Black Jack: Bei Anruf Mord!
das Adressbuch in die Schublade zurück, als sein Auge auf einen gelben Zettel fiel, der genauso aussah wie jener, den Kelly ihm vergangene Nacht gegeben hatte. Noch ein Drohbrief. Diesmal waren die bunten Buchstaben zu einer anderen Nachricht zusammengeklebt.
Eene, meene, mu. Einer muss sterben. Bis das DU?
„Dieses Schwein.“
Mit dem Zettel in der Hand lief er durch den Korridor und die Treppe hinauf, wobei er zwei Stufen auf einmal nahm. Warum hatte sie ihm von dieser zweiten Nachricht nichts erzählt? Wann hatte sie sie bekommen? Und welcher perverse Typ schickte ihr andauernd …
Vor der offenen Schlafzimmertür blieb er wie vom Donner gerührt stehen. Kelly stand mit dem Rücken zu ihm vor einem Schrank und ging ihre Kleider durch. Sie war splitternackt.
Nick merkte erst, dass er den Atem angehalten hatte, als er nicht mehr an sich halten konnte und ausatmen musste. Sein Mund war plötzlich trocken, als seine Blicke langsam über jeden Zentimeter ihres Körpers wanderten: den schlanken Rücken, der in eine unglaublich schmale Taille überging, die schmalen Hüften und den runden, perfekt geformten Po.
Sie bemerkte nicht, dass sie beobachtet wurde. Mit zwei Kleiderbügeln in der Hand trat sie einen Schritt zurück. An dem einen hing eine braune Hose, an dem anderen eine schwarze Seidenbluse. Sie schien zufrieden mit ihrer Auswahl und drehte sich um. Erschrocken schrie sie auf.
Wie einen Schild hielt sie beide Kleidungsstücke vor sich. „Hast du schon mal was von Anklopfen gehört, McBride?“
„Entschuldige … ich …“ Er erhaschte einen Blick auf ihre Narbe über der rechten Brust, wo Santos Kugel sie erwischt hatte. „Ich wusste nicht, dass du …“
„Das passiert dir wohl häufiger – nicht zu wissen, was du tust.“
„Ich …“
„Meine Güte, Nick. Halt die Klappe und dreh dich um, damit ich mich anziehen kann.“
Er gehorchte. Als er sich so weit gefasst hatte, dass er reden konnte, ohne zu stammeln, sagte er: „Ich habe diesen Zettel in der Schublade gefunden.“ Er wedelte damit durch die Luft, um ihr zu zeigen, dass er nicht bloß eine lahme Ausrede gebrauchte. „Wann hast du den bekommen?“
„Gestern Nacht, nachdem du gegangen warst. Er steckte in meinem Briefkasten.“
Er hörte, wie eine Schublade aufgezogen und zugeschoben wurde und das Rascheln von weichem Stoff über seidiger Haut.
„O.k., jetzt kannst du dich wieder umdrehen.“
Sie sah eher amüsiert als verärgert aus, als sie einen schmalen Ledergürtel durch die Schlaufen an ihrer Hose zog. Er bemühte sich, das Bild ihres fantastischen Körpers aus dem Kopf zu vertreiben. „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du noch eine Drohung bekommen hast?“
„Wann hätte ich denn die Zeit dazu gehabt? Du kommst hier reingestürmt, praktisch noch im Morgengrauen, und verlangst, dass ich mich fertig mache. Ich habe nicht an den Zettel gedacht. Ich musste zusehen, dass ich wach blieb. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich letzte Nacht nicht viel geschlafen habe.“
„Du hättest mich anrufen sollen. Ich war bestimmt noch nicht so weit weg.“
„Du warst schon gegangen. Und was hättest du denn tun können? Wer immer den Zettel gebracht hat, ist nicht lange geblieben – nicht, wenn er oder sie gewusst hat, dass ein Polizist im Haus war.“
„Ich werde ihn zusammen mit dem anderen Brief analysieren lassen.“ Nick steckte das gelbe Papier in seine Tasche. Er hatte allerdings keine großen Hoffnungen. Jemand, der sich die Mühe machte, Buchstaben aus Zeitungen und Illustrierten auszuschneiden, wäre bestimmt nicht so dumm, überall Fingerabdrücke zu hinterlassen. Das Blatt selbst stammte vermutlich aus einem Geschäft für Büromaterial und konnte unmöglich zurückverfolgt werden, besonders, wenn der Käufer bar bezahlt hatte. Wie das Flugticket.
Er sah ihren besorgten Blick. „Ich kriege heraus, wer das war, Kelly. Das verspreche ich dir.“
Sie hängte den Lederriemen ihrer Tasche über die Schulter. „Ich mache mir nicht Sorgen wegen mir. Sondern wegen meiner Mutter. Und Victoria und Phoebe. Was, wenn das Schwein es auf eine von ihnen abgesehen hat?“
Nick schüttelte den Kopf. „Das hat er bestimmt nicht.“
„Wie kannst du da so sicher sein?“
„Die meisten Mörder verschwenden keine Zeit damit, Drohbriefe zu schicken. Sie sehen ein Hindernis, sie beseitigen es. Punkt.“
Sie wirkte nicht überzeugt. „Vielleicht, aber ich gehe kein Risiko ein. Ich sage Victoria, sie soll zu ihrem Onkel
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