Black Rose
rechte
Hand auf dem Geländer ruhen. Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn
gebildet.
»Und was sagt die Verteidigung zu all diesen Beweisen, zu
diesen überwältigenden Beweisen, die keinen Zweifel daran lassen, dass es Mord
war? Behauptet die Verteidigung, es sei jemand anderer gewesen, ein anderer an
Bord habe ihre Waffe an sich genommen und ihn damit getötet? Behauptet die
Verteidigung, es sei ein Unfall gewesen, der Schuss habe sich im Verlauf eines
Streits gelöst? Behauptet die Verteidigung, es sei Notwehr gewesen, er habe sie
angegriffen und sie habe sich nur dagegen wehren können, indem sie ihn
erschoss? Nein, die Verteidigung erzählt uns, er habe sich selbst getötet! Die
Verteidigung sagt, er sei niedergeschlagen gewesen, weil er seine Frau bei der
Scheidung verlieren würde, und führt seine juristischen Probleme als Grund für
seine allgemeine Mutlosigkeit an. Und was für Beweise bietet man uns dafür an? Nun,
die Aussage der Angeklagten. Alle Beweise deuten auf sie als Täterin hin, und
was sagt sie? ›Ich habe es nicht getan, er hat es getan.‹«
Franklin warf den Geschworenen einen langen Blick zu, einen
Blick, der ihnen klar machte, dass sie Danielles Aussage mit all der Verachtung
zu behandeln hätten, die sie verdiente.
»Und jetzt sollten wir uns all der Dinge vergewissern, die
ich angeführt habe. Überzeugen wir uns davon, dass die Anklage gegen Danielle St.
James wegen der Ermordung ihres Ehemannes Nelson St. James tatsächlich mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen worden ist.«
Fast eine Stunde lang nahm Franklin die Aussage jedes
Zeugen unter die Lupe. Es war eine Zusammenfassung wie im Lehrbuch: eine
Aufzählung von Tatsachen, ein kurzer Umriss dessen, was gesagt worden war.
Morrison hörte kaum zu. Er war mit anderen Dingen beschäftigt.
Während die Augen aller anderen im Saal auf Franklin ruhten, sah er nur Danielle
an. Ihn überkam Dankbarkeit, dass er die Chance gehabt hatte, sie einfach nur
anzusehen, eine so schöne Frau mit einem so vollkommenen Gesicht. Plötzlich
ging ihm auf, was ihm die ganze Zeit bei seiner Strategie gefehlt hatte. Dieses
Gesicht! Warum hatte er bloß so lange gebraucht, um darauf zu kommen? Dieses
Gesicht war die beste Verteidigung, die sie hatte.
Franklin stand kurz vor dem Ende seines Plädoyers. Er
blätterte das letzte Blatt seiner umfangreichen Notizen um.
»Sämtliche Beweise deuten auf die Angeklagte, Danielle St.
James – und was erzählt sie uns?«, fragte er und wiederholte mit bewusstem
Zynismus die Frage, die er zu Anfang gestellt hatte. »›Ich habe es nicht getan,
er hat es getan.‹ Sie sagt, es sei Selbstmord gewesen. Außerdem behauptet sie,
sich deswegen schlecht zu fühlen, denn als er gedroht habe, sich umzubringen,
habe sie ihm gesagt, er solle es ruhig tun, niemand werde ihn vermissen, wenn
er nicht mehr da sei.«
Die Hände in die Hüften gestemmt, starrte Franklin Danielle
quer durch den Gerichtssaal mit einem bösen Funkeln in den Augen an. »Alle
guten Lügen enthalten einen wahren Kern. Sie wollte seinen Tod, und mit diesen
ihren Worten hat sie es zugegeben.« Er wandte sich wieder an die Geschworenen. »Aber
sich selbst umbringen?«, fragte er. »Warum? Weil Nelson St. James dabei war,
seine ›viel jüngere Frau‹ zu verlieren, wie Mr. Morrison Sie glauben
machen möchte? Weil er älter wurde? Aber hat nicht die Verteidigung selbst
immerzu behauptet, er wollte sie wegen einer anderen Frau verlassen? Hat nicht
die Verteidigung darauf beharrt, Nelson St. James sei gewohnheitsmäßig untreu
gewesen? All diese anderen Frauen – und Nelson St. James bringt sich um, weil
er dabei ist, seine Frau zu verlieren? Vergessen Sie all das! Vergessen Sie,
dass Nelson St. James einer der reichsten Männer der Welt war. Was immer Sie
oder ich von seiner Lebensführung halten mögen, er konnte so ziemlich alles
tun, wonach es ihn gelüstete. Vergessen Sie, dass er nicht zum ersten Mal Ärger
mit der Justiz hatte. Nelson St. James hatte einen Sohn, einen kleinen Jungen,
sein einziges Kind, ein Wunschkind, das Kind, um dessentwillen er seine Frau geheiratet
hatte. Er brachte sich um, weil er sich deprimiert fühlte? Nelson St. James
hatte allen Grund zu leben, und der einzige Grund, dass er jetzt nicht mit
seinem Sohn zu Hause in New York weilt, ist folgender: Die Angeklagte, Danielle
St. James, konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie kurz davorstand,
ausgebootet und durch eine andere Frau ersetzt zu
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