein, dass das Taxi noch auf sie wartete, wenn sie wieder
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