Black Monday
bisher nicht sagen, ob ganze Ölfelder infiziert wurden oder nur einige Tanks oder Pipelines.«
Preston hebt autoritätsheischend die Hand.
»Die Mikrobe kann unmöglich im Erdreich vorkommen. Sie muss nach dem Raffinieren ins Öl gelangt sein, während des Vertriebs.«
»Wieso sind Sie da so sicher?«, fragt Gerard.
Hauser richtet seinen Blick auf Ames, um festzustellen, ob diesem die Frage unangenehm ist. Preston hat nichts einzuwenden. »Aus verschiedenen Gründen«, antwortet er Gerard. »Zum einen die Ölfelder selbst. Die meisten Leute halten ein Ölfeld für einen großen unterirdischen See. Das ist Humbug. Öl ist in Schichten von porösem Felsgestein enthalten, die sich über ein großes Gebiet erstrecken. Die Bohrer brechen das Gestein auf. Der unterirdische Druck treibt das Öl nach oben, und es sammelt sich in den Spalten um den Bohrer herum, wo es dann mit Hilfe von Rohren abgesaugt wird. Also müsste eine Mikrobe, die dort unten vorkommt, so winzig sein, dass sie in porösem Felsgestein existieren könnte.«
»Ist 0,05 Mikrometer klein genug?«, fragt Gerard.
Preston runzelt die Stirn. »Das ist wirklich verdammt klein.«
»Könnte eine Mikrobe dieser Größe durch ein Ölfeld wandern?«
Preston faltet die fleischigen Hände. »Also, es gibt Mikroben, die in diesen Tiefen existieren, aber der Prozess der Raffinierung tötet sie ab. Keine Mikrobe würde das überleben.«
»Der Prozess der Raffinierung«, wiederholt Ames.
»Na ja, Sie wissen wahrscheinlich, wie das vor sich geht …«
»Erklären Sie es dennoch für diejenigen, die es nicht wissen.«
Ich weiß es nicht, denkt Gerard fasziniert.
»Also, Dennis, Öl in seiner Rohform, so wie es aus der Erde kommt, ist völlig nutzlos. Man muss die verschiedenen Kohlenwasserstoffe trennen, um die Endprodukte zu erhalten. Benzin. Kerosin. Heizöl und Schmieröl. Plastik. Eben all das Zeug, ohne das wir nicht leben können.«
»Und wie funktioniert so eine Raffinerie?«, fragt Violet Pell.
»Wie eine Destille, Ma'am. Wie beim Schwarzbrennen. Stellen Sie sich eine Raffinerie vor wie eine Reihe von sechzig Meter hohen Destilliersäulen, die durch Rohre über dem Boden verbunden sind. Hoch aufragende, runde Stahlschornsteine.«
Mit den Händen demonstriert er die Formen der Türme und der Rohre.
»Das Rohöl wird in die Säule gepumpt. Dann erhitzt man es, damit das Öl verdampft. Und zwar bei Temperaturen von mehr als fünfhundert Grad, je nachdem, welches Endprodukt man haben will. Das Rohöl verdampft und steigt in dem Zylinder auf. Je nach Temperatur erreichen die verschiedenen Kohlenwasserstoffe unterschiedliche Höhen und kondensieren wieder zu Flüssigkeit. Bei zweihundert Grad wird Benzin herausgetrennt. Bei dreihundertdreißig Grad erhält man Kerosin. Bei dreihundertsiebzig Grad Schmieröl und bei fünfhundertvierzig Grad Heizöl.«
»Und das ist alles?«, fragt Hauser, der sich Notizen macht.
»Bei vierzig Prozent des Öls ja. Beim Rest hat man es mit chemischen Prozessen zu tun; große Kohlenwasserstoffe müssen in kleinere aufgebrochen werden, kleine müssen zu größeren zusammengefügt und Atome neu angeordnet werden. Ich könnte Ihnen noch mehr erzählen, aber worauf es mir ankommt, ist, dass keine Mikrobe die Chemikalien und die Hitze überleben kann.«
»Die Infizierung muss also während der Lagerung und der Distribution erfolgen«, folgert Ames. »In den Tanks und den Pipelines. Die Mikroben werden nach der Raffinierung hinzugefügt.«
»Gott sei Dank«, sagt Preston. »Wenn eine Öl zersetzende Mikrobe durch Ölfelder wandern und den Raffinierungsprozess überleben könnte, dann würde uns, je nachdem, wie weit die Epidemie sich ausbreitet, das blühen, was dieser Verrückte im Fernsehen vorhergesagt hat.«
»Und das heißt, Os?«
»Das wäre dann in etwa fünfzig Tagen, gegen Ende Dezember, der Weltuntergang.«
5. KAPITEL
31. Oktober. Früher Morgen. Drei Tage nach dem Ausbruch.
Der Mann, der sich jetzt Clayton Cox nennt – zumindest in Washington –, lenkt seine BMW über die New Mexico Road im Nordosten der Stadt. Es ist 2 Uhr 51, und er ist unterwegs, um eine Familie auszulöschen; die Eltern, falls der Vater zu Hause ist, und die drei Kinder im Alter von siebzehn, fünfzehn und vier Jahren, wenn die Informationen seines Mentors – wie üblich – zutreffen.
Das Motorrad surrt ruhig, – das Geräusch wird keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen, – und es verbraucht wenig Benzin. Verreckte Fahrzeuge haben die
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